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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

257 Friesach, Dominikanerk. hl. Nikolaus 1516

Figurale Grabplatte des Balthasar I. von Thannhausen aus rotem Marmor, innen in der Dominikuskapelle (ehemals Thannhausenkapelle) an der Westwand: Im vertieften Feld steht die überlebensgroße frontale Ganzfigur eines Ritters, mit der rechten Hand eine Fahnenstange haltend, die Linke am Schwert. Der gerüstete Ritter mit offenem Visier ist auf einen liegenden Löwen gestellt und wird seitlich von vier Relief-W. begleitet (Ahnenprobe). Auf einer erhabenen Rahmenleiste findet sich eine umlaufende, dreimal von Helmdecken der W. unterbrochene Is., deren untere Leiste zur Hälfte vom Fußboden der Kapelle verdeckt ist.

H. 286 cm, B. 138 cm, Bu. 7,5 (9,5) cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

Hie · leit · begraben · der · Edl · vnd ·/ gestrenge · Ritt(er) ·// Her · walthasar · Thanhauser · zw ·// Tiernstain · Haubtma[n]a) / vnd · vitztum · zw · Friesach · d͜er · gestorben · istb) / Am · xviij · tag · d͜es · mon//adts · July · nach · cristi · geburt · M · d · xvj · iar · dem · G(ot) · genadc)

Anmerkungen
a) die Is. ist hier verdeckt.
b) Die untere Is. ist nur zur Hälfte sichtbar.
c) Trennzeichen: paragraphenzeichenförmige Zierpunkte auf Zeilenmitte.

Datum: 1516 Juli 18.


Kommentar

Die Thannhausen waren eine Salzburger Familie mit Wurzeln in Bayern oder in Schwaben, die in Diensten des Erzstiftes Salzburg stand, später dann auch in Kärnten und in der Steiermark nachweisbar ist. Balthasar I. von Thannhausen, der Sohn des Konrad I. von Thannhausen und der Anna Ackerl, war mit Barbara von Freyberg – sie war die Witwe des Pfleginhabers des Schlosses Liechtenstein bei Judenburg, Hans Ritter von Ramung – verheiratet5) und hatte drei Söhne: Franz I., Maximilian6) und Balthasar II. Balthasar I. von Thannhausen übernahm 1480 die Pflegschaft von Liechtenstein, 1496 auch die von Schloss Dürnstein bei Friesach7). Im Krieg gegen die Ungarn zeichnete er sich 1482 bei der Einnahme der Kirche Mariahof bei Neumarkt aus, 1484 bei der Verteidigung des Schlosses Liechtenstein. Nach 1490 wurde er mit der Verwaltung der Liechtensteinischen Herrschaft zu Murau beauftragt. In diesem Zusammenhang wird er schon als kaiserlicher Rat und Hauptmann „in der oberen Steiermark“8) tituliert. Er war seit 1496 kaiserlicher Hauptmann und salzburgischer Vizedom in Friesach9) und erhielt pflegweise auf Lebenszeit die Burg Geyersberg10). 1513 verpfändete Ks. Maximilian Schloss und Herrschaft Tanzenberg um 8000 Gulden an Balthasar I. von Thannhausen zu Dürnstein11). Der Hintergrund für den beachtlichen Wohlstand der Thannhausen in Friesach waren deren Bergbau­besitzungen im Lavanttal12). Als Vizedom und Hauptmann in Friesach folgte ihm 1516 sein Sohn Franz I. von Thannhausen13). Die beiden Söhne von Balthasar I., Franz I. und Balthasar II., wurden von Karl V. 1530 in den Freiherrenstand erhoben14). Die Familie Thannhausen besaß in Friesach bis 1595 das Gebäude des heutigen Propsthofes in der Wiener Straße Nr. 6, in diesem Jahre wurde es an das Bürgerspital verkauft15). Balthasar I. von Thannhausen ist am 18. Juli 1516 in Friesach gestorben und erhielt in der Dominikanerkirche als Denkmal seiner Grablege eine der schönsten spätgotischen figuralen Grabplatten Kärntens16). Diese Kapelle des hl. Dominikus soll 1509 von Balthasar I. von Thannhausen als „Thannhausen-Kapelle“ gestiftet worden sein17).

Es ist hier auch anzumerken, dass Stadl18) ein weiteres Denkmal als Das Erste Epithaphium beschreibt und dabei einen Ritter Hans Balthasar nennt, der 1513 gestorben sein soll, genealogisch aber nicht nachweisbar ist; diese Is. gibt Stadl folgend wieder: Hier ligt Begraben Der Wohl Edle Vnd Gestren/ge Ritter Herr Herr Hanns Balthaser Thonhav/sen, Zv Treinstain . Havbtman Vnd Vizthomb Zv Frey/sach, Der Gestorben Ist Am XVIII Tag Des Monaths / Ivly Nach Christi Gebvrt M D XIII Dem Gott / Gnädig.

1) Si 1/22. – Bay A3 105f., Taf. 69. – NÖ/2 321, Taf. 153, auch 661. – Si Sa 66, Taf. 27.
2) W.: geteilt, oben ledig unten drei (2, 1) sechstrahlige Sterne.
3) NÖ/2 321, Taf. 153. – Si Sa 66, Taf. 27. – W. der Ackerl: von Rot und Gold gespalten, belegt mit einem von Gold und Schwarz gespaltenen Sparren.
4) Im Schild ein rechtsaufsteigender Damhirsch mit einem vierendigen Geweih, als Helmzier ein Hirschrumpf. – Der Ahnenreihe nach wäre hier das Wappen der Großmutter mütterlicherseits zu erwarten. Nach Bucelinus, Germaniae p. 2 war Barbara von Freyberg die Tochter des Conrad Freyberg, cogn. Gaischedel, und seiner Frau Ursula Zaunriedin. Die bairischen Zaunried führten aber einen oberhalb Hund (Rüde) hinter einem geflochtenen Zaun in ihrem Wappen. Vgl. dazu Si 2/56. – Beckh-Widmanstetter L., Grabdenkmäler Thanhausen 25 meint, der Steinmetz hätte statt eines Steinbockes einen Hirsch gemeißelt und verweist auf den Steinbock im Wappen der Mosheim: die Urgroßmutter Balthasars I. soll eine Mosheim gewesen sein, bei Beckh-Widmanstetter als Gemahlin eines Bertholds, nach Bucelinus, Germaniae p. 3 231, als Ehefrau eines „Richoldus de Thanhausen“. – Vgl. auch dazu Spener, Historia 548 (cap. 99). – Vgl. auch Neckheim, Grabmalplastik 1941, 84.
5) Bucelinus Germaniae p. 2, p. 3 231. – Beckh-Widmanstetter L., Grabdenkmäler Thanhausen 29. – Bay A3 106.
6) Maximilian von Thannhausen soll 1514 von Fritz Marschall von Wildenberg erstochen worden sein und liegt im Domkreuzgang zu Bamberg begraben. Vgl. dazu Raab, Thannhausen 10 (Anm. 28). – Beckh-Widmanstetter L., Grabdenkmäler Thannhausen 29.
7) Raab, Thannhausen 10f. – Beckh-Widmanstetter L., Grabdenkmäler Thannhausen 29.
8) Beckh-Widmanstetter L., Grabdenkmäler Thannhausen 29.
9) Kohla/Metnitz/Moro G., Burgenkunde 39.
10) Ebenda. – Henckel, Burgen Bd. 2 52. – Korak, Burggrafen XIX.
11) Beckh-Widmanstetter L., Grabdenkmäler Thannhausen 29. – Kohla/Metnitz/Moro G., Burgenkunde 146.
12) Raab, Thannhausen 10.
13) Kohla/Metnitz/Moro G., Burgenkunde 39.
14) Bartsch, Wappen=Buch fol. 34, 136, Nr. 136. – Beckh-Widmanstetter L., Grabdenkmäler Thannhausen 31.
15) Vgl. dazu ÖKT Friesach profan 259f.
16) Vgl. auch Herrmann H., Friesach in Kärnthen XXVII, Blatt VIII A. – Czerny, Hans Valkenauer 175f.
17) Lang R., Dominikanerkirche 15: er nennt als Bildhauer der Grabplatte „Jörg Gärntner?“.
18) STLA, Stadl, Ehrenspiegel IV, fol. 633.
Literatur

KLA, Hs. GV 10/53, 247. – STLA, Stadl, Ehrenspiegel IV fol. 636. – Herrmann H., Schau 31. – Hohenauer, Friesach 132. – Benedikt, Mittheilungen 179 (hier steht 1513). – Herrmann H., Friesach in Kärnthen XXVII, Blatt VIII A. – Ders., Kholnitz 74. – Essenwein, Mittelalterlicher Baudenkmale 202. – Lind, Reisenotizen 1880, CIX. – Ders., Beiträge 14f., Fig. 5. – Kunsttopographie Kärnten 56, Abb. nach 352. – Lind, KA X 148–149, Taf. LXXIII, Fig. 3. – Hauser Hu., Illustrierter Führer 30. – Zedrosser, Friesach 1926, 72. – Neckheim, Grabmalplastik 1941, 84. – Zedrosser, Friesach 1953, 139. – Lang R., Dominikanerkirche 15. – Milesi, Grabplastik 22, Abb. 27. – Czerny, Hans Valkenauer 175f. – Leitner F., Gabrielus Bucelinus 663f. – Dehio Kärnten 2001, 170.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 257,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil2/kaernten-2-obj257.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 137: Grabplatte Balthasar I.
von Thannhausen (1516)
©  Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)