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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

589 Gurk, Pfk. u. ehem. Domkirche Mariae Himmelfahrt (1598)

Wandmalerei in den drei Apsiden und an der Stirnwand vor den drei Altären; die Malereien füllen den Raum der Hauptapside (A) und werden teilweise vom davorstehenden Hauptaltar verdeckt; auch die beiden Seitenapsiden sind ausgemalt und werden links (B) vom Stephansaltar (nordseitige Apside) teilweise verdeckt, rechts (C) durch den Petersaltar vor der südseitigen Apside. Erhalten haben sich bei der Hauptapside hinter dem Hochaltar (A) im Gewölbe die Krönung Mariä mit zwei zweizeiligen Schriftbändern (I/1, Apsisgewölbe links, I/2, Apsisgewölbe rechts); darunter rechts und links die Stifter der Malereien, Propst Grimming und Bischof Spaur. An den Wänden der Apsis ist weiters die Geburt Mariä, die Verkündigung durch den Engel Gabriel und die Himmelfahrt Mariä dargestellt, dabei stehen allerdings keine Iss. Auf der Innenseite des Apsisbogens sind verschiedene Heilige dargestellt, zumindest aber 10 Medaillons, dabei noch sieben teilweise sichtbare, zumeist zweizeilige Iss. (I/3 a-g, v.l.n.r.), großteils verdeckt oder verschliffen. Der Stephansaltar (1637/38) verdeckt die nordseitige Apsis (B), die ursprünglich wohl zur Gänze mit Malereien ausgefüllt war; davon hat sich etwa nur mehr die Hälfte erhalten. Am bzw. über dem Apsisbogen haben sich Iss. (II/1, am Apsisbogen, II/2, über dem Apsisbogen) erhalten. Darüber ist die allseits Wohltaten spendende Caritas dargestellt, in den Zwickeln darüber die Kirchenväter Ambrosius und Augustinus. Im Fenstergewände finden sich die Hll. Franziskus und Antonius (II/3a, b, rechts und links in der Fensterlaibung). Außen am nördlichen Gurtbogen zwischen Haupt- und linkem Seitenaltar ist das Bildnis der Stifterin Hemma von Gurk (II/4) dargestellt, weitere Bilder wie das ihres Mannes Wilhelm haben sich nicht erhalten. Auf der Innenseite des Apsisbogens wurden 12 Heilige in rechteckigen Bildfeldern gemalt, neun der Beischriften zumindest noch teilweise sichtbar (II/5a-i, v.l.n.r.). In den unteren Zwickeln der Apsis sind Symbolfiguren der Kardinaltugenden wie Gerechtigkeit und Klugheit festgehalten. Die Malereien der Apsis behandeln die Steinigung des hl. Stephan, das Emmausmahl, die Gemeinschaft der ersten Christen mit dem Brotbrechen. Die südseitige Apsis wird von dem Petersaltar aus 1637/38 verdeckt (C). Iss. finden sich hier am bzw. über dem Apsisbogen (III/1, am Apsisbogen, III/2, über dem Apsisbogen). Die Malereien wurden hier schon 1924/25 freigelegt und zeigen oben im Mittelstück die Schlüsselübergabe an den hl. Petrus. In den Zwickeln darüber sind die beiden Kirchenväter Gregorius und Ambrosius abgebildet, im Fenstergewände die Hll. Bernhard und Dominikus (III/3a, b, rechts und links in der Fensterlaibung). In den unteren Zwickeln der Apsis werden die beiden übrigen Kardinaltugenden, die Mäßigung und die Stärke, wiedergegeben. Im Apsisgewölbe finden sich die Malereien: rechts Petrus, links Paulus mit ihrer Marter, ferner die Ermordung der unschuldigen Kinder von Bethlehem. Auf der Innenseite des Apsisbogens sind in hochrechteckigen Bildfeldern die Zwölf Apostel aufgenommen, neun der Beischriften sind noch erhalten (III/4a-i, v.l.n.r.).

Fraktur (A I/1 u. I/2), Kapitalis (A I/3-C III/4).


Textedition
			

A I/1. Me tibi Virgo Pia, / Dei Genitrix Commendo Maria A I/2. Virgo Virginum decora, / Christu(m) tuu(m) fili(um) Pronobis [exora] A I/3a. – – –]SAL. / [– – –]XXIa). A I/3b. – – –]IAS . / [– – –]II. A I/3c. – – –]TER . / [– – –]III. A I/3d. AGG[– – –] / [– – –]II A I/3e. IERE[MIAS] / [– – –]XX A I/3f. CAN[– – –] / III[– – – A I/3g. [S.] LVC[AS] B II/1. BEATI · MISERICORDES · QVONIAMb) // IPSI · MISERICORDIAM CONSEQVENTVR B II/2. SIc) HABVERO OMNE(M) / FIDEM ITA VT MO(N)TES / TRANSFERAM SI CA=/RITATEM AVTEM NON / HABVERO NIHIL M(E SVM)d) B II/3a. S. FRANe) B II/3b. S. ANTf) B II/4. B . HEMMA . B II/5a. [S . DI]ONYSI[VS] B II/5b. [S .] C[HRI]STO[PHORVS] B II/5c. S . FLORIANVS . B II/5d. S . LAVRENTIVS . B II/5e. S . VINCENTIVS B II/5f. S . S[EBASTIA]NVS B II/5g. S . GEORGIVS . B II/5h. [S . I]GNATIVS B II/5i. S . LAMPERTVS C III/1. TV ES PETRVS ET SVPER HANC PETRAM AEDIFICABO ECCLESIAM MEA(M)g) ET PORTAE INFERI NON PRAEVALEBVNT ADVERSVS [EA(M)] C III/2. PETREc) AMAS ME? h) DO/MINE TV OMNIA SCIS / TV SCIS QVIA AMO / PASCE OVES M͜EAS / IOH(ANNES) XXI C III/3a. S . BERi) C III/3b. S . DOMj) C III/4a. S . IOANNES . C III/4a. S . PHILIPPVS . C III/4a. S . BARTHOLO(MÄVS) C III/4a. S . THOMAS . C III/4a. S . MATTHIAS C III/4a. S . MATTHAE C III/4a. S . S[IMON] C III/4a. S . IVDAS T(H)A[DDÄVS] C III/4a. S . IACOBVS MI[NOR]

Anmerkungen
a) von den ca. 10 Medaillons mit Heiligendarstellungen sind die meisten durch den Einbau des Hochaltares verdeckt und z. Z. nicht zu lesen, teilweise sind diese Iss. auch stark verschliffen.
b) die Is. wird hier durch die Is. II/2 geteilt und getrennt; schwarze Schrift auf gelbem Grund.
c) vergrößerter Anfangsbuchstabe.
d) ein Kürzungszeichen fehlt.
e) wohl für FRANCISCVS.
f) wohl für ANTONIVS.
g) die Is. wird hier durch die Is. III/2 geteilt und getrennt.
h) ? hochgestellt und retrograd.
i) wohl für BERNARDVS.
j) wohl für DOMINICVS.

Ich vertraue mich dir an, fromme Jungfrau und Gottesmutter Maria (A I/1).
Jungfrau, Zierde der Jungfrauen, bitte für uns Christus, deinen Sohn (AI/2).
Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden selbst Barmherzigkeit erlangen (B II/1).
Wenn ich allen Glauben hätte, so dass ich Berge versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich nichts (BII/2).
Du bist Petrus und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche erbauen und die Pforten der Hölle werden gegen sie nichts ausrichten können (C III/1).
Petrus, liebst du mich? Herr, du weißt alles; du weißt auch, dass ich dich liebe. Weide meine Schafe! ( Johannes 21) (C III/2).

Mt 5,7 (B II/1); I Cor 13,2 (B II/2); Mt 16,18 (C III/1); nach Io 21, 15 (C III/2).


Kommentar

Die Ausmalung der drei Apsiden geht auf den Gurker Dompropst Karl von Grimming (1570–1611) zurück (vgl. Kat.-Nr. 634), der unter dem Patronat seines Bischofs Christoph Andreas von Spaur1) (1573–1603) den Klagenfurter Maler Anton Plumenthal im Jahre 1598 mit der Ausmalung der drei Apsiden des Gurker Domes beauftragt hatte2). In dem Kontrakt zwischen dem Propst Grimming und dem „ersamen beschaiden Maister Anthonin Pluementhal, Mahler und Bürger Zu Clagenfurt“3) vom 6. Juni 1598 wurde der genaue Umfang der Arbeiten festgelegt. Es ist ein einzigartiges Dokument, welches den genauen Arbeitsauftrag beschreibt und damit eine zeitgenössische Auflistung der einzelnen Gemäldezyklen übermittelt. Im Kontrakt – er ist zu vergleichen mit den noch erhaltenen Malereien – heißt es4): Was gestallt er die drey abseitten im Chor alhie von unden an biß auf die höhe nicht allein biß auf die Schwipögen, sunnder gar biß auf das Obriste gewölb sambt den stainin Seulen durch und durch Volgender massen Innwendig in den Schwipögen, mit ölfarben, die fordern thail aber mit andren frischen beständigen farben fleissig unnd sauber noch disen Sum(m)er ausmahlen. Erstlichen soll Er neben dem hohen Altar oben über baide Abseitten, und das gewölb, volgendermassen, unnd beschriebnen figuren mahlen. Nemblichen Undern Pogen, die Crönunng Maria. Auf der rechten seitten, gegen dem hochwürdigen Sacramente, die geburt Mariae. Auf der linkhen seitten die himelfahrth Mariae, Vom Pogen hinauf den Salvatorem, mit Engeln unnd iren Rauchfessern, Herab aber Innerhalb neben den Seulen, die acht Engeln mit den Wapen der Marter Christi. Auf die Seulen aber St. Wilhelbm unnd St. Hema, St. Augustin unnd St. Rueprecht. Die Seitten bei St. Stephan altar obern Inwendig denn Pögen, die Stainigung Stephani. Auf der rechten seitten die Histori von Emaus. Auf der linkhen seitten, wie die Jünnger Christi bey ainander waren in ainigkheit des pettens, und brechunng des prots. Vom Pogen ab biß auf das hohe gewölb, von der gerechtigkheit des armen Sünnders. Nebens herab etliche heillige Marterer. Bei St. Peters altar oben über, die unschuldigen Kindlein. Auf der rechten seitten St. Peter stehender mit seiner Marter. Auf der linkhen seitten St. Paulus mit einer Marter. Oben auf biß Zum hohen gewölb die Histori, wie Christus St. Peter die Schlissel geben, unnd die Schäflen Zu waiden treulich bevielcht. Nebens herab die Zwölff Aposteln. Anton Plumenthal erhielt für diese Malereien einen Betrag von 216 Gulden. Ein Restaurierungsvermerk an der Stirnwand der nordseitigen Apsis verweist auf die 1926–27 erfolgte Sanierung und Festigung der noch erhaltenen Malereien.

1) Obersteiner, Bischöfe 332f.
2) Hann, Beiträge zur neueren Kunstgeschichte 159. – Jaksch, Testament 133f. – Schnerich, Blumenthalsche Gemälde Sp. 87f. – Jaksch, Klagenfurter Stadterweiterung 60f. – Schnerich, Dom zu Gurk 81, 112. – Wutte, Anton Blumental 48f. – Ginhart/Grimschitz, Gurk 122f. – Milesi, Manierismus 56f.
3) Hann, Beiträge zur neueren Kunstgeschichte 159. – Milesi, Manierismus 57.
4) KA Klagenfurt: Lade 102, Fasz. 2, Nr. 9. – Hann, Beiträge zur neueren Kunstgeschichte 159. – Milesi, Manierismus 57.
Literatur

KA Klagenfurt, Liber memorabilium Capituli Gurcensis p. 154. – Schellander, Wandgemälde 1859, 21f. – Ilg, Kunsttopographische Reisenotizen XXXVII. – Kunsttopographie Kärnten 92f. – Grueber, Hauptapside 182f., Bl. 85. – Schnerich, Neue Beiträge 183. – Hann, Beiträge zur neueren Kunstgeschichte 159. – Jaksch, Testament 133f. – Schnerich, Blumenthalsche Gemälde Sp. 87f. – Jaksch, Klagenfurter Stadterweiterung 60f. – Schnerich, Dom zu Gurk 81, 112. – Wutte, Anton Blumental 48f. – Ginhart/Grimschitz, Gurk 122f. – Löw, Domführer 37ff., 46ff., 50ff. – Schnerich, Dom zu Gurk 77. – Hartwagner, Dom zu Gurk, Bilderläuterungen 130, 148. – Milesi, Manierismus 56f. – Kienzl/Deuer, Renaissance 108, Abb. 77.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 589,
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Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
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Abbildungen

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Abb. 224: Apsis Wandmalerei (1598)
©  Landesmuseum Kärnten (Friedrich W. Leitner)