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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

107† Dürnstein, ehem. Chorherrenkloster (1483–1499)

Grabdenkmal des Degenhart Schernegker und der Katharina Jagenreuter, bis zu deren Abbruch um 1721 in der Kremserkapelle im alten Kreuzgang südlich der Klosterkirche nahe dem Altar an der Ostwand im Boden1).

Standort und Textwiedergabe nach StiA Herzogenburg, Descriptio Monumentorum Nr. 2.


Textedition
			

Hier ist begraben der Edle Degenhadt Schernegker, undt Catharina Jegenreitterina) Sein Ehlige Haußfraw Anno Domini M CCCC VI

Anmerkungen
a) sinngemäß verbessert; StiA Herzogenburg, Descriptio Monumentorum Nr. 2 unzweifelhaft fälschlich Jegenreinnerin, n vielleicht verlesen aus t mit langem Zierstrich am Balken in der Vorlage.

Kommentar

Degenhart Schernegker zu Dürnstein kaufte 1462 gemeinsam mit seiner Frau Katharina Jagenreuter den Weingarten „der Watstein“ oberhalb von Dürnstein von Hans Kellner2). 1465 erhob er offenbar Forderungen gegen N. Prugkner, einen Diener des Klosters Göttweig3). 1467 fungierte er gemeinsam mit dem Dürnsteiner Chorherren Wolfgang, Pfarrer von Grafenwörth, dem Dürnsteiner Richter Augustin Hebenkrieg und dem Dürnsteiner Ratsbürger Andreas Daumb als Geschäftherr der Elisabeth Hum(m)el, im Folgejahr gemeinsam mit Jobst Vindinger zu Wachau und Heinrich Teisenhofer zu Wachau (vgl. Kat.-Nr. 145 und 236) sowie Urban Harnsperger zu Wösendorf als Siegler des Testaments der Helena von Volkersdorf, Witwe nach Georg von Zelking, zugunsten des Dürnsteiner Klarissenklosters. 1481 nahm er zusammen mit dem Steiner Mautner Bernhard Karlinger und dem Steiner Bürger Ludwig Zaller den halben Passauer Weinzehent zwischen Stein und Dürnstein gegen 37 ½ lb. den. jährlich auf acht Jahre in Bestand4). 1467, 1471, 1475, 1478 und 1481/1482 war er Stephan von Eitzings Hauptmann und Pfleger von Dürnstein5). Schernegkers Todesjahr ist unbekannt, dürfte aber erst nach 1483 liegen. Für ihn und seine erste Frau Katharina richtete sein Verwandter Hans Hartl (s. Kat.-Nr. 98†), in zweiter Ehe mit Schernegkers zweiter Frau, Brigitta Kieslinger, verheiratet, 1499 im Zusammenhang einer größeren Stiftung einen Jahrtag in der 1483 auf die Titel Hl. Kreuz, Hl. Johannes Ev., Hl. Barbara und Hl. Katharina geweihten, nach dem Inhaber der Vogtei, dem Rat von Krems/Stein, später so genannten Kremserkapelle im Kreuzgang des Klosters ein. Der Jahrtag sollte am Tag nach Gregor (März 13) abends mit einer Vigil mit neun Lesungen, Laudes, Absingen des Placebo und abschließender Kollekte nach den Regeln der Augustiner-Chorherren abgehalten werden. Am Folgetag waren ein Hochamt zu Ehren Mariä Himmelfahrt sowie ein gesungenes Seelamt vorgesehen, wobei sich der Zelebrant des Seelamts nach dem Evangelium vom Altar umkehren und für die verstorbenen Angehörigen der fünf an der Stiftung beteiligten Familien (Schernegker, Jagenreuter, Kieslinger, Hartl und N.) beten sowie ein Paternoster und ein Ave Maria sprechen sollte. Während der zwei Ämter hatten weitere 24 Messen gelesen zu werden. Nach diesen gottesdienstlichen Verrichtungen sollte der gesamte Konvent zu der mit vier brennenden Steckkerzen beleuchteten Bahre gehen, dort die Kommendation sprechen und wiederum die abschließende Kollekte nach den Ordensregeln halten. Zusätzlich sollte jährlich an dem dem Anniversarium vorangehenden Sonntag der jeweilige Prediger im Gottesdienst der Pfarrkirche Hl. Kunigunde die kommende Abhaltung des Jahrtags im Kloster vorankündigen sowie ebenfalls für die verstorbenen Angehörigen Fürbitte einlegen, die auch im „Totenbrief “ der Pfarre, also dem Namensverzeichnis der in der Meßfeier zu erinnernden Verstorbenen, eingetragen werden sollten. Schernegker selbst und seine Frau hatten zu Lebzeiten testamentarisch zwei Stiftungen für die Kremserkapelle, ihre Grabstätte, verfügt: einerseits ein silbernes Kreuz sowie eine äußerst prestige­trächtige und kostspielige silberne Natternzungenkredenz mit Korallenverzierung für die Ausstattung der Kreuzkapelle, andererseits einen Weingarten zur Unterhaltung eines ewigen Lichts in derselben Kapelle6). Neben den aus den entsprechenden Stiftbriefen bekannten Besitzungen hatte Schernegker, der wenigstens zeitweise in Stein wohnte, auch Hausbesitz in Dürnstein7). Das Grabdenkmal des 1482 verstorbenen Georg Schernegker, offenbar ein Verwandter Degenharts, befand sich vor etwa 1721 in der Klosterkirche des Chorherrenklosters (Kat.-Nr. 89†).

Die Jahresangabe der kopialen Überlieferung (1406) ist nach dem oben Gesagten falsch. Vermutlich wurde die Grabplatte zu Lebzeiten Schernegkers und seiner ersten Frau unter Aussparung des Sterbedatums bereits ursprünglich für einen Standort in der Kremserkapelle (also nach 1483) angefertigt. Zusätzlich zur gegenständlichen Grabplatte scheint es an nicht näher bekanntem Standort im Kloster eine gemalte Darstellung der Vollwappen der beiden Eheleute gegeben zu haben, deren sachlich zweifellos ebenfalls unrichtige Jahreszahl „1408“ jedoch schon vor bzw. um 1600 übereinstimmend durch Reichard Streun von Schwarzenau und Job Hartmann Enenkel überliefert wurde8).

1) Mit Bezug auf die Standortangabe von Kat.-Nr. 98†: „subtus in terra.“ Die von Pühringer-Zwanowetz, Baugeschichte 134, Anm. 142, zurecht mit Vorbehalt („wenn die Jahreszahl richtig überliefert ist“) formulierte Annahme einer Translation des Steins innerhalb des Kreuzgangs ist hinfällig, da das in der Descriptio Monumentorum angegebene Datum 1406 falsch ist. Vgl auch Kat.-Nr. 98†.
2) S. StiA Herzogenburg, D. n. 295 (1462 Oktober 25). Katharina könnte eine Tochter Sigmunds (d. Ä.) Jagenreuter und der N. Kolb von Ritzing gewesen sein, s. NÖLA, Hs. 5/7, fol. 8r, Hoheneck, Herren Herren Stände 1, 440, und Krick, Stammtafeln 151. Zum Konnubium der Jagenreuter und der Kolb vgl. auch DI 67, Kat.-Nr. 397†.
3) S. Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 1669 (1465 März 5, Göttweig).
4) S. StiA Herzogenburg, K. n. 310 (1468 August 29), Fuchs, Urkunden (1902) Nr. 1971 (1481 Juli 23, Stein), Plesser, Kirchengeschichte (1939) 88f., 100 und 115, Plesser, Kirchengeschichte (1951) 533 und Gröbl, Klarissenkloster 33.
5) Vgl. die Nennungen Schernegkers in dieser Funktion in den von ihm besiegelten Urkunden des Dürnsteiner Stadtbuchs von 1492, fol. 2–5 (1467 Mai 13), vgl. Becker, Dürnstein 384, Plesser, Kirchengeschichte (1932) 156, StiA Herzogenburg, D. n. 312 (1471 Jänner 25), 320 (1475 Jänner 7, Dürnstein), StiA Herzogenburg, K. n. 318 (1475 Oktober 16), DASP, Pfarr- und Klosterakten Stein 1 (1478 März 1; Abschr. 2. H. 17. Jh.) und StiA Herzogenburg, K. n. 319a (1482 April 9), s. Gröbl, Klarissenkloster 48. Im Jahr 1475 waren die Ämter des Pflegers der Herrschaft Dürnstein und des Hauptmanns des Schlosses Dürnstein zeitweise auf zwei Personen, nämlich Jörg Mühlwanger und Degenhart Schernegker, aufgeteilt, vgl. Becker, Dürnstein 384 und Plesser, Kirchengeschichte (1939) 89f. 1482 schuldete der Göttweiger Abt Erhard von Steyr ihm und dem Kremser Ratsbürger (Bernhard?) Karlinger 175 lb. den. wegen der Einnahmen des Göttweiger Zehents in (Unter-?)Loiben, s. StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), unfol. Einlagebl. zwischen fol. 68 und 69.
6) S. StiA Herzogenburg, D. n. 337 (1483 Juni 8, Kapellen- und Altarweihe durch den Passauer Generalvikar, Bf. Andreas von Konstanz), 369 (1499 November 28; Stiftung Hartls) und 372 (1500 April 13, Dürnstein; Revers von Propst Gregor und Konvent über die Stiftung), vgl. Schmettan, Chorherrenstift 144f. und Pühringer-Zwanowetz, Baugeschichte 134, Anm. 142, 140, Anm. 153f. und 192. Zu den im 15. und frühen 16. Jahrhundert beliebten, jedoch nur in wenigen Exemplaren erhaltenen Natterzungenkredenzen, zu denen angeblich Giftbeimengungen in Speisen und Getränken anzeigende sogenannte „Natterzungen“, fossile Haifischzähne, verarbeitet wurden, vgl. Kuenringer, Kat.-Nr. 884 (Hermann Fillitz) mit Abb. 55. Eine mit dem Dürnsteiner Objekt wohl gut vergleichbare spätgotische Natternzungenkredenz mit Korallenzier befindet sich auch in der Schatzkammer des Deutschen Ordens in Wien (Inv.-Nr. K-037), s. Krones, Schatzkammer 50f. (Kat.-Nr. 21) und DI 54, Kat.-Nr. 91, eine Farbabb. bei Krones, Schatzkammer auf der hinteren Umschlaginnenseite bzw. unter http://www.deutscher-orden.at (Menüpunkt Schatzkammer; April 2006).
7) Etwa ein Haus in Dürnstein „auff dem Pühel“ neben dem Haus des Schneiders Wolfgang Wildberger, vgl. StiA Herzogenburg, D. n. 312 (1471 Jänner 25). Zu nicht näher bekanntem Zeitpunkt bezeugte und besiegelte er, als „yetz wonhafft zu Stain“ genannt, das vom Notar Michael von Falkenberg angefertigte Vidimus und Transsumpt eines Stiftbriefs des Albrecht Häckl von Etsdorf an die Pfk. Grafenwörth von 1383 Mai 25, s. StiA Herzogenburg, D. n. 71 (o. D.).
8) Vgl. die Angabe bei Hoheneck, Herren Herren Stände 1, 439 (unter Bezug auf Streuns Handschrift OÖLA, Schlüsselberger Archiv (Sammlung Hoheneck) 5/2, fol. [recte: pag.] 289), wonach Katharina Jagenreuter eine Tochter des 1325 als Pfleger von Rannariedl fungierenden Albrecht Jagenreuter und der N. Herleinsperger und mit „Degenhard Schadenecker“ verheiratet gewesen sein, „dero beeder Namen und Wapen nebst der Jahr-Zahl 1408. vor kurtzer Zeit noch in dem Closter Tiernstain abgemahlter [!] zu sehen waren“; nach Hoheneck wiedergegeben bei Keiblinger, Beiträge 9. Enenkel bringt in NÖLA, Hs. 78/3, pag. 812 mit der Standortangabe „zu Tiernstein im münchkloster“ unter der Überschrift „Degenhart Schädeneker, ux. Katharina Jägenreitterin“ eine Federzeichnung der beiden Vollwappen (heraldisch rechts: in gold ein aufspringender silberner Wolf; offener Helm; über Helmkrone zwei Frauengestalten, gemeinsam einen Kranz haltend; links: in silber ein linkes rotes Freiviertel; geschlossener Helm; Flug [?] mit dem Bild des Schilds), rechts daneben die Jahreszahl „1408“. Zum gevierten Jagenreuter-Wappen, dessen Felder 1 und 4 das vorgenannte Wappenbild darstellt, vgl. Si OÖ 140 und Taf. 41 (Wappen II) und NÖLA, Hs. 236/4, pag. 3.
Literatur

OÖLA, Schlüsselberger Archiv (Sammlung Hoheneck) 5/2, pag. 289. – StiA Herzogenburg, Descriptio Monumentorum Nr. 2. – Hoheneck, Herren Herren Stände 1, 439. – Keiblinger, Beiträge 9. – Plesser, Kirchengeschichte (1939) 108 (1406). – Adamek, Grabdenkmäler (1968) Kat.-Nr. 97 (1406). – Pühringer-Zwanowetz, Baugeschichte 134, Anm. 142. – Zajic, Denkmäler 332f.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 107,
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Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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