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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

340 Brückl, Pfk. hl. Johannes d. T. 1534

Figurale Grabplatte des Propstes Martin Leittner aus grauem Marmor, innen an der Nordwand des Chores; im vertieften Bildfeld ruht auf einem Totenkissen ein Geistlicher in flacher Reliefdarstellung, der in eine spätgotische Nischenarchitektur mit Astwerkdekor eingestellt ist, bekleidet mit der Kukulle, um den Hals die Propstkette, am Kopf ein Barett. Das Bildfeld mit der Ganzfigur des Propstes wird in den beiden unteren Ecken von je einem W.-Schild begleitet: Im linken W. wird ein Kelch, im rechten ein Buch (Bibel) wiedergegeben; bei den W. handelt es sich wohl nur um Symbole der Liturgie, nicht aber um den Hinweis auf eine Nobilitierung. Die Anbringung der W.-Schilde folgt den zeitgemäßen Bildungen von Wappengrabplatten. Die breite, erhabene Rahmenleiste trägt eine umlaufende Is. (I), die hier auf der linken Leiste unten beginnt und im Uhrzeigersinn weiter läuft; eine zweite Is. (II) findet sich in den beiden oberen Ecken des Bildfeldes, wo auf schriftbandartigen Tafeln eine Datierung angebracht ist. Auf der Bordüre der Kukulle auf der Brust sind Buchstabenreste, wohl nur als reine ornamentale Beifügung, noch zu erkennen (Is. III). Die Grabplatte befand sich früher im Kirchenboden eingelassen, wurde vor 1888 gehoben und ist an manchen Stellen stärker abgetreten.

H. 190 cm, B. 100 cm, Bu. I. 5 (7) cm, III. 3,5 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien (II, III).


Textedition
			

I. Hic est sepult(us) Venerabilis d(omi)n(us) Martin(us) Leyttner p(rae)p(osi)t(us) in / Draabvrg et pl(e)ban(us) ad s(an)ct(u)m / Johan(n)em cui(us) a(n)i(m)a requiescat in pacea) <– – –> B(ea)ti mortvi / qvi in d(omi)vob) moriv(n)tvr. II. M͜ Lc) // 34 III. M[...]EId)

Anmerkungen
a) Der Leerraum läßt nicht erkennen, ob hier das Todesjahr gestanden hatte. Vermutlich ist eine Eintragung unterblieben, da die Datumsangabe, möglicherweise nachträglich, in den beiden Schriftfeldern des Bildfeldes erfolgte.
b) steht irrtümlich wohl für n...
c) Nexus Litterarum ML, wobei der Balken kaum nocht ersichtlich ist; die beiden Bu. ML könnten auch für Martin Leittner stehen, aber natürlich auch als Datumsangabe, wobei dann das L wohl für D steht.
d) Die Is. ist sehr stark verschliffen und kaum noch lesbar.

Hier liegt begraben der hochwürdige Herr Martin Leittner, Propst von (Unter-)Drauburg und Pfarrer zu St. Johannes, dessen Seele in Frieden ruhe. Selig die Toten, die im Herrn sterben.

Apc 14,13 (I).


Kommentar

Die Pfarrkirche St. Johannes in Brückl, bis in das 20. Jahrhundert als St. Johann am Brückl bezeichnet, war die Nachfolgekirche der Urpfarre St. Lorenzen im Görtschitztal1), und gehörte seit 1445–1456 als Mensalpfarre zur Propstei Unterdrauburg2), zur besseren Dotation der dortigen Pröpste. Die Pröpste von Unterdrauburg waren mit dieser Unierung zugleich auch Pfarrer von St. Johann3). Manche Pröpste haben in Brückl residiert und werden in Urkunden auch als Propst von Brückl angesprochen. Da die Propstei Unterdrauburg ebenfalls zu den Kärntner Landständen gehörte, erhielt auch die Pfarre St. Johann am Brückl durch den Propst eine besondere Bedeutung. Propst Martin Leittner (Leutner) erhielt die Pfarre um 1520 vom Papst4); er gilt als Bauherr der spätgotischen Kirchenanlage, die in die Zeit von etwa 1516 bis 15345) fällt. Baudaten aus diesem Zeitraum belegen den gotischen Kirchenbau (vgl. Kat.-Nr. 286†), der um 1521/22 vollendet gewesen sein soll6), vermutlich aber erst 1534 endgültig fertiggestellt sein dürfte, der 1535 gestiftete Taufstein (vgl. Kat.-Nr. 348) erscheint gewissermaßen als ein terminus ante quem. Über Propst Martin Leittner erfahren wir nichts Weiteres, vor allem auch, da über die Propstei Unterdrauburg keine Untersuchung vorliegt. Er könnte das Grabdenkmal selbst in Auftrag gegeben haben, dafür würde auch das „Monogramm“ ML sprechen7).

1) Klebel, Geschichte Teil 1 6.
2) Hohenauer, Kirchengeschichte 116. – Erläuterungen Kirchen- und Grafschaftskarte 232.
3) Achatschitsch, Kirchen 6.
4) Erläuterungen Kirchen- und Grafschaftskarte 231.
5) Ebenda 231. – Achatschitsch, Kirchen 9f.
6) Kohla, Kärntens Burgen 30. – Erläuterungen Kirchen- und Grafschaftskarte 232. – Achatschitsch, Kirchen 6.
7) Neckheim, Grabmalplastik 1940, 186.
Literatur

NN., St. Johann am Brückl XXIII. – Größer, St. Johann 169. – Kunsttopographie Kärnten 131. – Ginhart, Kunstdenkmäler St. Veit 95. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 186. – Milesi, Grabplastik 18. – Steindl, Lateinische Inschriften Kärnten 137f. – Hartwagner, Kärnten 30. – Achatschitsch, Kirchen 10. – Dehio Kärnten 2001, 65.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 340,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil2/kaernten-2-obj340.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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