Inschrift-logo

  Suche         Druck     Hilfe  

 

Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

158 Klagenfurt, Landesmuseum Kärnten um 1470

Tafelgemälde eines dem hl. Vitus geweihten Altares, heute im Landesmuseum Kärnten; ursprünglich wohl in der Stadtpfarrkirche St. Veit, später dann die ehem. Bürgerspitalskirche in St. Veit a. d. Glan. 1847 wurde er verkauft und gelangte 1869 an das Museum des Geschichtsvereines für Kärnten, das heutige Landesmuseum Kärnten (Inv. Nr. K 26). Beschriftet sind nur einige Figuren der Innenflügel des nun zerlegten Altares, von den Reliefs der Außenflügel haben sich vier erhalten, alle aber ohne jede Is. Die heutige Bildfolge der acht Tafeln zeigt – nach der Legenda aurea1) – Szenen aus dem Leben des hl. Vitus: I. Flucht mit dem Boot in Begleitung seines Erziehers Modestus und der Amme Kreszentia, dabei ein Fluchthelfer, dessen Kleidersaum mit Bu. geschmückt ist (I); II. der hl. Vitus heilt seinen erblindeten Vater (?); III. der hl. Vitus wird auf Anordnung Kaiser Diokletians in den Backofen geworfen, die stehende Figur des Kaisers trägt eine Is. auf der Mütze (IIIa), sein Mantelsaum wird von weiteren Buchstabenornamenten geziert (IIIb); IV. der hl. Vitus wird geprügelt, dabei wiederum die Figur Kaisers mit mehreren Sauminschriften (Mütze Is. IVa, Mantelborte Is. IVb, Ärmel Is. IVc); V. Speisung der drei Heiligen (Vitus, Modestus und Kreszentia) durch den Adler; VI. der hl. Vitus im Löwenkäfig, der Kaiser ist wieder an der Mütze (VIa) und einer weiteren Is. an der Mantelborte (Is. VIb) bezeichnet; VII. die drei Hll. Vitus, Modestus und Krescentia auf dem Foltergerüst, der im Vordergrund stehende Kaiser ist wiederum auf seiner Kopfbedeckung (VIIa) bezeichnet, weiters an der Mantelborte mit Buchstabenkombinationen (VIIb); VIII. Bestattung der drei Heiligen. Die Bildfelder II, V und VIII sind nicht beschriftet.

Maße der Tafelbilder nach der derzeitigen Aufstellung: H. 274 cm, B. 284 cm, Flügelmaße: H. 136,5 cm, B. 71,5 cm, Bu. ± 2 cm. – Frühhumanistische Kapitalis.


Textedition
			

I. AF/ K//RRAHS//BVHEG//CAH//AWBRGVE IIIa. Mütze HANS IIIb. Gewandsaum HABEAW · HANBAEHK · HVA · I//HVNBN · AME//MFAN · LVNTHZRFMSVF // EVD · HKMV IVa. Mütze VHAN IVb. Mantelborte KLAS · PVRMAN · C// HVAMAN · EM // D HANS · TM // AFA · GHAP · EYZIS · MOSIS ·// HAINCZ / AMMO IVc. Ärmel HANS VIa. Mütze HANS VIb. Mantelborte NA // HAINRICH // ZNVATM // HV/HMAW/RHTa) (...) // NSVHERN//FNWAH//MZAHE VIIa. Mütze HANS VIIb. Mantelborte RIHEMA//RHEMAN · AHWHS//HENTNSWEHAEZNRHW // HFVMEVVH//HVMEV//MHAW//RIMEITA//VNARH//EMRHS

Anmerkungen
a) Der Mantelsaum mit den Zierbuchstaben geht hinter dem Gitter weiter, wobei noch einzelne Bu. zu erkennen sind.

Kommentar

Als ursprünglicher Standort wird in der Literatur „die Kapelle des Bürgerspitals von St. Veit“ angegeben2): Nun hatte die Bürgerspitalskirche nie eine Kapelle, so dass der spätgotische Flügelaltar wohl nur an der Nordwand der Kirche aufgestellt worden sein kann. Das ursprüngliche Patrozinium dieser Kirche war den Hll. Martin und Elisabeth, später dem hl. Joseph geweiht, nicht aber dem hl. Vitus. Als Vitus-Kirche ist in St. Veit nur die Stadtpfarrkirche bekannt und es ist sehr wahrscheinlich, das der spätgotische Vitus-Altar bis zur Barockisierung der Hauptaltar dieser Kirche gewesen ist3). Da auch die Spitalskirche seit 1660/1670 einen barocken Hochaltar erhalten hat, der heute in der Christkönigskirche in Klagenfurt aufgestellt ist, kann der Flügelaltar vorübergehend als Hochaltar, später dann als (verkleinerter ?) Seitenaltar der Bürgerspitalskirche gedient haben.

Aus der gesamten Buchstabenfolge an den Borten der Mützen und der Mäntel lassen sich nur zwei Namen eindeutig herauslesen: HANS für den Kaiser Diokletian, einmal steht auch HAINRICH. Alle anderen Buchstabenfolgen, egal in welcher Reihenfolge man sie liest, ergeben keinen Sinn und müssen wohl nur als rein dekorative Zierelemente in der Gesamtgestaltung der Bildteile gesehen werden. Inschriftenpaläographisch aber sind diese zierhaften Buchstabenornamente interessant. Es handelt sich um sehr „frühe“ Beispiele einer Frühhumanistischen Kapitalis, die im südösterreichischen Raum ansonst erst etwa ab 1515/1520 vorkommt; die eine kunsthistorische Datierung und Zuschreibung4) der Tafelmalerei mit „um 1470“ würde vom epigraphischen Standpunkt noch eine späte Form einer gotischen Majuskelschrift erwarten, wie sie im ausgehenden 15. Jahrhundert auch und gerade in Kärnten noch recht häufig vorkommt. Bestimmend sind die Formen des A, H, des immer spiegelverkehrt gemalten N, des M und W. Zur kunsthistorischen Beurteilung und Zuordnung vgl. zuletzt O. Demus5) und J. Höfler6).

1) Voragine, Legenda aurea 1979, 403f.
2) Vgl. dazu Helke, Vitusaltar 32 (Anm. 1): die so genannte „Archivnotiz“ besagt nur, dass der Flügelaltar aus den Beständen der ehemaligen Bürgerspitalskirche angekauft wurde. – Dazu auch Höfler, Tafelmalerei der Gotik 53.
3) Höfler, Tafelmalerei der Gotik 53.
4) Hann, Tafelgemälde 1f., 33f. – Benesch, Meister von St. Corbinian 160. – Ginhart, Kunstdenkmäler Gurk und Friesach 537. – Benesch, Meister des Krainburger Altars 59f. – Demus, Neue Forschungen 27. – Ders., Meister von Gerlamoos 113. – Beutinger, Veit 45f. – Stange, Deutsche Malerei Bd. 11 97. – Demus, Mittelalterliche Kunst Kärntens 19. – Helke, Stilistische Entwicklung 61f., Kat.-Nr. 12. – Ders., Vitusaltar 32f. – Fritz, Flügelaltäre 160f.
5) Demus, Spätgotische Altäre 20f.
6) Höfler, Tafelmalerei der Gotik 53f., Nr. 15, Abb. VII–IX u. 40–51.
Literatur

Hann, Tafelgemälde 1f., 33f. – Grueber, Herzogstadt 116. – Benesch, Meister von St. Korbinian 160. – Ginhart, Kunstdenkmäler Gurk und Friesach 537. – Ders., Kunstdenkmäler St. Veit 37. – Benesch, Meister des Krainburger Altars 59f. – Demus, Neue Forschungen 27. – Ders., Meister von Gerlamoos 1938, 113. – Beutinger, Veit 45f. – Stange, Deutsche Malerei Bd. 11 97. – Demus, Mittelalterliche Kunst Kärntens 19. – Helke, Stilistische Entwicklung 61f., Kat.-Nr. 12. – Ders., Vitusaltar 32f. – Fritz, Flügelaltäre 160f. – Höfler, Tafelmalerei der Gotik 53f., Nr. 15, Abb. VII–IX u. 40–51. – Demus, Spätgotische Altäre 20f. – Dehio Kärnten 2001, 847.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 158,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil1/kaernten-2-obj158.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten  Politischer Bezirk St. Veit an der Glan  Klagenfurt, Landesmuseum Kärnten um    •  Tafelgemälde  •  Frühhumanistische Kapitalis  •  Altar  •  Klagenfurt, Landesmuseum  •  St. Veit a. d. Glan, Bürgerspitalkirche

Abbildungen

 zum Vergrößern anklicken
Abb. 112: Tafelgemälde, Leben
des Hl. Vitus (um 1470)
©  Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)