Inschrift-logo

  Suche         Druck     Hilfe  

 

Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

94 Friesach, Burg Geyersberg, Kapelle hl. Anna 1412–1426

Wandmalerei in der kleinen gotischen Burgkapelle, an den Wänden der Kapelle umlaufend gestaltet. Die Gemälde wurden bis auf zwei Ausnahmen um 1925 übermalt bzw. „entstellend“ verändert. Der Zyklus begann an der Nordwand mit a) vier Heiligen, darunter die hl. Barbara und Johannes über einem Wolkenband (übermalt); b) die Halbfigur eines Mannes (übermalt); c) die beiden Kirchengründer von Salzburg, die Hll. Rupert und Virgil, beide sind durch Namens-Iss. gekennzeichnet (Ia,b), links von Rupert ein W.-Schild, 1944 noch sichtbar (übermalt ?). In der Nordostschräge ist d) die hl. Katharina mit einem vor ihr knienden Stifter dargestellt, der ein Spruchband in der rechten Hand hält (II), zu Füßen ein W. (Straßburg), übermalt. Die Ostwand zeigt e) ein Fragment einer Kreuzigungsdarstellung, in der Südostschräge ist f) ein Fragment mit der Muttergottes und der hl. Elisabeth erhalten, an der Südwand g) ein hl. Bischof mit einem nun leeren Schriftband, begleitet von zwei Rittern, die je einen übermalten W.-Schild halten, links das seitenverkehrte Kärntner W., rechts das W. des EB Salzburg (übermalt), schließlich h) eine Anna selbdritt mit dem hl. Joseph und der Halbfigur der hl. Katharina. Alle übrigen Malereien sind „entweder ganz neu oder gehen so weit, dass die Grundlagen nicht mehr entzifferbar sind“1).

Gotische Minuskel.

Beschreibung und Text nach Frodl, Gotische Wandmalerei 792).


Textedition
			

Ia. s · rupertws Ib. s · v(ir)giliu(s) II. ora p(ro) me s(an)cta Katherina

Anmerkungen

Bitte für mich, heilige Katharina (II).


Wappen: Straßburg3), unbekannt4).


Kommentar

Die gotischen Minuskelschriften auf den Wandgemälden c) und d) zeigen den Formenkanon der Zeit um 1400, die Gemälde selbst wurden von W. Frodl in die Zeit um 1410 datiert5). Interessant sind für eine Datierung und Zuordnung die beigefügten W. Das erste W. ist nicht bekannt, dafür ist das zweite dem Vinzenz von Straßburg (vgl. Kat.-Nr. 93) zuzuordnen, der von 1401 bis 14116) herzoglicher Vizedom in Kärnten war. Das herzogliche Vizedomamt hat er Ende 1411 oder Anfang 1412 aufgegeben, denn schon am 8. April 1412 revisiert er dem Salzburger Erzbischof Eberhard III. von Neuhaus (1403/06–1427) hinsichtlich der Übertragung des salzburgischen Vizedomamtes in Friesach mit dem Sitz auf der Feste Geyersberg7). Bis 1425 ist er dann in diesem Amt urkundlich nachweisbar8). Er ist damit der unter d) dargestellte Stifter dieser Malerei in der Annakapelle, womit nicht nur seine Anwesenheit auf der Burg Geyersberg eindrucksvoll bestätigt, sondern auch ein entscheidender Beitrag zur Datierung der Fresken und der Kapelle selbst geliefert wird. Ob er auch der Erbauer der Annakapelle war, lässt sich aus dieser Stiftung nicht eindeutig ableiten9). Vinzenz von Straßburg ist am 27. März 1426 gestorben und fand in der Kollegiatkirche St. Nikolaus seine Grablege. Die von ihm gestiftete Malerei muss daher in den Jahren zwischen 1412 und 1425/1426 in Auftrag gegeben worden sein. Die Malereien wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts „entstellend“ übermalt und durch Neuschöpfungen ergänzt, eine Restaurierung 1954 ließ nur jene von der Übermalung einigermaßen „verschonten“ Darstellungen erhalten10).

1) Frodl, Gotische Wandmalerei 79.
2) Die Burg Geyersberg mit der Annakapelle ist in Privatbesitz, eine Besichtigung der Kapelle war leider nicht möglich.
3) MC X Nr. 1111 (1408 III 25: Siegler Vinzenz von Straßburg). – Vgl. dazu auch Weiß A., Kärnthens Adel 141f. (führte eine Trense oder ähnliches ... im Oberwappen scheint diese Figur gebrochen wiederholt).
4) Strauß mit einem Schlüssel im Schnabel.
5) Hausanker oder Trense; Frodl, Gotische Wandmalerei 79.
6) Webernig, Landeshauptmannschaft 154. – Fräss-Ehrfeld, Geschichte Kärntens Bd. 1 575.
7) MC X Nr. 1137 (Straßburg 1412 IV 8). – Webernig, Landeshauptmannschaft 156.
8) Webernig, Landeshauptmannschaft 156.
9) Zedrosser, Friesach 1953, 109.
10) ÖKT Friesach profan 147.
Literatur

Hauser Hu., Profan- und Kirchen-Geschichte 24. – Hauser Hu., Illustrierter Führer 48 (noch 1590 als Erbauungsdatum der Kapelle!). – Ginhart, Bau- und Kunstdenkmäler Friesachs 78f. – Ders., Kunstdenkmäler Gurk und Friesach 680. – Frodl, Gotische Wandmalereien 79. – Zedrosser, Friesach 1953, 109. – Steindl, Lateinische Inschriften Kärnten 178. – ÖKT Friesach profan 147. – Dehio Kärnten 2001, 162.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 94,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil1/kaernten-2-obj94.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten  Politischer Bezirk St. Veit an der Glan  Friesach, Burg Geyersberg, Kapelle hl. Anna    •  Wandmalerei  •  Burgkapelle  •  Gotische Minuskel  •  Neuhaus, Eberhard III.  •  Straßburg, Elisabeth  •  Straßburg, Vinzenz  •  Friesach, Geyersberg  •  Salzburg, Bistum  •  Straßburg