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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

413 Friesach, Stpfk. hl. Bartholomäus 1553, 1565

Epitaph aus rotem Marmor des Georg Vischl, im südlichen Seitenschiff, mit einem dreigeschossigen Aufbau des Grabdenkmals: Der unterste Teil besteht aus einem dekorativ gerahmten Schriftfeld mit einer 17-zeiligen Is. (I). Diese wird links von der halben Frontalfigur des Propstes flankiert, wobei der mit Priestergewand gekleidete Verstorbene teilweise in das Schriftfeld hineinreicht. In den Händen hält er eine barettartige Kopfbedeckung. Davor befindet sich – schon im Schriftfeld – ein Relief-W. ohne Helmzier. Im Mittelteil ist die Grablegung Christi dargestellt, darüber die Auferstehung. Auf der Rahmenleiste darüber findet sich eine einzeilige Is. (II), desgleichen eine weitere einzeilige Is. (III) auf der Rahmenleiste zwischen den beiden Reliefdarstellungen. Die unterste Rahmenleiste des Epitaphs trägt ebenfalls eine Is. (IV), wobei eine Lesung erschwert ist, da die Bu. großteils eingemörtelt sind.

H. 260 cm, B. 125 cm, Bu. I. 2,5 (3,5) cm, II.-IV. 2,8 (3,8) cm. – Kapitalis.


Textedition
			

I. EXa) MONTE REMBSNICK STIRIA͜E / GEORGIVSa) VISCHLL V(TRIVSQVE) I(VRIS) DOCTOR / S(ANCTI) BARTOLOMA͜EI · AC S(ANCTI) VIRGILII CO=/LLEGIORVM P(RAE)P(OSI)T(VS) · ET CHARINTHIA͜E / ARCHIDIACON(VS) · NEC NON REVERE=/ND(I) · ET ILLVSTRISS(IMI) · P(AT)RIS · AC D(OMI)NI · D(OMINI) ·/ ERNESTI SALZEBVRGE(NSIS) · ELECTI A(R)CHI/E(PISCO)PI · E(T)C(ETERA) · COMITIS PALATINI RHENI ET / DVCIS BAVARIA͜E CONSILIARI(VS) AD DEI / LVMINIS ET LVCIS AVTHORIS LAVDE(M) / VSQVE DV(M)b) VIVERET AN(N)O A͜ETATIS / SVA͜E · LIII · P(OSVIT) · HOC VERO OPVS CO/NFECTV(M) EST FRISACI · III · CAL(ENDAS) · DECE(MBRIS) / AN(N)O · M · D · LIII · DORMIVIT / AVTE(M) IN D(OMI)NO AN(NO) · M · D ·/ <LXV> · MEN(SIS) <DECE(M)B(RIS)> / DIE · <SEPTIMA> II. APICEa) HA͜ ERESEOS INQVINAT(VS) NO(N) S [VM] TV ENIM D(OMI)NE LIBERASTI ME III. ODIVIa) ECCL(ES)IAM MALIGNANCIVM ET CVM HA͜ERETICIS NO(N) SEDEBO: PS(ALMVS) IV. [...] D[– – –] IN [– – –] DEV[– – –

Anmerkungen
a) vergrößerter Anfangsbuchstabe.
b) ligaturhafte TD-Schreibung, wobei wohl T als Fehler des Steinmetzen anzusehen ist.

Georg Vischl, vom Berg Remschnigg in der Steiermark stammend, Doktor beider Rechte, Propst der Kollegiatstifte St. Bartholomäus und St. Virgilius und Erzdiakon von Kärnten, auch Rat des hochwürdigen und durchlauchtesten Paters und Herrn, Herrn Ernst, erwählten Erzbischofs von Salzburg etc., Pfalzgrafen bei Rhein und Herzogs von Bayern, ließ (dieses Epitaph) zum Lob Gottes, des Urhebers des Lichts, zu Lebzeiten in seinem 53. Lebensjahr errichten. Dieses Werk wurde vollendet in Friesach am dritten Tag vor den Kalenden des Dezember im Jahre 1553. Er jedoch entschlief im Herrn im Jahre 1565, am siebenten Tag des Monats Dezember (I).
Vom Gipfelpunkt des Irrglaubens bin ich nicht befleckt, denn du, Herr, hast mich befreit (II)
Ich haße die Versammlung der Übeltäter und im Rat der Frevler will ich nicht sitzen. Psalm (III).

Ps 25,5 (III).


Datum: 1553 November 29, 1565 Dezember 7.

Wappen: Vischl1).


Kommentar

Dr. Georg Vischl hat im Jahre 1553 das Epitaph in Auftrag gegeben, die Sterbedaten wurden nach seinem Tode 1565/66 von zweiter Hand beigefügt. In das Jahr 1554 datiert ein Wappengedenkstein, den er für sich und die Seinen in Auftrag gegeben hat (vgl. Kat.-Nr. 415). Es verwundert, dass ein Propst von Friesach innerhalb von zwei Jahren zwei unterschiedliche Grab- bzw. Gedenkmale hat anfertigen lassen. Erklärbar wird dies durch die spezielle Form der Grablege, bei der für die eigentliche Grabstätte eine „einfache“ Grabplatte – hier in Form einer Wappengrabplatte – angefertigt wurde, als Gedächtnis­denkmal aber ein Epitaph, an eine Kirchenwand gestellt, zusätzlich an den Verstorbenen erinnern sollte. Es spricht aber auch für seine besondere Stellung in Friesach.

Vischl war Doktor beider Rechte, Propst der Kollegiatkirchen St. Bartholomäus2) und St. Virgilius (Virgilienberg)3), von 1547 bis 1558 Erzdiakon von Kärnten4) und Rat des Salzburger Erzbischofs Ernst Herzog von Bayern, der von 1540 bis 1554 dem Erzbistum vorstand: Auch diese Angabe dokumentiert die Fertigung des Epitaphs um 1553, denn ab 1554 hätte er EB Michael von Kuenburg (1554–1560) bzw. auch noch EB Johann Jakob von Khuen-Belasy (1560–1586) anführen müssen. Er stammte „vom Berg Remschnigg“ bei Arnfels, nahe der Kärntner Grenze; die Burg Arnfels (und auch Remschnigg?) befanden sich auch im Besitz des Erzstiftes Salzburg. Georg Vischl war nach „Viktringer Urkunden“5) schon 1542 Propst des Kollegiatkapitels St. Bartholomäus, bei R. Jernej6) wird er für die Jahre von 1545 bis 1556 in dieser Funktion angegeben, sicher hat er diese aber wohl bis zu seinem Tod 1565 ausgeübt. Seine Herkunft aus der Steiermark legt die Suche nach genealogischen Verbindung ebendort nahe: ein Hans Vischl wird 1516 genannt7), 1522 neuerlich als „Hubmeister zu Grätz und Kellermeister zu Steyer“8), der einen Hof bei Bad St. Leonhard im Lavanttal besaß. Sein Sohn Andrä Vischl kaufte 1545 den „Schwartzturm oder Pfeilberg“ in Fürstenfeld9). Georg könnte der Sohn des Hans und der Bruder des Andrä Vischl gewesen sein. In Friesach trat als sein Erbe ein Matthäus Waldner, Bürger zu Friesach10), auf: Entweder war er der Letzte seines Geschlechtes, was eher unwahrscheinlich ist, oder er hat eben einen Friesacher Bürger als Erben eingesetzt.

1) Vgl. Kat.-Nr. 415. – Die genealogische Zuordnung wird durch den Wappennachweis zusätzlich erschwert, denn das W. auf den beiden Grabdenkmalen ist in dieser Form nicht belegt: vgl. dazu Kraßler, Wappenschlüssel 229 (halbaufgerichteter Biber mit Fisch in der Pranke, 1544); Si 3/82 (in Rot ein silberner Schräglinksbalken, belegt mit einem linksaufsteigenden Wolf, der im Maul einen Fisch hält); Si 4/185. – Bay A1 189, Taf. 192.
2) Sacherer, St. Virgil 61–63.
3) Jernej, Kollegiatstift 2001, 69, 107, 120.
4) Sacherer, St. Virgil 61–63: hier richtige Angabe des Todesdatums und seiner Amtszeiten, was bei der jüngeren Arbeit von R. Jernej leider nicht der Fall ist. – Jernej, Kollegiatstift 2001, 141: hier wird irrtümlich vermerkt, dass auf dem Grabdenkmal als Todesjahr 1556 angegeben sei.
5) Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 40: Zitat fehlt.
6) Jernej, Kollegiatstift 2001, 141.
7) Baravalle, Burgen und Schlösser 138.
8) Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 40.
9) Baravalle, Burgen und Schlösser 138.
10) Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 40.
Literatur

KLA, Hs. GV 9/22, fol. 1r. – Hohenauer, Friesach 113. – Herrmann H., Friesach in Kärnthen XXIV. – Lind, Reisenotizen 1880, LXXIV. – Lind, Beiträge 2. – Hauser Hu., Illustrierter Führer 40. – Zedrosser, Friesach 1926, 62. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 213. – Zedrosser, Friesach 1953, 121. – Milesi, Grabplastik 33, Abb. 52. – Reichmann-Endres, St. Bartholomäus 21. – Kienzl/Deuer, Renaissance 34, Abb. 16. – Dehio Kärnten 2001, 164.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 413,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil3/kaernten-2-obj413.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 172: Epitaph Georg
Vischl (1553, 1565)
©  Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)