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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

47 Langenlois, ehem. Bürgerspitalskirche Hl. Elisabeth 1424

Glocke mit Gußvermerk und Evangelisten- oder Gießername (?), im Turm der ehem. Bürgerspitalskirche (Aufbahrungshalle), spätestens 1894 und noch 1923 als „Speisglocke“ im Turm der Langenloiser Pfarrkirche Hl. Laurentius, seit wenigstens 1961 am heutigen Standort. Am Hals Umschrift zwischen Würfelstableiste und vegetabiler Zierleiste. Über und unter der Umschrift dreipaßbogiger Maßwerkfries, am Mantel Relief Kruzifixus.

H. 70 cm, D. 67 cm, Bu. 3 cm. – Gotische Minuskel.


Textedition
			

+ anno · d(omi)ni · m · cccc · xxiiii · est · fvsa · in vigilia · om(n)i(um) · s(an)ctorv(m) · mathevsa)

Anmerkungen
a) Trennzeichen glockenförmig.

Im Jahr des Herrn 1424 wurde (diese Glocke) gegossen am Vortag von Allerheiligen. Matthäus.


Datum: 1424 Oktober 31.


Kommentar

Die Datierung der Glocke legt eine Zugehörigkeit zur ursprünglichen Ausstattung des 1420 vom vermögenden Langenloiser Bürger Niklas G(e)veller (Gfeller, Gföhler) und seiner Frau gestifteten Bürgerspitals zur Hl. Elisabeth nahe. Der frühere Standort in der Langenloiser Pfarrkirche wäre demzufolge nicht der ursprüngliche gewesen. Der Vorname Matthäus der Inschrift könnte sich auf den Glockengießer beziehen. Die in Hinblick auf das Dekor der Glocke jüngst vorgeschlagene Zuschreibung an die produktive Nürnberger Werkstatt der Glockengießer ist jedoch unzureichend argumentiert1).

Bereits 1365 war G(e)veller mit Anna, Schwester Michaels (I.) von Neidegg, verheiratet gewesen und hatte eine Urkunde seines Schwagers als Burggraf von Gobelsburg besiegelt2). 1392/93 war er zusammen mit dem Schreiber des Forstmeisters Hans von Dietrichstock, Hertel (von Schiltern?), Bestandinhaber des Ungelds in Langenlois, Senftenberg und Hadersdorf3). 1397 stiftete er zusammen mit seiner Frau Anna eine samstägliche Frühmesse mit Rorateamt in der Langenloiser Pfarrkirche4). 1403 fungierte er als Zeuge der Seelgerätsstiftung der Katharina von Prant(h) an das Zisterzienserkloster Lilienfeld5). 1408 stiftete er gemeinsam mit seiner Frau Anna auf Rat seines Bruders Friedrich, Richter von Hadersdorf, des Kremser Pfarrers Markward (Marichard) Trepperger und des Langenloiser Pfarrers Magister Ulrich Straßwalcher von Passau das Benefizium der von ihm erbauten Kapelle Hll. Johannes d. T. und Katharina in der Langenloiser Pfarrkirche und 1420 das Langenloiser Bürgerspital samt Kapelle zur Hl. Elisabeth6). 1415 erhob er offenbar zusammen mit mehreren Niederadeligen und Bürgern der Umgebung Anspruch auf das Erbe nach Anna, Frau des Kremser Schlüsselamtmanns Kaspar Öder7). Niklas starb vor dem 29. November 14238). 1431 besiegelte sein mutmaßlicher Sohn Albrecht G(e)veller von Langenlois die Verkaufsurkunde des Langenloiser Richters Konrad Rueber an das Zisterzienserkloster Zwettl, 1456 besiegelte ein mutmaßlicher zweiter Sohn, der Langenloiser Bürger Bernhard Gfeller den Bestandrevers zweier Stieferner Bürger über die Erlaubnis der Kartause Aggsbach zur Errichtung einer Weinpresse in Stiefern9). Ein Straßenzug am Loisbach in Langenlois trägt heute Niklas’ Namen (Niklas-Gfeller-Zeile).

1) S. Wernisch, Glockenkunde 610.
2) S. Hausmann, Neudegger 24 und 189.
3) S. Lackner, Rechnungsbuch 82 und 130. Ein mutmaßlicher Verwandter, Peter Geveller, saß 1394 als Maissauer Feldrichter innerhalb des Kamp in Rohrendorf, s. Plesser, Kirchengeschichte (1932) 240. Ob Albrecht der Gefeller, 1373/74 Wallseer Burggraf in Riegersburg, ein Verwandter des Langenloisers war, ist unklar, vgl. Doblinger, Herren 76. Zu den zahlreichen im 14. und 15. Jahrhundert urkundlich aufscheinenden G(e)vellern und Gfellern, die wohl unterschiedlichen Familien zuzuordnen sind, vgl. auch Starzer, Gföhl passim und Biedermann, Gföhl, bes. 53f. Wohl nicht mit dem Langenloiser G(e)veller verwandt waren die 1411 mit dem landesfürstlichen Lehen ihres verstorbenen Vaters Hannslein, einem Hof in der Perchtoldsdorfer „knappenstraß“ zwischen zwei Häusern von jüdischen Besitzern gelegen, belehnten Schwestern Anna und Elisabeth Gveller, s. HHStA, Hs. weiß 722 (Böhm, Suppl. 422) fol. 24r, zitiert nach Mühlberger, Lehenbuch, Anhang: Schriftprobe 2 (Abb.).
4) S. NN., Beiträge 470 (1397 April 29) und Plesser, Kirchengeschichte (1932) 405 (1408 März 12). 1397 beschäftigte er auch offenbar einen ständigen eigenen Schreiber Niklas (Nikolaus) von Lang(en)au. Als Siegler von dessen Vermächtbrief zugunsten seiner Frau Elisabeth, Schwester des Göttweiger Abtes Lukas Lauchlaibl von Stockstall, fungierte der Langenloiser Richter Lienhard (Leonhard) von Gföhl, offenbar wieder ein Verwandter Niklas’, s. Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 862 (1397 März 12) und Plesser, Kirchengeschichte (1939) 610. 1399 besiegelte Niklas neben dem Langenloiser Richter Stephan Parauer eine Urkunde des Elbel von Pölla und dessen Frau Barbara für Göttweig, s. Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 883 (1399 Juni 12).
5) S. Winner, Urkunden Nr. 971 (1403 November 24).
6) S. NN., Beiträge 472 (1408 September 3?), 475 (1421 April 2) und 562f., Plesser, Kirchengeschichte (1932) 405 und 408f. (Stiftbrief 1420 Jänner 5; Zustimmung Bischof Georgs von Passau 1421 April 2) und Rothbauer, Pfarrkirche 14. Nach Zotti, Kirchen 18, geht das Langenloiser Bürgerspital jedoch auf eine Stiftung von 1340 zurück. Dagegen ebd., 80, die Angabe der Stiftung zu 1420 wie oben. Die Johannes- und Katharinakapelle dürfte die heutige Herz-Jesu-Kapelle, ein Anbau am nördlichen Seitenschiff, sein, s. Dehio Nord 636. Zu Friedrich G(e)veller als Richter von Hadersdorf vgl. auch HHStA, AUR 1404 XII 13, hier auch Jeklein bzw. Jekl G(e)veller, Amtmann des Dominikanerinnenklosters Imbach in Zeiselberg.
7) S. NÖLA, Hs. 78/1, pag. 514. Als Aussteller der Vergleichsurkunde fungierten u. a. auch Hermann Schad von Lengenfeld, Konrad Hülber und Stephan Heidelberger. Ob der 1414 im Streit zwischen dem Kloster Göttweig und Hans Rayd zu Seiterndorf als Spruchmann fungierende Niklas (Nikolaus) von Langenlois, Pfleger von Oberranna, mit Niklas G(e)veller identisch war, ist unklar, s. Fuchs, Urkunden (1901) Nr. 1036 (1414 September 23, Spitz).
8) S. NN., Beiträge 475 (1423 November 23; Meßstiftung der Anna, Witwe nach Niklas G[e]veller, an die Langenloiser Pfarrkirche) und Lackner, Rechnungsbuch 82, Anm. Eine Nachzeichnung seines Siegels s. in StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 55v.
9) S. Plesser, Kirchengeschichte (1939) 612f. (1431 April 13), Fuchs, Urkunden (1906) Nr. 369 (1456 Juli 2). Ein weiterer Verwandter (Niklas’ Bruder oder Sohn?), Hans G(e)veller (Gfeller), 1433 mit Barbara Span verheiratet, war vor 1445 verstorben und hatte eine Tochter Barbara hinterlassen, die zu jenem Zeitpunkt bereits Witwe nach Friedrich Schauchinger und eine zweite Ehe mit Gebhart (d. Ä.) Reuter von Wocking eingegangen war, s. NÖLA, Privaturk. 4733 (1433 Juni 16) und NÖLA, Hs. 78/1, pag. 466. Wie der von Lackner, Adel 79 (Anm. 40) und 89, als adeliger Artistenbakkalar (seit 1467) der Universität Wien geführte Albert Gfeller, nachmals Passauer Domkanoniker, und der 1465 zum Bakkalar promovierte Georg Gfeller in die genannten Bezüge passen, ist unklar.
Literatur

Fahrngruber, Hosanna 9f. (Inschriftenprobe 8), 112 und 315. – ÖKT 1, 291 (fälschlich 1423). – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 162. – Plesser, Kirchengeschichte (1932) 405. – Weißenbäck/Pfundner, Erz 356. – ÖAW, NLH, 12./13. 4. 1965. – Eppel, Waldviertel 148. – Dehio Nord 639. – Wernisch, Glockenkunde 610.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 47,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil1/noe-3-obj47.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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