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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

361 Friesach, Stpfk. hl. Bartholomäus vor 1540

Grabplatte aus weißem Marmor des Christoph Pickel, am ersten Pfeiler im südlichen Seitenschiff an der Westwand, seit 2004 befindet sich diese Grabplatte an der Südwand der Vorhalle. Wiederaufgefunden wurde zu diesem Grabdenkmal der Sockel, der von vier kleinen Säulen gegliedert wird und in der Mitte einen W-Schild trägt. Oben ist in einer Nischenarchitektur die Darstellung des Gekreuzigten, überm Kreuz eine Is. (I); zu Füßen des Kreuzes rechts und links je eine Schrifttafel, links mit einer vierzeiligen Is. (II), rechts mit einer dreizeiligen Is. (III). Darunter in einer einfach gerahmten Schrifttafel eine16-zeilige Is. (IV). Wieder aufgefunden wurde auch der Aufsatz zum Grabdenkmal, halbkreisförmig mir einer Muschelnische mit einem geflügelten Puttokopf.

H. 267 cm, B. 97 cm, Bu. I. 4 cm, II. u. III: 1,8 (3) cm, IV: 3 (3,8) cm. – Kapitalis.


Textedition
			

I. INRI II. · ESAYA͜E · XLIII ·/ EGO · SVM · EGO · SVMa) / DOMINVS · ET NO(N) / EST · ABSQ(VE) · ME SAL(VATOR) III. IOB XIX ·/ INb) · CARNE MEA / VIDEBO DEVM IV. IN[E]FFABILI · CHRISTI · PASSIONI · SACRVM ·/ REVEREND(VS)b) · PATER · D(OMI)N(VS) · CHRISTOPHORVS · PICKEL · DECR(ETORVM) ·/ DOCTOR · SERENISS(IMI) · RO(MANORVM) · HVNG(ARIAE) · BO(H)EMIA͜EQ(VE) · REGIS · FERDI=/=NANDI · ET · ILLVSTRISS(IMI) · PRINCIPIS · MATTHA͜EI · CARD(INALIS) · AC ·/ ARCHIEP(ISCO)PI · SALZBVRG(ENSIS) · CONSILIARIVS · COLLEGII FRISAC(E)N(SIS) / APVD · D(IVVM) · BARTHOLOMA͜EVM · P(RAE)P(OSITV)S · IN CAPELLA · D(IVI) · PAVLI · PARO=/CHVS · ET INFERIORIS · CARINTHIA͜E · ARCHIDIACONVS · VI=/VVS · SIBI · AC · POSTERIS · OMNIBVS · HOC · MONVMENTVM / PIE POSVIT · QVI TANDEM FATIS · CONCEDENS ANNO D(OMI)NI ·/ M · D · <…..> DIE < – – – > / MENSIS <– – –> VIXIT ANN(OS) · <…..> MENS(ES) · <.....> DIE(S) · / QVI SVM REQVIRIS? NIL MODO · AT QVONDAM FVI / QVID HIC AGAM VIS SCIRE TABESCO · ROGAS ·/ A͜ETATIS · ET QVOD PRA͜EMIVM? LABOR · DOLOR ·/ IN HIS PERISSEM · ME NISI TANTIS MALIS · LEVASSET ·/ IMPETRATA · PER · CHRISTVM · FIDESc) ·

Anmerkungen
a) M in die Rahmenleiste eingemeißelt.
b) vergrößerter Anfangsbuchstabe.
c) Trennzeichen: quadrangelförmige Zierpunkte auf Zeilenmitte.

Jesaja 43: Ich bin der „Ich-bin-da“ ( Jahwe), der Herr, und es gibt außer mir keinen Erlöser (II).
Ijob 19: Ich werde in meinem Fleisch Gott sehen (III).
Dem unaussprechlichen Leiden Christi geweiht. Der hochwürdige Pater, Herr Christoph Pickel, Doktor des Kirchenrechts, Rat des durchlauchtesten römischen, ungarischen und böhmischen Königs Ferdinand und des hochwürdigsten Fürsten Matthäus, Kardinals und Erzbischofs von Salzburg, Propst des Kollegiatkapitels in Friesach zum heiligen Bartholomäus, Pfarrer der Kapelle des heiligen Paulus, und Erzdiakon von Unterkärnten, ließ zu Lebzeiten für sich und alle seine Nachkommen dieses Denkmal in Frömmigkeit errichten. Er starb endlich und erfüllte sein Schicksal im Jahre des Herrn 15<..>, am Tag <..> des Monats <. . .>; er lebte <..> Jahre, <..> Monate, <...> Tage. Wer ich bin, fragst du? Nun nichts mehr, aber einst bin ich gewesen. Was ich hier tue, willst du wissen? Ich verwese. Du fragst auch, was der Lohn des Alters ist? Mühsal und Schmerz. In diesen wäre ich untergegangen, wenn mich nicht von so großen Übeln der durch Christus erlangte Glaube befreit hätte (IV).
Is 43,11 (II); Iob 19,26 (III).


Wappen: Pickel1).


Kommentar

Dr. Christoph Pickel war Propst der Kollegiatkirche St. Bartholomäus, Pfarrer der Kirche St. Paul in Kappel im Krappfeld und Erzdiakon von Unterkärnten, ferner fürstbischöflicher Rat des Salzburger Erzbischofs Matthäus Kardinal Lang von Wellenburg (1519–1540) und des Königs Ferdinand I. Nach einem Gedenkbuch der Propstei war er schon 1527 Propst zu Friesach2), wird dann aber erst wieder 15373) genannt. Ab 1527 war er Archidiakon von Unterkärnten4), nach seiner Grabinschrift wohl bis zu seinem Tode. Die Errichtungszeit des Grabdenkmals erfolgte zu Lebzeiten, die Sterbedaten wurden nachträglich leider nicht eingetragen. Jedenfalls entstand die Grabplatte noch zu Lebzeiten des Salzburger Erzbischofs Kardinal Lang von Wellenburg, also noch vor dessen Tod im Jahre 1540. Bei Hohenauer5) wird sein Todesdatum mit 1537 angegeben, aber noch 1538 soll er noch einen Vergleich zwischen dem Abt Sebastian von Viktring und dem Keutschacher Pfarrer Bartlmä Mastenznigkh beurkundet haben6), am 12 Feber 1539 wurde er vom Kärntner Landeshauptmann zu einer Beratung der Ausschüsse der Kärntner Landschaft nach Klagenfurt geladen7). Nach 1539 hören wir von Dr. Christoph Pickel nichts mehr, er muss demnach um/nach 1539/40 gestorben sein und fand in der Kollegiatkirche St. Bartholomäus seine Grablege.

1) Ein rechts gewinkelter Arm mit einer nach unten gerichteten Spitze in der Hand (Pickel, red. W.)
2) Hohenauer, Friesach 111. – Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 39.
3) Jernej, Kollegiatstift 1997, 29, 142: Seine Grabplatte ist nicht mit 1540 datiert, vgl. dazu auch Dehio Kärnten 2001, 164.
4) Tropper P., Missionsgebiet 353. – Jernej, Kollegiatstift 2001, 69, 141.
5) Hohenauer, Friesach 113.
6) Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 39: Zitat fehlt leider.
7) Ebenda.
Literatur

Herrmann H., Friesach in Kärnthen XXV. – Hauser Hu., Illustrierter Führer 40. – Zedrosser, Friesach 1926, 62. – Ders., Friesach 1953, 121. – Steindl, Lateinische Inschriften Kärnten 172 (er bringt die Is. – wohl nach Herrmann – nur unvollständig und gibt irrtümlich das Todesdatum 1527 an). – Dehio Kärnten 2001, 164.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 361,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil2/kaernten-2-obj361.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 171: Grabplatte Christoph
Pickel (vor 1540)
©  Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)