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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

93 Straßburg, Schloss 1426, 1469

Wappengrabplatte des Vinzenz von Straßburg und seiner Frau Elsbeth von Truttendorf an der Nordwand des Lapidariums im Burghof; sehr schön gearbeitete Grabmalplastik mit einem schräggestellten Relief-W. im vertieften Bildfeld. Auf der breiten Rahmenleiste eine umlaufende Is. (I) mit ausgeprägter Minuskel-Beschriftung, die sich in späterer Zweitverwendung mit einer vierzeiligen Is. (II) unterhalb des W. fortsetzt: Diese spätere Beschriftung wurde um 1469 angebracht, und zwar seitenverkehrt zur ursprünglichen Gestaltung des Steines. Die einzige freie Fläche für eine weitere Beschriftung befand sich unterhalb des W., daher wurde der Grabplatte auf den Kopf gestellt und die neue Beschriftung beigefügt. Bei dieser Gelegenheit wurde ein kleiner W.-Schild hinzugefügt. Ursprünglicher Standort der Wappengrabplatte war die nordseitige Außenmauer der Stpfk. St. Nikolaus in Straßburg, wohin er aus der Kirche im Jahre 1856 gekommen ist.

H. 222,5 cm, B. 97,5 cm, Bu. 9,5 (11,5) cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

I. Hie · leit · Vincencz ·/ von · Strasburg · der · gestorben · ist an · sand ·/ Ruprecht · tag· in · d(er) ·/ vasten · Anno · d(omi)ni · mo · cccco · xxo · vjo · II. und Elsbeth sein haus/fraw obyt Anno d(omi)ni / mo cccco lxixo f(er)ia ij post / Natiuitatis Marie

Anmerkungen

II. Im Jahre des Herrn 1469, am zweiten Tag (Montag) nach der Geburt Marias (8. September).


Datum: 1426 März 27, 1469 September 11.

Wappen: Straßburg1), Truttendorf2).


Kommentar

Vinzenz von Straßburg war herzoglicher Vizedom in Kärnten von 1401 bis 14113), kurzzeitig scheint er 1407 von Michael der Drescher in dieser Funktion abgelöst worden zu sein. Vinzenz von Straßburg war wohl Bürger zu Straßburg4) und mit den Payer von Straßburg verwandt. Als Vizedom wird er 1401 erstmals urkundlich genannt5), 1403 ist er als Vizedom angehalten, gegen Besitzer von Häusern in St. Veit vorzugehen, die keine Steuern entrichten6). 1408 wird er im Zusammenhang mit dem Landeshauptmann Graf von Sulz von Herzog Leopold beauftragt, im Konflikt zwischen St. Veit und Villach hinsichtlich der Eisenniederlage die Herzogstadt zu unterstützen7). Ein Indulgenzbrief vom 16. März 1409 nennt uns den famosus vir Vincencius de Straspurg, pro tunc vicedominus Karinthie8). Vinzenz von Straßburg hat auch die Katharinenkapelle bei der Kollegiatkirche St. Nikolaus errichten lassen und 1405 eine ewige Messe gestiftet9). 1408 scheint er als Siegler auf und wird vom Aussteller der Urkunde, Stephan Bayer von Straßburg, als sein Oheim angesprochen10). Das herzogliche Vizedomamt hat er Ende 1411 oder Anfang 1412 aufgegeben, denn schon am 8. April 1412 revisiert er dem Salzburger Erzbischof Eberhard III. von Neuhaus (1403/06–1427) hinsichtlich der Übertragung des salzburgischen Vizedomamtes in Friesach mit dem Sitz auf der Feste Geyersberg11). Bis 1425 ist er dann in diesem Amt urkundlich nachweisbar12). Vinzenz von Straßburg ist am 27. März 1426 gestorben und fand in der Kollegiatkirche St. Nikolaus seine Grablege. Seine verwitwete Ehefrau Elsbeth, eine geborene „Truttendorfferin“13), stiftete ein ewiges Licht und einige Jahrtage für die Katharinenkapelle in der Kirche St. Nikolaus zu Straßburg14). Sie ist am 11. September 1469 gestorben. Ihre Sterbedaten wurden auf der Wappengrabplatte ihres Mannes verewigt.

1) Hausanker (oder Trense), der gebrochen in der Helmzier wiederkehrt, vgl. MC X Nr. 1111 (1408 III 25: Siegler Vinzenz von Straßburg). – Vgl. dazu auch Weiß A., Kärnthens Adel 141f. („führte eine Trense oder ähnliches ... im Oberwappen scheint diese Figur gebrochen wiederholt“).
2) Drudenfuß (red. W. für Truttendorf ), ein Pentagramm, unten begleitet von je einem fünfstrahligen Stern
3) Kohla/Metnitz/Moro G., Burgenkunde 144. – Lebmacher, Gurker Lehensleute 180. – Webernig, Landeshauptmannschaft 154. – Fräss-Ehrfeld, Geschichte Kärntens Bd. 1 575.
4) Vgl. Metnitz, Geadlete Bürger 1964, 110f. – Webernig, Landeshauptmannschaft 155: es ist eher wahrscheinlich, Vinzenz von Straßburg als Bürger der Stadt Straßburg anzunehmen, vor allem im Zusammenhang mit den verwandten Payer von Straßburg. Ein Vinzenz von Straßburg war Hofkaplan des Gurker Bischofs Paul von Jägerndorf (1352–1359) und Chorherr des Kollegiatkapitels. Dies kann eine lange Zugehörigkeit zur Straßburger Bürgerschaft ausdrücken; vgl. dazu auch Obersteiner, Bischöfe 160f. – Obersteiner, Zusammensetzung 194.
5) KLA, 1401 X 14. Vgl. Webernig, Landeshauptmannschaft 155 (Anm. 313).
6) MC X Nr. 1065 (1403 VI 22). – Webernig, Landesjauptmannschaft 155.
7) MC X Nr. 1110 (1408 III 21). – Webernig, Landeshauptmannschaft 78, 155 (Anm. 317). – Fräss-Ehrfeld, Geschichte Kärntens Bd. 1 573.
8) Webernig, Landeshauptmannschaft 155 (Anm. 318).
9) Ebenda.
10) MC X Nr. 1111 (1408 III 25).
11) MC X Nr. 1137 (Straßburg 1412 IV 8). – Webernig, Landeshauptmannschaft 156.
12) Webernig, Landeshauptmannschaft 156.
13) Nach ihren Namen findet sich vermutlich der „Drudenfuß“ im kleinen W.-Schild.
14) Webernig, Landeshauptmannschaft 156 (Anm. 321).
Literatur

KLA, Hs. GV 10/53, 325. – Kärntnische Denkmale LXXX, Fig. 4. – Kunsttopographie Kärnten 325. – Lind, KA X 72f., Taf. XXXVI, Fig. 6. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 7. – Ders., Grabmalplastik 1941, 7f. – Steindl, Lateinische Inschriften Kärnten 152. – Dehio Kärnten 2001, 933.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 93,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil1/kaernten-2-obj93.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 74: Grabplatte Vinzenz
von Straßburg (1426, 1469)
©  Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)