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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

349 Göttweig, Sammlungen 1444/2. H. 16. Jh.

Richtschwert (?) mit Besitzernennung und Spruchinschrift sowie Jahreszahl, Eisen und Holz (Inv.-Nr. alt W 66), im Jagdzimmer (westlichster Raum der Kaiserzimmer, östlich an den Altmanni- oder Festsaal anschließend) des Museums im Obergeschoß des Nordtrakts (Kaisertrakts) in der zweiten Fenster­vitrine. Breite, am Ort abgerundete Klinge ohne Blutrinne mit beiderseits nahe am Heft in Längsrichtung punzierten und nachgravierten geschwärzten Inschriften, zusammen mit den Darstellung eines Galgens (I) und eines Henkerrads (II) jeweils von querrechteckigem Feld gerahmt. Holzgriff mit schrägen Kerbungen und Messingdrahtmanschette sowie achtkantigem Knauf und gerader, tropfenförmig auslaufender Parierstange. Vitrine versiegelt, Objektunterseite mit Inschrift I daher zur Bearbeitung unzugänglich.

L. (gesamt) 107,5 cm, Bu. 1 cm (II). – Kapitalis.

Textwiedergabe von Inschrift I nach 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 882 (Ludwig Fischer).


Textedition
			

I. MICHEL PRVNER II. · DER · KAVFT · E · DAS · VAIL · 1444 · / · WIRT · VNT · FINT · E · DAS · VER·LORN · WIRT · / · DER · STIRPT · E · DAS · ER · KRANCK · BIRT ·

Anmerkungen

Deutsche Reimverse.


Kommentar

Michael Prunner ist im bearbeiteten Quellenmaterial nicht faßbar.

Weder die bereits frühneuzeitliche Ausformung der Ziffern der Jahreszahl noch die Kapitalis von Inschrift II sind für ein Beschriftungsdatum 1444 denkbar. Für eine wesentlich spätere Entstehungszeit der Inschrift spricht auch die – bei aufgrund der orthographischen Eigenheiten anzunehmender zeitlicher Präferenz des vorliegenden Objekts – weitgehende Übereinstimmung des Spruchs (II) mit der Inschrift eines Wiener Neustädter Richtschwerts von 16391). Ähnliche Texte begegnen auch auf drei bayerischen Richtschwertern zwischen 1624 und dem Beginn des 18. Jahrhunderts2). Offenbar wurde das vorliegende ältere, waffentechnisch durchaus in die Mitte des 15. Jahrhunderts zu datierende Schwert erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts beschriftet, wobei eine möglicherweise schon ursprünglich vorhandene Jahreszahl 1444 reproduziert wurde.

Die offenbar mittels Punzen einschlagenen, fast durchwegs breiten Buchstaben zeigen eine technisch bedingte Betonung der groben, meist flach dreieckigen Sporen. Für fast alle Buchstaben wurde jedoch mehr als nur eine Punze verwendet. Unter den mehrfach von derselben Punze geschlagenen Buchstaben seien A mit etwas kürzerem rechten Schrägschaft, E mit gleich langen oberen und unteren und verkürztem mittleren Balken sowie R mit kleinem Bogen und verkürzter gerader Cauda erwähnt.

1) DI 48, Kat.-Nr. 304.
2) Kühn, Richtschwert 97.
Literatur

900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 882 (Ludwig Fischer; österreichisch, 1444). – Fux, Ortsgeschichte 90. – DI 48, Kat.-Nr. 304. – Fischer, Atlas 215 (1444; Abb.) und 219 (1441 [!]; Abb.). – Blaschitz, Wort 282 (1444). – Dehio Süd (M. 15. Jh.).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 349,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj349.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich  Politischer Bezirk Krems  Göttweig, Sammlungen    •  Richtschwert  •  Besitzernennung  •  Spruchinschrift  •  Jahreszahl  •  Eisen und Holz  •  Kapitalis  •  Prunner, Michael  •  Göttweig, Benediktinerkloster  •  Wiener Neustadt