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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

438 Eberstein, Burgkapelle, ehem. Pfk. hl. Georg 1562

Wandmalerei mit der Darstellung der protestantischen Thematik von „Gesetz und Gnade“, die bei den Restaurierungsarbeiten in der Burgkapelle 1993 und 1994 freigelegt werden konnte. Die Malereien reichen an der nördlichen Spitzbogenschildwand des Langhauses vom Boden hinauf bis zum Gewölbe. Der untere Teil zeigt die Stifterfamilie dieser Fresken, die Welzer von Eberstein: Links sind an eine kniende, schwarzgekleidete Frauengestalt deren eine Tochter und zwei Söhne angereiht, die aber nicht mehr deutlich erkennbar sind. Eine männliche, ebenfalls kniende Figur, wohl der Ehemann, beschließt die erste Familiengruppe. Dieser Stiftergruppe ist eine W.-Malerei vorangestellt, wobei allerdings nur mehr das W. der Welzer von Eberstein gut zu erkennen ist (mit Helmzier und Helmdecken), von einem links unten beigefügten W. ist nur der Federbusch als Helmzier eines W. zu sehen. Im Mittelteil eröffnet links ein Mann eine weitere Figurengruppe, die aus 9 Söhnen und 3 Töchtern (über den Köpfen befanden sich einfache Spruchbänder mit den Namens-Iss.) besteht, wobei die Mutter ganz rechts noch gut zu sehen ist. Das eigentliche Stifterpaar steht ganz rechts und ist in seiner großformatigen Darstellung deutlich von den anderen Personen hervorgehoben, vorne der Mann, rechts neben ihm seine Frau. Unter der Familiendarstellung ist ein weißer Bildstreifen zur Beschriftung der Stiftungs-Is. vorhanden, wobei allerdings auch hier die Bu. sehr stark verschliffen und nur stellenweise zu lesen sind (I). Über den Familienmitgliedern sind Spruchbänder zu erkennen, die ebenfalls beschriftet waren (IIa–d). Über dem Stifterpaar ist in einer Trennzone zum darüberliegenden Gemälde eine weiße Schrifttafel eingefügt, auf der eine vierzeilige Is. (III) noch teilweise zu erkennen ist. Über diesem Gedächtnisteil der Stifterfamilie folgt die wesentlich besser erhaltene Malerei mit dem katechetischen Konzept der Thematik von „Gesetz und Gnade“. In die Bildachse ist der Baum des Todes und des Lebens gestellt, links bezogen auf die alttestamentarische Ikonographie mit den symbolischen verdorrten Ästen, rechts mit dem Geschehen aus dem Neuen Testament und dem symbolisch grünen Laubbewuchs des Baumes1). Der Baum trennt im Sinne Luthers diese beiden biblischen Bereiche. Am Fuß desselben sind Adam und Moses dargestellt, begleitet von Figuren, mit dem Blick auf den Gekreuzigten. Vor Moses stehen die Gesetzestafeln, die mit Majuskel-Bu. und Minuskelformen ohne erkenntlichen Sinnzusammenhang beschriftet sind. Links davon sieht man die Errichtung der Ehernen Schlange über einem Kreuz, das unterlegt ist von einer weißen Schrifttafel mit einer vierzeiligen Is. (IV). Über der Ehernen Schlange wird in einer eigenen Bildszene die Opferung Isaaks als protestantische Präfiguration des Opfertodes Christi gezeigt. Auf der rechten Seite, der Seite des Neuen Testamentes, tritt die Darstellung des Gekreuzigten als zentrales Motiv in den Mittelpunkt. Am Kreuzfuß ist das Osterlamm zu sehen, mit einem Spruchband, dessen Beschriftung allerdings schon stark verschliffen ist (V). Ein weiteres Spruchband begleitet die linke Seite des Kruzifixes (VI). Am oberen Schaft wird Jesus in der Kreuzinschrift bezeichnet (VII). Beide Bildhälften werden schließlich durch die bekrönende Himmelsdarstellung wieder zusammengefügt.

B. ± 370 cm, Bu. I. 4 cm, III. 2,5 (4,5) cm. – Fraktur mit Einstreuung gotischer Minuskelbuchstaben (I–VI), Kapitalis (VII).


Textedition
			

I. Das Gemeld Ist Volbr[acht – – – 1]562 [– – – Wen]zl Aichle[r – – – IIa. O herr Erhöre [– – – IIb. Herr Du hast [– – – IIc. Zu lam[b – – – IId. – – –] bechers . III. Dises Gegenwürtig Gemald Ist Gott [– – – / – – –] Und [– – –] durch den edlen Gestrengena) [– – – / – – –]zu Eberstain Rö(misch) Kay(serlicher) M(aies)t(ät) [– – –] Auch / [– – -] herrn allen zur Ehrlichen Gedachtnuß gemacht [– – – IV. Zu Gleicher Weis Wie mose(s)b) die schlang / In d[er] Wüeste Erhecht Also Muess / Des M[enschen Soh]n auch Erhecht Werden / [– – –] Johan(nes) 3 C(apitel) V. Das Blut Jesu christi macht uns [– – –] Rain von Aller Sünde I Johan(nes) VI. Sich an Cristus das lamb // Gottes welches hinnimbt d[ie] // sindt der welt / Joha(nnes) · I · VII. I N R I

Anmerkungen
a) hier folgt wohl der Name des Stifters, bei Mahlknecht steht: zu Christum Jesu.
b) der letzte Bu. wird vom Kreuzstamm verdeckt.

Joh 3,14 (IV); 1 Joh 1,7 (V); Joh 1,29 (VI).


Wappen: Welzer von Eberstein2).


Kommentar

Die Malerei in der Burgkapelle stellt ein wichtiges Zeugnis der Protestantenkunst in Kärnten dar3) und belegt auch, dass die Stifterfamilie der Welzer zu Eberstein um 1562 bereits evangelisch geworden war. Als Stifter kommt wohl nur Leonhard I. Welzer von Eberstein in Frage, der seit 1562 kaiserlicher Rat4) war und dessen Belehnung mit Eberstein (1560) sich lange hinauszog, da er die Aufsandbriefe einiger bereits emigrierter Familienmitglieder nicht aufbringen konnte5). Er war mit Susanna von Obdach verheiratet und ihr W. wird möglicherweise sich neben dem Welzerischen befunden haben. Leonhard I. Welzer war ab 1573 Verwalter der Kärntner Landeshauptmannschaft6) und wirkte daneben von 1564 bis 1574 als Burggraf von Klagenfurt7). Sein Grabdenkmal befindet sich außen an der Nordseite des Domes in Klagenfurt. Der Maler Wentzel Aichler aus Spittal/Drau ist durch mehrere Arbeiten belegt, so in Gurk (vgl. Kat.-Nr. 433), in St. Kanzian und in der Liechtensteiner Kapelle in Murau.

1) Vgl. dazu: Arbor mortis est lex, arbor vitae est Evangelium seu Christi.
2) Si 3/91. – Kä 90. – OÖ 164.
3) Mahlknecht, Gesetz- und Gnade-Darstellungen 162.
4) Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1960, 262. – Leitner F., Epitaphien der Welzer 77.
5) Wießner, Burgen 20. – Stumberger, Welzer 180f., 375,.
6) Stumberger, Welzer 182.
7) Manhart, Burggrafenamt 47.
Literatur

Mahlknecht, Gesetz- und Gnade-Darstellungen 160–172. – Kienzl/Deuer, Renaissance 102, Abb. 72. – Dehio Kärnten 2001, 99.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 438,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil3/kaernten-2-obj438.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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