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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

553 Friesach, Dominikanerk. hl. Nikolaus nach 1587

Epitaph aus weißem Marmor des Johann Jakob Freiherren von Thannhausen an der Nordwand der Dominikuskapelle (ehemals Thannhausenkapelle). Der vierstöckige ädikulaartige Aufbau gliedert das schöne renaissancezeitliche Grabdenkmal: Auf zwei geschwungenen und ornamentierten Konsolen ruht eine mit Rollwerkrahmung gefaßte Is.-Tafel mit einer neunzeiligen Is. (I). Das annähernd rechteckige Bildfeld darüber wird seitlich von Lisenen mit ineinander übergreifenden Kreisornamenten, die innen mit polychromierten Blattmotiven besetzt sind, begleitet. In die Rundbogenarchitektur ist in die Mitte Christus am Kreuz gestellt, zu Füßen des Gekreuzigten kniet in der Manier der Epitaphik des 16. Jahrhunderts links der gerüstete Ritter Johann Jakob von Thannhausen, vor sich den heraldisch-bekrönten Helm, links ist seine Ehefrau und zugleich Stifterin dieses Epitaphs mit ihren beiden Töchtern abgebildet, dabei finden sich auf zwei Spruchbändern die Namens-Iss. (IIa, b). Im Hintergrund erscheinen im Wolkenband Engelsköpfe. Über dem Gekreuzigten ist ein einzeiliges Schriftband (III) angebracht. Der Mittelteil des Epitaphs wird von einer Marmortafel überhöht, die seitlich abgerundet ist, das darunterliegende Gesims einbindend. In der Mitte dieses dritten Aufbauabschnittes ist in einer erhaben gearbeiteten und mit renaissancezeitlichem Rollwerk dekorierten Schrifttafel eine achtzeilige Is. (IV) festgehalten. Rechts und links von dieser Schrifttafel ist je ein Relief-W. gemeißelt. Ein halbrunder Aufsatz beschließt den Epitaphaufbau mit der Darstellung des Himmelvaters mit der Weltkugel, flankiert von zwei Engeln vor Wolkenhintergrund. Das Epitaph bzw. Teile davon waren ursprünglich polychromiert, Reste von Goldfarben sind noch an mehreren Stellen zu erkennen.

H. 386 cm, B. 176 cm, Bu. I. 3,6 (5,2) cm, II. 2,2, cm, III. 2,4 cm, IV. 3 (4) cm. – Fraktur (I, II, IV), Kapitalis (III).


Textedition
			

I. Hie ligt vnd rueht in Gott, der Wolgeborne Herr, Herr Hannsz Jacob / Freyherr Von Thanhausen, Erbtruchses des Ertzstifft Saltzburg; / Welicher den .23. tag Sebtembris, des .1560. Jars, in Chri=/sto seligkliche(n) Entschlaffe(n) ist, Gott der Allmechtig verleihe / Jhme, durch Christum, ein fröliche aufferstehung Amen: / Vnda) hat dises Epitaphio, Jme Zu Eren, und gedechtnus hieher machen vnd / aufrichten lassen, sein geweste Gemahel, die Wolgebörne Fraw, Fraw Anna, / Jetz Freyin zu Teuffenpach, Fraw Zu Muerau, / gebörne Neumanin zu Wasserleonbur(g). IIa. Barbara · IIb. Elisabeta · III. I · N · R · Ib) · IV. Fürwar er trug unser Kranckheit, vn(d) lud auff / sich vnser Schmertze(n), wir aber hielte(n) Jn fur den, / der geplaget vnd von Gott geschlage(n), vn(d) gemart=/ert were. Aber er ist vmb vnser Missethat / wille(n) verwundet, vnd vmb vnser Sünde wille(n) / zuschlagen. Die Straffe ligt auff im, Auff dasz / wir Fride(n) hetten, Vnd durch seine Wunden sind / wir geheilet: Jesaia Am .53. Capitel.

Anmerkungen
a) ab der 6. Zeile wird die Schrift wesentlich kleiner.
b) die Bu. sind mit Goldfarbe nachgezogen. – Trennzeichen: quadrangelförmiger Punkt auf Zeilenmitte.

Jes 53,4f.


Datum: 1560 September 23.

Wappen: Thannhausen1), Neumann von Wasserleonburg2).


Kommentar

Johann Jakob Freiherr von Thannhausen war ein Sohn des Franz I. Freiherr von Thannhausen (vgl. Kat.-Nr. 378†) und der Regina Freiin von Firmian3). Er heiratete 1557 die damals 22-jährige Anna Neumann von Wasserleonburg4) und hatte mit ihr zwei Töchter: Elisabeth und Barbara. Es waren dies die einzigen Kinder der Anna Neumann in sechs Ehen, der erwünschte Sohn, Stammhalter und Erbe blieb ihr versagt. Die ältere Tochter war mit Leonhard von Kollnitz verheiratet5), dessen Grabplatte sich in der Kirche St. Martin im Granitztal befindet; von der jüngeren Barbara ist kein Ehemann bekannt. Über das Leben und Wirken des Johann Jakob von Thannhausen erfahren wir eigentlich nichts, der Grabinschrift entnehmen wir, dass er Salzburgischer Erbtruchseß war; belegt ist er in dieser Funktion aber nicht. Seine Witwe hat das Epitaph erst Jahre nach seinem Tode errichten lassen: Als Stifterin nannte sie sich Freiin zu Teuffenbach, einen Titel, den sie erst durch ihre Ehe mit Karl Freiherr von Teuffenbach, es war dies ihre vierte Ehe, 1587 erworben hatte. Das Grabdenkmal für den am 23. September 1560 verstorbenen ersten Ehemann Johann Jakob Freiherr von Thannhausen, der in der Dominikanerkirche zu Friesach seine Grablege gefunden hatte, kann demnach wohl erst nach dem 9. Februar 1587 (Datum des Ehevertrages) in Auftrag gegeben worden sein.

1) Si 1/22. – Bay A3 105f., Taf. 69. – NÖ/2 321, Taf. 153, auch 661. – Si Sa 66, Taf. 27.
2) W.: gepalten, vorne ein Pfahl, hinten belegt mit einem sechsstrahligen Stern und eines zunehmenden Mond; Bügelhelm und Helmdecken, Helmzier ein off. Flug, vorne belegt mit dem Pfahl, hinten mit dem Stern und Mond.
3) Bucelinus, Germaniae p. 3 231: hier wird er als viertgeborener Sohn angegeben. – Beckh-Widmanstetter L., Studien Grabsteine 106f.
4) Sie war die Tochter des Villacher Gewerken und Handelsmannes Wilhelm Neumann und seiner zweiten Ehefrau, Barbara Rumpf von Wulroß, geboren am 23. November 1535. Anna Neumann war insgesamt sechsmal verheiratet: Mit 22 Jahren heiratete sie Johann Jakob Freiherr von Thannhausen (1557–1560). Mit 31 ehelichte sie 1566 Christoph von Liechtenstein, Herr auf Murau, der einem alten steirischen Adelsgeschlecht entstammte (1566–1580). Mit 47 Jahren ging Anna Neumann eine dritte Ehe ein: Diesmal wurde Ludwig von Ungnad, Freiherr zu Sonegg, ihr Ehegemahl (1581–1584). Zwei Jahre später verheiratete sich Anna Neumann erneut. Diesmal ehelichte sie ihren Gutsnachbarn in Murau, Freiherrn Karl von Teuffenbach (1587–1610). Es war dies die längste Ehe der Anna Neumann, sie dauerte über zwanzig Jahre. Der fünfte Ehemann war der um 1581 geborene Ferdinand Graf von Ortenburg-Salamanca (1611–1616). Die Heirat erfolgte 1611, Anna Neumann war zu diesem Zeitpunkt bereits 76 Jahre alt. Sie heiratete im hohen Alter von 82 Jahren nochmals, diesmal den 31-jährigen Grafen Georg Ludwig von Schwarzenberg (1617–1623). Am 20. Oktober 1617 verschrieb sie ihm die Herrschaften Murau und Grünfels samt allem Grundbesitz, das gesamte Vermögen in Gold und Silber, Geld und Kleinodien, sämtlichen Hausrat und alle übrigen Vorräte. Sie begründete damit den reichen steirischen Besitz der späteren Fürsten Schwarzenberg. Anna Neumann von Wasserleonburg, Herrin auf Murau, Gräfin Schwarzenberg, starb am 18. Dezember 1623, im hohen Alter von 88 Jahren. Ein schönes Grabmal in der Spitalskirche in Murau, gefertigt vom bedeutenden Plastiker Martin Pacobello aus Klagenfurt, erinnert an diese interessante Frau. – Vgl. dazu Eichhorn, Merkwürdige kärntnerische Dame 18. – Hermann H., Kholnitz 73f. – Bergmann, Anna Neumann 57f., 66f. – Wurzbach, Biographisches Lexikon Bd. 22 288f. – Raab, Thannhausen 24 (Anm. 9). – Beckh-Widmanstetter L., Studien Grabsteine 96–128. – Blank, Wilhelm Neumann 353f. – Baravalle, Burgen und Schlösser 493. – Haller, Wilhelm Neumann 442f. – Henckel, Burgen Bd. 1 95. – Rauber- Zimmer, Anna Neumann 149–154.
5) Bucelinus, Germaniae p. 3 231. – Raab, Thannhausen 24. – In zweiter Ehe war sie mit Christoph Freiherr von Auersperg verheiratet, nach Hermann H., Kholnitz 74 mit Ritter Adam von Hallegg: dieser war mit Elisabeth, der Tochter des Paul Freiherr von Thannhausen, verheiratet; vgl. auch Rauber-Zimmer, Anna Neumann 152: beide Ehen blieben kinderlos; vgl. dazu auch Beckh-Widmanstetter L., Grabdenkmäler Thannhausen, Stammtafel zu S. 32.
Literatur

KLA, Hs. GV 10/53, 248. – STLA, Stadl, Ehrenspiegel IV, fol. 636. – Hohenauer, Friesach 132. – Benedikt, Mittheilungen 171, 179. – Herrmann H., Friesach in Kärnthen XXVII. – Bergmann, Anna Gräfin zu Schwarzenberg 1860, 207–211. – Raab, Thannhausen 24. – Beckh-Widmanstetter L., Studien Grabsteine 106f. – Ders., Grabdenkmäler Thannhausen 26f. – Hauser Hu., Illustrierter Führer 30. – Zedrosser, Friesach 1926, 72. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 78. – Zedrosser, Friesach 1953, 139. – Lang R., Dominikanerkirche 15. – Kienzl/Deuer, Renaissance 37f., Abb. 19. – Leitner F., Gabrielus Bucelinus 685f. – Dehio Kärnten 2001,170.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 553,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil3/kaernten-2-obj553.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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Abbildungen

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Abb. 214: Epitaph Johann Jakob
von Thannhausen (nach 1587)
©  Landesmuseum Kärnten (Ulrich Peter Schwarz)