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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

247 Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche
Mariae Himmelfahrt
1513

Gedenkinschrift des Gurker Dompropstes Wilhelm Welzer von Eberstein, innen an der Ostseite des zweiten nördlichen Seitenschiffpfeilers; die Pfeilerbreite ausfüllend, findet sich hier eine elfzeilige Is., die sich in erweiterter Form auch auf einem Pergamentblatt1) erhalten hat und teilweise identisch ist mit der Grabinschrift (Kat.-Nr. 264) des Propstes. Die Bu. sind bläulich gefärbt.

H. ± 68 cm, B. 93,8 cm, Bu. 3,5 (5) cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

Venerabilis · Jn · cristo · pater · d(omi)n(u)s · Wilhe=/lmus · welczer · de · Eberstain · preposit(us) · et · archi(diaconus) / h(uius) · kathe(dra)l(is) · eccl(es)ie · Gurcen(sis) · hoc · ruinosum · cenobiu(m) ·/ t(em)p(or)ib(us) · gwerra(rum) · undiq(ue) · reedifica(vi)t · muro · cinxit / p(ro)pugnacul(is)a) · muniuit · dilapsa · erexit · Necno(n) · ecc=/l(es)iamb) · Cum · loc(is) · annexis · testitudinib(us) · alijsq(ue) ·/ cerimonijis · vti · facta · docent · fulciuit · pontifi=/calia · p(ro) · p(re)p(osi)tisa) · Cum · no(n)nullis · priuilegijs ·/ iuxta · l(itte)ras · ap͜postolicas · impetrauitc) · Ac / Hospitale(m)c) · Pauperu(m) · fami/liariu(m) · erexit · et · ditavit ·/· 1 · 5 · 1 · 3 ·

Anmerkungen
a) Nexus Litterarum pp.
b) um 90° gedrehtes Schluss-m.
c) Kürzungszeichen fehlt.

Der in Christus hochwürdige Pater, Herr Wilhelm Welzer von Eberstein, Propst und Erzdiakon dieser Kathedrale des Bistums Gurk, hat dieses baufällige Kloster zur Kriegszeit rundum wieder aufgebaut, mit einer Mauer umgeben, mit Bollwerken befestigt, Verfallenes aufgerichtet und die Kirche mit anstoßenden Baulichkeiten und Gewölben und anderen Zeremonien versehen, wie das Ergebnis zeigt. Die Pontifikalien hat er für die Pröpste nebst anderen Privilegien nach Ausweis der päpstlichen Urkunden erwirkt und ein Spital für die armen Familiaren errichtet und ausgestattet. 1513.


Kommentar

Wilhelm Welzer von Eberstein2) (vgl. Kat.-Nr. 264) hat nach dem Tode des Bischofs Lorenz Freiberger (vgl. Kat.-Nr. 170), der zugleich auch das Amt eines Propstes ausgeübt hat, diesen in dem Amt als Dompropst beerbt und vorerst das 1468 begonnene Bauwerk des neuen Propsthofes 1487 fortgesetzt und 1490 vollendet3). Neben einer Bauinschrift (vgl. Kat.-Nr. 173) erinnert das W. Welzers am Gewölbe der südseitigen Hofeinfahrt an diese Bautätigkeit. Im Osttrakt des Propsteigebäudes ließ Wilhelm Welzer die Dreifaltigkeitskapelle errichten und verewigte sich auch hier am Gewölbe mit seinem W. und dem seiner Vorfahren4) (Welzer, Eberstein, Herberstein). Auch das spätgotische Portal dieser Propsteikapelle zeigt auf der rechten Seite das W. Welzers. In den folgenden Jahren wurde unter seiner Bauführung das Chorhauptschiff des Gurker Domes von einem Meister Hans um 1500 eingewölbt5). Auch hier findet sich am Schlussstein des Sternrippengewölbes sein W. Der ehemalige Kreuzgang soll ebenfalls während seiner Amtszeit mit einem gotischen Gewölbe ausgestattet worden sein6). Für diese Spitzbogenfelder im Kreuzgang sind in seinem Auftrag die Hemmatafeln (vgl. Kat.-Nr. 712) angefertigt worden7), vermutlich schon im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts. Er ließ bei der Pfarrkirche ein neues Armenspital errichten8), und auch das Kapitelgebäude wurde unter seiner Führung teilweise erneuert9). Um das Stiftsgebäude wurden Wehrmauern errichtet oder erneuert, auch das neue Propsteigebäude wurde mit Mauern und Rundtürmen gesichert10). Von Rom erlangte er das Recht der Pontifikalien und der Benediktion11).

1) KA Klagenfurt, Lade 72 des Spiritualarchives, Urkundensammlung (1513), Pergamentblatt, beidseitig handschriftlich beschrieben und auf der Rückseite mit kolorierten Wappenzeichnungen geschmückt (61 x 40,3 cm) mit nachfolgendem Text: Venerabilis In cr(ist)o pater D(omi)n(u)s Wilhelmus Weltzer de Eberstain p(re)p(osi) tus / et Archidiacon(us) hui(us) kathe(dra)lis eccl(es)ie Gurc(e)n(sis) / hoc ruinosu(m) Cenobiu(m) t(em)p(or)ib(us) guerrar(um). Opitu/latib(us) ac (con)sule(n)tib(us) Ven(erabili)b(us) Ingeniusq(ue) viris / eiusde(m) eccl(es)ie p(er) tu(n)c Capitula(r)ib(us) et Cano(n)icis / utputa. d(omi)nis Wilhelmo puecher Sigismu(n)do / feustritz successiue deca(n)is. D(omine) wolfgango / Comite de Montfort. d(omine) Andrea greswein. D(omine) / marti(n)o de pairhofen. D(omine) Joh(anne) de Moshaim / D(omine) Vito mardachs. D(omine) wilhelmo de Randeck / D(omine) chr(ist)ofero Zwitter. D(omine) Joh(ann)e muetmasdorffer / D(omine) Conrado liebhart. D(omine) chr(ist)ofero Galer. D(omine) Bernhardo dietrichstainer. D(omine) Gregorio Stau/dacher. D(omine) sebastiano Emhofer. undiq(ue) r(e)stau/ravit muroq(ue) cinxit. p(ro)pugnacul(is) mu(n)ivit. / dilapsa erexit. necno(n) ec(c)le(s)iam cu(m) annexis // testitudinib(us) ac diu(er)sar(um) facultatu(m) libris fulcivit. / po(n)tificalia q(ue) p(er) p(re)latis ac alia ceremo(n)ialia cum / nonnullis insignib(us) p(ri)- uilegys et indulgencys. uti bulle aplice docent Impetrauit. – Vgl dazu Hann, Beiträge zur Kunsttopographie 1897, 157, Anm. 1).
2) Schroll, Dompröpste 16. – Leitner F., Frühneuzeitliche Inschriftenbelege 70f.
3) Löw, Domführer 122f.
4) Schnerich, Dom zu Gurk 111. – Stumberger, Welzer 106 (Anm. 451).
5) Ginhart/Grimschitz, Gurk 117. – Dehio Kärnten 2001, 263.
6) Löw, Domführer 123f.
7) Hartwagner, Dom zu Gurk 162 (Bilderläuterungen). – Reichmann-Endres, Reliefs 248, 249 (Anm. 1).
8) Schon 1136 gab es in Gurk ein Spital; die Neugründung von Propst Welzer versorgte 14 Personen. – Vgl. dazu KA Klagenfurt, Liber memorabilium Capituli Gurcensis p. 118. – Hann, Beiträge zur Kunsttopographie 1897, 157 (Anm. 1). – Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1955, 569.
9) Löw, Domführer 123.
10) Ginhart/Grimschitz, Gurk 94f.
11) Löw, Domführer 123. – Vgl. auch Schroll, Dompröpste 16: Unter Propst Welzer erhielten „die Chorherren vom Papst Alexander VI. ddo. Rom am 1. Mai 1498 die Privilegien der Canonici der lateranensischen Congregation und am 23. Mai desselben Jahres der Propst wegen häufiger Abwesenheit des Bischofs und weil die Kirche eine Kathedralkirche sei, das Recht der Pontificalien und der Benediction der kirchlichen Gefäße und Gewänder in Abwesenheit des Bischofs“.
Literatur

KA Klagenfurt, Liber memorabilium Capituli Gurcensis p. 118, 124f. – Hann, Beiträge zur Kunsttopographie 1897, 157. – Schnerich, Dom zu Gurk 62, 68f., 77, 81, 109, 111, 137. – Leitner F., Frühneuzeitliche Inschriftenbelege 70f. – Dehio Kärnten 2001, 263.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 247,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil2/kaernten-2-obj247.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 127: Gedenkinschrift Propst Wilhelm Welzer von Eberstein (1513)
©  Landesmuseum Kärnten (Friedrich W. Leitner)