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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

504 Friesach, Stpfk. hl. Bartholomäus 1578

Epitaph aus rotem Marmor des Johann Agricola, im südlichen Seitenschiff auf der Ostseite des zweiten Pfeilers. Oben ist in einer renaissancezeitlichen Säulenarchitektur mit Rundbogen Christus am Kreuz dargestellt, darüber eine einzeilige Is. (I); zu Füßen des Gekreuzigten kniet links der geistliche Stifter als Priester im Chorgewand mit dem Rosenkranz in den Händen, im Hintergrund eine Landschaft mit Kalvarienberg; links findet sich ein Relief-W. Unten ist eine mit schönem Rollwerk gezierte Schrifttafel gestaltet, darauf eine zwölfzeilige Is. (II).

H. 178 cm, B. 93,5 cm, Bu. 3,2 (5,2) cm. – Kapitalis.


Textedition
			

I. · I · N · R · I II. D(EO)a) · O(PTIMO)a) · M(AXIMO)a) · / VEN͜ERABILISa). PIVS . ET. PERDOCTVS. D(OMI)N(V)S, / IOAN͜NESa). AGRICOLAa). ARTIVM. LIBERALI=/VM. ET. PHI(LOSOPHI)A͜E M(A)G(ISTE)R. QVI. POSTQVA(M) ARCHI=/DIACONATVI. INFERIORIS. CARINTHIA͜E. / N͜EC. NON CVM. PRA͜EPOSITVRA͜E. IN MON=/TE. S(ANCTI) VIRGILII. DVM. DECANATVI. AD. S(ANCTVM) / BARTHOLOMEVM. FRISACII. PER. AN(N)OS / ALIQVOT. LAVDABILITER. ET. STRENVE. / PRA͜EFVISSET. FOELICITER. DIEM. SVVM / CLAVSIT. VLT(IMO) IANVARII. / AN͜NO. M · D · LXXVIII ·

Anmerkungen
a) vergrößerter Anfangsbuchstabe.

Dem besten und größten Gott. Der hochwürdige, fromme und wohlgelehrte Herr Johann Agricola, Magister der freien Künste und der Philosophie, beschloss, nachdem er dem Archidiakonat von Unterkärnten und der Propstei am Virgilienberg sowie dem Dekanat von St. Bartholomäus in Friesach durch einige Jahre hindurch lobenswert und eifrig vorgestanden war, glücklich seinen Tag am letzten (Tag) des Januar im Jahre 1578.


Datum: 1578 Jänner 31.

Wappen: Agricola1).


Kommentar

Magister Johann Agricola war von 1571 bis 1578 Erzdiakon (Archidiakon) von Unterkärnten2), Propst von Virgilienberg (1570–1578)3) und von 1567 bis 1578 Dechant des Kollegiatstiftes St. Bartholomäus4). Es ist sehr wahrscheinlich, dass er ein Bruder, zumindest aber ein naher Verwandter des Dr. Georg Agricola war, der zuvor von 1567 bis 1570 Propst der Kollegiatkirche St. Bartholomäus5) und Propst von Virgilienberg6) gewesen war. Georg Agricola hat 1565 zugunsten seines Bruders Johann Agricola auf das Kanonikat zu St. Bartholomäus verzichtet7), der als Kleriker aus der Diözese Bamberg bezeichnet wird. Georg Agricola wurde 1570 Bischof von Lavant8), 1572 Bischof von Seckau9). 1601 wird ein Dr. Johannes Agricola, Domherr und Vikar zu Brixen, in Begleitung des Gurker Weihbischofs und Propstes Karl von Grimming genannt10).

1) Bürgerliches W.: geteilter Schild, oben zwischen je einer Schaufel ein Ährenkranz, unten zwei Balken; Helm mit Wulst, daraus wachs. ein oberh. Bauer mit dem Ährenkranz am Kopf und einer Haue geschultert (red. W.).
2) Neckheim, Grabmalplastik 1940, 203. – Tropper P., Missionsgebiet 353. – Jernej, Kollegiatstift 2001, 69 (hier von 1570–1578). – Beide titulieren Johann Agricola als Doktor, was er nicht war; er wird als perdoctus, also als sehr gelehrt ausgewiesen, war aber Magister der Künste und Philosophie.
3) Sacherer, St. Virgil 63f.: Hier wird er ebenfalls irrtümlich als „Doktor“ bezeichnet, richtig ist vielmehr „Magister“.
4) Jernej, Kollegiatstift 2001, 145f. führt ihn als Kanoniker, unter den Dekanen kommt er nicht vor.
5) Ebenda 143.
6) Tangl, Bischöfe von Lavant 228f. – Hauser Hu., Profan- und Kirchen-Geschichte 23: Dr. Georg Agricola, Propst zu St. Bartholomäus und Mag. Johann Agricola, Propst von Virgilienberg und Dechant von St. Bartholomäus, werden gemeinsam als Zeugen genannt.
7) Jernej, Kollegiatstift 2001, 32.
8) Tangl, Bischöfe von Lavant 228. – Hauser Hu., Profan- und Kirchen-Geschichte 23: er behielt demnach auf Lebenszeit die Propstei in Friesach. – Tropper P., Missionsgebiet 208, 353.
9) Roth, Seckau 524.
10) Obersteiner, Tagebuch 1952, 342.
Literatur

KLA, Hs. GV 9/22, fol. 1v–2r. – Hohenauer, Friesach 113. – Benedikt, Mittheilungen 178. – Herrmann H., Friesach in Kärnthen XXV. – Beckh-Widmanstetter, Grabsteine Friesach 1882, 40f. – Hauser Hu., Profan- und Kirchen-Geschichte 24. – Ders., Illustrierter Führer 40. – Zedrosser, Friesach 1926, 62. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 64. – Zedrosser, Friesach 1953, 122. – Milesi, Grabplastik 34, Abb. 53. – Reichmann-Endres, St. Bartholomäus 21. – Kienzl/Deuer, Renaissance 29f., Abb. 12. – Dehio Kärnten 2001, 164.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 504,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil3/kaernten-2-obj504.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 202: Epitaph
Johann Agricola (1578)
©  Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)