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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

107† Friesach, Deutschordensk. hl. Blasius vor 1445

Flügeltafel eines Flügelaltares mit der Darstellung eines Heiligen, der durch die beigefügte Beschriftung als der seliggesprochene Graf Wilhelm II. von Friesach ausgewiesen war. Der Flügel stammt von einem Flügelaltar aus der Fk. St. Peter ob Gurk, wo er sich vor 1886 noch befand1). Jedenfalls kam dieser Flügel durch den Komtur und Ratsgebietiger des Deutschen Ritterordens, Dr. Eduard Carl Borr. Gaston Pöttickh, Graf und Freiherr von Pettenegg (1847–1918), in die Kunstsammlung, die dieser in der Deutschordenskirche St. Blasius in Friesach zusammengetragen hat. Er ist heute leider verschollen, 19732) befand er sich schon nicht mehr in der Ordenskommende in Friesach. Der Seliggesprochene war, in ritterlicher Rüstung und mit Mantel bekleidet, auf eine gemalte Konsole gestellt, die von drei Wappenschilden geziert wird: Zwei sind leer, nur das rechte W. ist ausgeführt. Am Konsolenrand war eine Is. angebracht. Der Goldgrund ist mit einem Brokatmuster ornamentiert. Der Flügel ist heute nicht auffindbar.

Maße nicht bekannt (angeblich H. 100 cm, B. 50 cm). – Gotische Minuskel.

Beschreibung und Text nach Lind, Beiträge 259f.


Textedition
			

· sa(nctu)s will(h)elmus

Wappen: Hinderkircher3).


Kommentar

Als wahrscheinliches Gegenstück wird ein Flügel mit der Darstellung der hl. Hemma von Gurk, der Gemahlin des Grafen Wilhelm II. von Friesach, angenommen4). Es handelt sich bei dem erhaltenen, nun aber wiederum verschollenen Flügel um den linken Flügel eines Altares, dessen Mittelteil 1930 von einem privaten Besitzer dem KHM in Wien und von dort 1953 an die Österreichischen Galerie (Inv. Nr. 4922) übergeben5) wurde: die Thronende Madonna6) mit dem Stifter, der seitlich von der Muttergottes kniet, nämlich Johannes III. Hinderkircher in Kanonikertracht, vor ihm das pers. W., der von 1445 bis 1459 Dompropst und Erzdiakon der Gurker Kirche war7). Die Stiftung erfolgte demnach noch vor 1445 und zwar für das Schloss Feistritz im Murtal8). Beide Werke, die Thronende Madonna und der Flügel mit dem hl. Wilhelm, sind Arbeiten des Malers Konrad von Friesach (nachweisbar zumindest von 1450–1474)9), dem wichtigsten Exponenten der Kärntner Malerei des 15. Jahrhunderts im Raume Friesach (vgl. Kat.-Nrr. 101, 133).

1) Lind, Beiträge 259f. – Pettenegg, Bild 39 (Anm. 2). – Höfler, Tafelmalerei der Gotik 43f., Abb. 16.
2) Helke, Stilistische Entwicklung 70, 162f., Kat.-Nr. 8.
3) Im weißen Feld ein schwarzer Roch. – Weiß A., Kärnthens Adel 196. – Vgl. Bay 1 44 (Hinterskircher), Taf. 42: als Wappen wird ein Roch geführt, eine heraldische Sonderform eines Turmes mit zwei voneinandergekehrten Pferdeköpfen (entspricht einem „doppelten Springer“ bzw. einem „Schachrössel“). – Vgl. Kat.-Nr. 136.
4) Kärntner Kunst 110. – Helke, Stilistische Entwicklung 162f. (nach ihm war der Flügel 1971 noch in Friesach).
5) Kärntner Kunst 110.
6) Schnerich, Gurker Miszellanea 1927, 14f. – Baldass, Tafelmalerei der Spätgotik 6, 15, Kat.-Nr. 35. – Rathe, Frühzeit 63f. – Demus, Neue Forschungen 24f. – Zedrosser, Friesach 1953, 173f. – Stange, Deutsche Malerei Bd. 11 88, Abb. 191. – Kärntner Kunst 110. – Helke, Stilistische Entwicklung 68f., Kat.-Nr. 8, Abb. 54.
7) Vgl. dazu die Literaturhinweise bei Kat.-Nr. 136. – Pettenegg, Bild 40f.
8) Kärntner Kunst 110. – Das Spruchband trägt eine stilistisch und epigraphisch ähnliche Schreibweise wie auf dem Altarflügel. Die Is. lautet: sanc(ta) dei genit(ri)x inte(r)cede p(ro) me mise(ro).
9) Garzarolli v. Thurnlackh, Monogrammist FSP 81f. – Schnerich, Gemälde-Cyklen 1894 (MCK) 14f. – Schnerich, Aufdeckungsarbeiten 499. – Jaksch, Konrad von Friesach 53. – Schnerich, Dom zu Gurk 70, 101f. – Schnerich, Gurker Miszellanea 1927, 14f. – Löw, Domführer 48. – Rathe, Frühzeit 61f. – Zedrosser, Friesach 1953, 173f. – Stange, Deutsche Malerei Bd. 11 87f. – Helke, Stilistische Entwicklung 65f. – Demus, Freskenzyklus 63f.
Literatur

Schnerich, Gemälde-Cyklen 1894 (MCK) 14f. – Lind, Beiträge 259f. – Kunsttopographie Kärnten 274. – Pettenegg, Bild 39. – Schnerich, Aufdeckungsarbeiten 499. – Jaksch, Konrad von Friesach 53. – Schnerich, Dom zu Gurk 70, 101f. – Ders., Gurker Miszellanea 1927, 14f. – Löw, Domführer 48. – Baldass, Tafelmalerei der Spätgotik 6, 15, Kat.-Nr. 35. – Rathe, Frühzeit 61f. – Garzarolli v. Thurnlackh, Monogrammist FSP 81f. – Demus, Neue Forschungen 24f. – Zedrosser, Friesach 1953, 173f. – Stange, Deutsche Malerei Bd. 11 87f., Abb. 191. – Kärntner Kunst 110. – Helke, Stilistische Entwicklung 65f., 162f. – Demus, Freskenzyklus 63f. – Höfler, Tafelmalerei der Gotik 43f., Abb. 16.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 107,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil1/kaernten-2-obj107.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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