Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
18† |
St. Johann i. Mauerthale, Fk. Hl. Johannes d. T. |
(vor 1332?) |
Bildfenster mit Gebetsanrufung, Titulus und Namensbeischriften, ehemals im Langhaus der Fk., 1637 noch vorhanden. Zuoberst Darstellung der Hll. Oswald und Koloman (?)1), Johannes d. T. und Johannes Ev., darunter der Hl. Matthias, zu dessen Füßen kniend eine männliche Stifterfigur, auf einem von dessen Mund ausgehenden Spruchband Inschrift (I). In einem parallelen Bildstreifen (zweibahniges Fenster?) Darstellung des „Hl.“ Adalwin mit Pilgerattributen Tasche und Stab sowie Beischrift (II), zu dessen Füßen kniend weibliche Stifterfigur mit Beischrift (III).
Beschreibung und Textwiedergabe nach StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 76v.
Textedition
I.
Ora pro me Leutold
II.
S(an)ct(us) Adelwinus
III.
PREID
Kommentar
Noch 1637 war im Chor der Kirche über dem Triumphbogen eine Gedenkinschrift (Kat.-Nr. 19†) erhalten, die sich auf die Ewiglicht-Stiftung eines Leodold Ewner von Oberndorf und seiner Frau Preid (Brigitte) bezog, die gleichzeitig offensichtlich auch das vorliegende Bildfenster anfertigen hatten lassen. Leutold Eyczner von Oberndorf – das Ewner der Gedenkinschrift dürfte eine Fehllesung der kopialen Überlieferung darstellen – fungierte 1332 als Zeuge einer Seelgerätstiftung des Pfarrers Konrad von St. Lorenz „am Hengstperch“ (?) an die Kirche St. Johann i. Mauerthale, über die dessen leiblicher Bruder, Bruder Wolfhard, Pfleger des Unteren Hofs bzw. Niederhofs (in Mitterarnsdorf ) und Richter von Arnsdorf, einen Revers ausstellte2). Da als urkundlicher Zeuge der Eycznerschen Ewiglichtstiftung vermutlich neben Bruder Wolfhard auch Heinrich von Hard, zwischen 1321 und 1332 Hofmeister (des Oberen Hofs) in (Hof-)Arnsdorf, fungierte, muß diese Zuwendung und dürfte wohl auch die Anfertigung von Gedenkinschrift und Bildfenster noch vor diesem Jahr erfolgt sein3).
Die vermeintliche Gebetsanrufung in Inschrift I kann sich nicht auf einen (inexistenten) Hl. Leutold beziehen, sondern stellt vermutlich eine von der kopialen Überlieferung verschuldete Kontraktion aus der inschriftlichen Anrufung des Hl. Matthias durch den Stifter, und dessen auf dem originalen Inschriftenträger zweifellos selbständiger Namensbeischrift Leutold dar. PREID (Brigitte) bezeichnete entsprechend den Namen der weiblichen Stifterfigur. Während die Wiedergabe der Inschrift III in der kopialen Überlieferung in Großbuchstaben auf die Schriftart der Vorlage, Gotische Majuskel, Bezug nehmen dürfte, wurden die Inschriften I und II in normaler Textschrift transkribiert. Angesichts der erschlossenen Datierung des Bildfensters kommt für das Original jedoch nur Gotische Majuskel in Frage. Die gekürzte Schreibweise Sct. in Inschrift II nach der Überlieferung ist jedenfalls ahistorisch und entspricht frühneuzeitlichen Usancen.
Wahrscheinlich bezog sich auch die Identifizierung der auf der Glasmalerei dargestellten Heiligen in der kopialen Überlieferung auf entsprechende Namensbeischriften, ein expliziter Hinweis, daß es sich wie bei den oben angeführten Inschriftentexten um Beischriften gehandelt hätte, fehlt hier jedoch.
Zum in Inschrift II genannten, in St. Johann auch mit einem verlorenen Memoriengrab verehrten „Hl.“ Adalwin s. Einleitung S. XLII.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
|
StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 72v-77r. – Heller, Sagen 209f. – ÖKT 1, 75. – Plesser, Kirchengeschichte (1955) 567 (um 1470). – ÖAW, NLH, 26. 8. 1959.