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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

67 Klein St. Paul, Pfk. hl. Paulus 2. H. 14. Jh.

Glocke im Turm, von mittlerer Größe, oben am Hals ist zwischen zwei radialen Zierleisten eine Is. eingefügt, ansonsten sind keine Ornamente oder Reliefdarstellungen vorhanden.

H. (ohne Krone) 78 cm, D. 100 cm, Bu. 2,5 cm. – Gotische Majuskel.


Textedition
			

+ IOHANNES · MARCVS · LVCAS · MATHEVS · VLREICH · GLOKKENa)

Anmerkungen
a) Pfundner: VLREDE GLORIEN sichtlich falsch – Den Beginn der Is. markiert ein Kreuzzeichen, als Trennzeichen zwischen den Wörtern sind dann sternförmige Zierelemente eingefügt.

Kommentar

Da auf der Gl. weder eine Datierung noch ein Gießerzeichen angebracht ist, kann nur eine inschriftenpaläographische Untersuchung der gotischen Majuskelbuchstaben eine zeitlich Zuordnung ermöglichen. Der Formenbestand würde durchaus in die Mitte des 14. Jahrhunderts zu datieren sein: das A ist „pseudounzial“, mit einem gleichmäßig dicken, geraden rechten Schaft, und einem geschwungenen, in der Mitte stark geschwellten linken Schaft, mit überlangem und geradem Deckbalken, der auf beiden Seiten übersteht, und einem schrägen Mittelbalken; das C ist geschlossen mit starker Bogenschwellung, dessen Enden wie Balken über den schließenden Zierschaft hinausragen; ähnlich ist das ebenfalls geschlossene E, auch hier ist der gebogene Schaft stark geschwellt, die Schaftenden reichen oben und unten über den rechten Schaft hinaus und sind zusätzlich noch gewinkelt; das G ist eingerollt und ohne Mittelbalken, das H hat einen gleichmäßig starken linken Schaft, der Sinus ist geschwellt und läuft in einer ebenfalls verstärkten Cauda aus, ein Deckbalken liegt am linken Schaft; ein nur ganz selten vorkommender Buchstabe ist hier das K, bestehend aus einem geraden Schaft, der einen leicht gewellten Deckenbalken und einen Fußbalken hat sowie einen kürzeren Mittelbalken, dem Decken- und Mittelbalken ist gleich einer Cauda ein kleines C angehängt bzw. eingestellt, ohne aber den Bu. damit zu schließen; beim L ist der Schaft gerade und von einem Decken- und einem Fußbalken begrenzt, wobei der untere Balken von einer parallel zum Schaft weit nach oben ragenden Spitze bzw. einem Sporn abgeschlossen wird; das M ist unzial, mit symmetrisch gerundeten und stark geschwellten Bögen; das N weist einen geraden Schaft aus, der Bogen ist oben geschwellt und geht wie ein Deckenbalken links über den Schaft hinaus, unten ist der Bogen umgebogen und mit dem Fußstrich des Buchstabens verbunden; das T ist kapital mit geradem und gleichmäßig dickem Schaft, der Deckbalken ist leicht gewellt und die Schlussstriche des Balkens reichen bis auf die Buchstabenmitte herab, mit einer leichten Rundung nach außen, auch das T hat einen Fußbalken mit leichter Wellung. Typische Zierelemente der späteren gotischen Majuskelschrift fehlen und man kann als früheste zeitliche Zuordnung etwa die Zeit um die Mitte des 14. Jahrhunderts treffen. Da aber auch schon im 14. Jahrhundert die Glockengießer ihre Schriftformen über längere Zeit in Verwendung hatten, wie das dann verstärkt im 15. und 16. Jahrhundert feststellbar wird, muss auch eine Tradierung der Schriftvorlagen in Betracht gezogen werden. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint eine Festlegung mit „2. Hälfte des 14. Jahrhundert“ gerechtfertigt, wenngleich auch Jungwirth1), der eine Datierung mit „um 1420“ angibt, nicht allzu weit daneben liegen muss. Die Nennung des hl. Ulrich, neben den vier Evangelisten, kann bedeuten, dass diese Gl. ursprünglich für eine Kirche mit dem Patrozinium dieses Heiligen angefertigt wurde und erst später in die Kirche nach Klein-St. Paul gekommen ist.

1) Jungwirth Glockenkunde 158.
Literatur

Jungwirth, Glockenkunde 158. – Pfundner, Zweiter Nachtrag 73. – Hartwagner, Kärnten 127 (A. d. 15. Jhs.). – Dehio Kärnten 2001, 406.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 67,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil1/kaernten-2-obj67.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten  Politischer Bezirk St. Veit an der Glan  Klein St. Paul, Pfk. hl. Paulus    •  Glocke  •  Turm  •  Gotische Majuskel  •  Klein St. Paul

Abbildungen

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Abb. 59: Glocke (2.H. 14.Jh.)
©  Landesmuseum Kärnten (Friedrich W. Leitner)