Inschrift-logo

  Suche         Druck     Hilfe  

 

Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

673 Waitschach (Hüttenberg), Pf k. u. Wallfahrtsk. U. L. Frau 1625, 1626

Altar an der Nordwand des nördlichen Seitenschiffes, bekannt als Landschaftsaltar; es handelt sich dabei um ein großes, buntgefaßtes, viergeschossiges Wandretabel mit weit ausladenden Wangen und quadratischer Predella, darin Christus an der Martersäule mit bezeichnetem Kreuz (I). Am Gesims der Predella ist eine einzeilige Is. festgehalten (II), direkt darüber im Schrein mit der szenischen Wiedergabe der Verkündigung an Maria ist am Podium vor dem Pult eine Schrifttafel mit einer Jz. (III). Die seitlichen Wangen zeigen die beschrifteten Figuren des Königs David mit einer großen Harfe in den Händen (IVa) links und des Propheten Isaias rechts (IVb), dem eine hochrecheckige Schrifttafel beigestellt ist, darauf findet sich eine Bibelstelle (V). Die Säulen des hohen Mittelraumes des Altares tragen gleichsam als mächtige Kämpferstücke große und bezeichnende W.-Schilde. Das dritte Geschoß zeigt die Heimsuchung, seitlich begleitet von den Aposteln Petrus und Paulus. Das Gebälk darüber trägt eine weitere Is. (VI). Im vierten Geschoß erscheint die Madonna im Strahlenkranz. Der breit ausladende Sockelteil des zweiten Geschosses ist reich ornamentiert und zusätzlich mit zwei hochovalen W.-Schilden mit Rollwerkelementen, die in Kurven- und Zapfenumrissen auslaufen, verziert, darüber jeweils zwei Initialen (VIIa, b), im Feld dazwischen findet sich eine Jz. (VIIc); Ganz oben findet sich als Abschluss ein Kreuz, in dessen Strahlenscheibe das Antlitz Gottvaters eingefügt ist, begleitet von den ebenfalls in Strahlenglanz stehenden Gestirnen Sonne und Mond über kleinen Hügeln.

Bu. I. 4 (5,8) cm. – Kapitalis.


Textedition
			

I. INRI II. FELIXa) ES SACRAa) VIRGOa) MARIAa) // ETb) OMNI LAVDE DIGNISSIMAa) · III. · 1626c) · IVa. S · DAVIDa) REXa) ET P(RO)PHE(T)Aa) IVb. S · ISAIASa) PROPH͜ETAa) · V. ISAIA͜Ea) 7 CA͜P(ITVLO) / ECCEa) VIRGOa) / CONCIPIET, ET / PARIET FILIVM, / ET VOCABITVRd) / NOM͜EN EIVS EM=/=MANVEL: BVTYR/=VM ET M͜EL COM͜EDETe) / VT SCIAT REPRO=/=bARE MALVM, / ET ELIGREf) / BONVM. VI. VN͜DEg) HOC MIHI, VT V͜ENIA(T) MAT͜ER D(OMI)NI MEI AD ME VIIa. G: S: VIIb. R: K: VIIc. . 1 . 6 . // 25h) .

Anmerkungen
a) vergrößerter Anfangsbuchstabe.
b) die Is. ist in der Mitte unterbrochen, ohne aber eine Leerstelle im Text aufzuweisen; möglicherweise war diese Leerstelle für die Datierung gedacht.
c) quadrangelförmige Zierpunkte auf Zeilenmitte.
d) Nach dem Vulgata-Text wäre VOCABITIS zu erwarten.
e) Aus Platzgründen wurde das T klein beigestellt.
f) sic!
g) alle Anfangsbuchstaben vergrößert.
h) die Jz. wird durch die beiden W. der Meister getrennt.

Glückselig bist Du, heilige Jungfrau Maria, und vollauf würdig jeden Lobes (II).
Heiliger König und Prophet David (IVa).
Heiliger Prophet Jesaja (IVb).
Jesaja, Kapitel 7: Siehe, eine Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und sein Namen wird sein Immanuel. Butter und Honig wird er essen, um zu lernen, das Schlechte zurückzuweisen und das Gute auszuwählen (V).
Wie geschieht mir, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? (VI).

Responsorium im Graduale in der (Votiv-)Messe von der Hl. Jungfrau Maria (II); Is 7,14f. (V); Lc 1,43 (VI).


Wappen: Erzbischof Lodron1), Kärnten2), unbekannt3), Ernau4).


Kommentar

Der Altar wird als Landschaftsaltar bezeichnet und ist nach den W. wohl eine gemeinsame Stiftung der Kärntner Landstände und des Salzburger Erzbischofs Paris Graf von Lodron (1619–1653). Für die Landstände hat sich als Exponent der ständische Generaleinnehmer, Hektor Ernau von und zu Moosburg und Glanegg, mit seinem W. am Altar verewigt.

In seiner Überhöhung gleicht er einer Riesenmonstranz und stellt nach Richard Milesi5) das beste Beispiel eines dem Manierismus verhafteten, einzigartigen Altarwerkes in Kärnten dar. Milesi stellt den Waitschacher Landschaftsaltar in die Nähe des Jörg Zürn mit dessen Hauptwerk, dem Überlinger Hochaltar (1613–1619), betont aber besonders den manieristischen Aspekt bei diesem Kärntner Altarwerk.

1) Schild geteilt aus Erzbistum Salzburg und Lodron. – KLA, WB A fol. 109. – Si 1/18. – Bi 44. – Bay 15, Taf. 9. – Kä 39, Taf. 4. – NÖ/1 276, Taf. 145. – Si Sa 36, Taf. 15. – Tir 11, Taf. 12. – Wutte, Wappen 132.
2) Neumann, Wappenbuch C 2. – Leitner F., Landeswappen 168.
3) Schild ist durch zwei blattförmige Schilde geteilt, links belegt mit einer Kugel (Werkzeug ?).
4) Si 1/46. – NÖ/1 84, Taf. 41. – KLA, WB A fol. 38, 49, 60, 172, WB B fol. 19, 21, 30, 134, WB C fol. 53a u. 57b. – Wutte, Wappen 125f., 128, 142, 146. – Neumann, Wappenbuch C 57f.
5) Milesi, Manierismus 35f.
Literatur

Lind, Reisenotizen 1880, CLIV. – Kunsttopographie Kärnten 400. – Ginhart, Kunstdenkmäler St. Veit 81f. – Milesi, Manierismus 35f. – Steindl, Lateinische Inschriften Kärnten 144. – Hartwagner, Kärnten 255. – Dehio Kärnten 2001, 1049.



Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, Kat. Nr. 673,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/kaernten-2/teil4/kaernten-2-obj673.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten - Teil 2
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten  Politischer Bezirk St. Veit an der Glan  Waitschach (Hüttenberg), Pf k. u. Wallfahrtsk. U. L. Frau    •  Altar  •  Wandretabel  •  Kapitalis  •  Ernau, Hektor  •  Lodron, Paris  •  Zürns, Jörg  •  Glanegg  •  Moosburg  •  Waitschach, Wallfahrtskirche