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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten
Politischer Bezirk St. Veit an der Glan
71 |
St. Veit a. d. Glan, Stadtmuseum – Lapidarium |
vor 1400 |
Tumbadeckel aus Sandstein vom Hochgrab des Konrad von Kraig, das ehemals in bzw. dann vor der Klosterkirche war, heute im neuen Lapidarium des Stadtmuseums am Hauptplatz aufgestellt ist. Andere Teilstücke dürften an verschiedenen Orten gelagert sein. Bis in die Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts diente das Tumbengrab als Altarmensa in der nördlichen Kapelle. Der Tumbendeckel ist heute beim Eingang in die Kirche an die begrenzende Nordmauer gestellt. Er trägt über die ganze Fläche das erhabene W. der Kraiger, dabei Reste von Beschriftungen (II). Auf der abgeschrägten Leiste des Tumbendeckels beginnt rechts oben eine Is. in erhaben herausgearbeiteten Bu., die aber nur die obere und den Beginn der linken Leiste füllt (I). Von den Seitenreliefs ist heute nur ein Teilstück sichtbar, ein zweites soll sich im Altarbereich der Klosterkirche, mit dem Relief nach unten, im Boden befinden. Ein weiteres Seitenrelief ist heute im Pfarrhof gelagert: Vor der thronenden Muttergottes kniet der verstorbene Ritter, von seinem Patron empfohlen. Ein Knappe hält den schräglinksgeteilten Schild und den Helm, dessen obere Zier abgeschlagen wurde, um die Reliquien in die Altarmensa einzufügen. Die kniende Frau des Ritters folgt in der Personengruppe, vor sich den Schild mit einem Schräglinksbalken, davor liegt am Boden ein Kübelhelm mit einem Schwanenhals als Zier. Hinter der Frau vervollständigen die Gestalten des hl. Paulus und hl. Petrus das Relief.
H. 206 cm, B. 95 cm, Bu. I. 3,2 cm, II. 11 cm. – Gotische Minuskel.
Textedition
I.
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II.
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Anmerkungen
Kommentar
Die Bu. wurden erhaben herausgearbeitet und hören nach der Datierungsangabe ccc auf, d.h. der Steinmetz hatte keine Möglichkeit mehr, das eigentliche Todesdatum vollständig nachzutragen. Es lässt sich daraus schließen, dass der Stein noch zu Lebzeiten angefertigt und auf die schriftliche Erweiterung möglicherweise später vergessen oder verzichtet wurde. Eine nachträgliche Beifügung des Todestages und weiterer Textformeln könnten auf den nicht mehr erhaltenen Seitenteilen nachgetragen worden sein, vermutlich aber unterblieb jede weitere Bearbeitung.
Konrad II. von Kraig ist von 1355 bis 1398/99 nachweisbar2) und war der Erste in der Familie der Kraiger, der auch höchste politische Ämter erlangt hat. Seit 1365 wird er als Hauptmann in Kärnten genannt3). Er hatte damit die höchste landesfürstliche Funktion erreicht und stand am Höhepunkt seiner Macht. Er übte sie allerdings in mehreren Etappen aus: So dauerte die erste Periode von 1365 bis 1367, die zweite von 1385 bis 1398, wobei er sich in den letzten Jahren mehrfach von seinem Nachfolger in diesem Amt, Otto von Ehrenfels, vertreten ließ. Die Ernennung 1365 erfolgte durch Herzog Rudolph IV.4), erstmals als Landeshauptmann ist er am 16. März 1365 genannt. Als Hauptmann von Kärnten ist er nochmals 1366 und 1367 angeführt. Von 1367 bis 1370 sind keine Funktionen bekannt, Landeshauptmann in Kärnten wurde 1370 Graf Meinhard III. von Görz-Tirol. Konrad II. von Kraig war zu dieser Zeit bereits Hauptmann von Krain5) und stand hier in Diensten von Herzog Leopold III. Konrad II. war von 1367 bis 1384 Landeshauptmann in Krain. Konrad II. von Kraig war der Erste, der das Erbamt des Truchsessen auch im Titel geführt hat. So urkundet und siegelt er 1375 als Hauptmann in Krain und Erbtruchsess in Kärnten6). 1383 wird er als Hofmeister des römischen Königs Wenzel von Luxemburg (1376–1400) erwähnt. Seine zweite Amtsperiode als Landeshauptmann begann Konrad II. von Kraig um 13857); sie dürfte durch seinen Tod beendet worden sein, wenngleich als Sterbejahr 1399 angegeben wird. Ab 1390 wird er wieder häufiger in Kärnten genannt, ab 1393 wird er zunehmend von Otto von Ehrenfels, der selbst von 1399 bis 1401 Landeshauptmann war, vertreten. 1398 wird er bei dem Taiding zu St. Veit noch als „herr Chunratt von Krayg, hauptman in kernden“8) genannt, ein Jahr später, 1399, war er bereits verstorben9). Die Kirche St. Johann Baptist in Kraig war vermutlich eine Eigenkirche der Kraiger, jedenfalls übten sie das Patronatsrecht – auch über das Kollegiatstift – bis zu ihrem Aussterben 1564 aus. Konrad II. bzw. wohl eher noch sein Vater haben um die Mitte des 14. Jahrhunderts das Kollegiatkapitel Kraig mit vier Chorherren und einem Propst gegründet10), als Ort seiner Grablege hat er aber die Klarissinnenkirche in St. Veit an der Glan gewählt, für die er 1383 gemeinsam mit seinen Brüdern Gotthard I. und Wilhelm II. ein Kaplanei gestiftet hat11). Konrad II. von Kraig war zweimal verheiratet, in erster Ehe seit 25. Mai 1385 mit Anna, der Tochter des Wulfing von Ehrenfels, in zweiter dann mit Klara, Tochter des Gottfried von Gufidaun. Klara von Kraig vermählte sich 1408 neuerlich, diesmal mit Hans von Villanders, fürstbischöflicher Hauptmann in Bruneck.
Literatur
Friedrich Wilhelm Leitner
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten Politischer Bezirk St. Veit an der Glan St. Veit a. d. Glan, Stadtmuseum – Lapidarium • Tumbadeckel • Sandstein • Gotische Minuskel •
Ehrenfels, Anna, Otto, Wulfing •
Friesach, Wilhelm II. •
Gufidaun, Gottfried •
Gufidaun, Klara •
Kraig, Gotthard I., Klara, Konrad II., Wilhelm II. •
Leopold III. •
Luxemburg, Wenzel •
Meinhard III. •
Rudolph IV. •
Villanders, Hans •
Bruneck •
Kraig •
St. Veit a. d. Glan, Stadtmuseum
Abbildungen
Abb. 61: Tumbadeckel Konrad von Kraig (vor 1400) ©
Landesmuseum Kärnten (Friedrich W. Leitner)
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Im Jahr des Herrn 13[– – –.