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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

50† Unterranna, ehem. Paulinerklosterkirche Hll. Maria und Stephan 1425

Wappengrabplatte des Hans (III.) von Neidegg und der Kunigunde von Lasberg, roter Marmor, zumindest bis zur Aufhebung des Klosters 1782 im Chor der Kirche vor dem Hochaltar im Boden. Inschrift bereits 1777 stark abgetreten, der Stein 1834 offenbar bereits verloren1).

Standortangabe, Beschreibung und Textwiedergabe nach StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 157v.


Textedition
			

Nach Christi Geburth Anno 1425. ist gestorben der Edel vest Ritter Herr Hanns von Neydeckh Stiffter des Closters an Peter Tag fruhe Chunigundt etca).

Anmerkungen
a) statt Dückelmanns Lesung fruhe am Original zweifellos richtig fraue oder frawe; die übrige Inschrift schon für Dückelmann unleserlich, s. Anm. 1.

Datum: 1425 Juni 29.


Kommentar

Hans (III.) von Neidegg war durch seine Mutter Agnes von Ranna, Alleinerbin ihres Bruders Hans, des letzten männlichen Angehörigen der im Umfeld der Kuenringer bzw. Maissauer agierenden Ritter von Ranna, 1389 in den Besitz der Burgen (Ober-)Ranna und Zagging ( jeweils samt den zugehörigen Kirchenpatronaten), des Ungelds in Mühldorf sowie weiterer Güter als landesfürstlicher Lehen gekommen. Zusammen mit dem Erbe nach seinem Vater Ulrich (III.) von Neidegg, der freieigenen Burg Brunn am Walde und verschiedenen Gerichtsrechten (darunter das nicht unbedeutende Spielberger Gericht) und zahlreichen Gülten in weiter Streulage, sowie der 1377 noch gemeinsam mit dem Vater um 1950 lb. den. von Rüdiger von Starhemberg zu Wildberg und dessen gleichnamigem Vetter angekauften Burg Albrechtsberg an der Gr. Krems (samt Patronat über die Burgkirche und umfangreichem Zubehör an Gerichtsrechten und weiterem Streubesitz) ergab sich eine bedeutende Besitzkonzentration im südlichen Waldviertel. 1396 wurde dieser Herrschaftskomplex durch Besitz nahe Ottenschlag und 1399 durch den Erwerb der Herrschaft Burgschleinitz um 2125 lb. den. von Hans’ Schwager Rudolf von Lasberg und anderer Güter in Eggenburg und Streubesitz im Weinviertel noch stärker ausgedehnt.

Von 1402 bis 1405 fungierte Hans als Hauptmann in Krain, seit 1405 oder 1407 als landesfürstlicher Pfleger bzw. Pfandinhaber der Burg Starhemberg und Statthalter und Kammermeister Herzog Wilhelms von Österreich, in dessen Dienst er schon seit 1398 stand, 1406/08 als Kammermeister Herzog Leopolds IV. und anschließend bis 1417 als Kammermeister Albrechts V.

Nach einer früheren Stiftung an die Pfarre Obermeisling von 1395 ( Jahrtage für seine verstorbenen Eltern Ulrich und Agnes, seinen Onkel Hans und seine Frau Kunigunde) bzw. der Stiftung einer ewigen Messe in der Burgkapelle Hl. Ulrich in Burgschleinitz 1405 stiftete er 1414 das Paulinerkloster in Unterranna (s. Einleitung S. XLVI f.)2). Bereits 1408 hatte er den halben Grund zum Bau der als Wallfahrtsziel populärer werdenden Kapelle Hl. Thomas von Canterbury samt Friedhof im Dachsgraben dem Zisterzienserkloster Zwettl geschenkt3). Hans (III.), als einer der begütertsten auch zu einem der einflußreichsten Angehörigen der österreichischen Ritteradels aufgestiegen, starb nach seiner politischen Entmachtung 1425 und wurde in seiner Stiftung, dem Kloster Unterranna, bestattet.

Aus der spätestens 1388 eingegangenen Ehe Hans’ (III.) und Kunigundes, Tochter des Rudolf und der Katharina von Lasberg, stammten neben den beiden Söhnen Hans (VI.) und Leopold (II.) (s. Kat.-Nr. 80) wenigstens drei Töchter Siguna, verheiratet mit Christoph Zinzendorfer bzw. in zweiter Ehe mit Wilhelm Pöbringer, Agnes, 1405 verheiratet mit Leopold von Wehing(en), seit 1415 Frau des Sigmund von Winkl (s. Kat.-Nr. 65), und Anna, Frau des Jörg (d. Ä.) Scheck von Wald4).

1) StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 157v: „Reliqua hujus inscriptionis legi nequeunt cum characteres omnino jam sunt detriti et exesi“. Bei Rally, Beiträge E, wird die Platte nicht mehr erwähnt.
2) S. zu Hans (III.) von Neidegg ausführlich, aber in Einzelheiten nicht fehlerfrei Hausmann, Neudegger 47–63, 161f. und 195, knapp auch Heinig, Kaiser 258f. und Lackner, Hof 103f. Einzelne Angaben auch in NÖLA, Hs. 236/5, pag. 21f., hier die schwer glaubhafte Angabe, Hans habe sich 1400 als Hauptmann in Krain mit Dorothea, Tochter Friedrich „Päpenbachers“ vermählt. Zum Ankauf von Albrechtsberg s. NÖLA, Landrechtsurk. 2 (1377 Mai 1; fehlerhafte Abschr. von 1671 Februar 26), NÖLA, Hs. 78/3, pag. 232–234 (Abschr. der Kaufurkunde über Albrechtsberg mit umfangreichem Zubehör, 1377 Mai 1), Biedermann, Albrechtsberg 32f. und Plesser, Kirchengeschichte (1939) 6.
3) S. NÖLA, Hs. 236/5, pag. 22, Plesser, Kirchengeschichte (1951) 459f. (1408 April 24 und Juni 5, Krems), Hausmann, Neudegger 54 und Naimer, Beiträge 46. Opfer und Stiftungen der zur hölzernen Kapelle strömenden Wallfahrer sollten vom Kloster und dem Anwalt des Neideggers gemeinsam eingenommen und zu Bau und Ausstattung einer steinernen Kapelle verwendet werden. Das Kloster sollte eine tägliche Messe in der Kapelle lesen und für den Neidegger einen Jahrtag in der Klosterkirche am Johannistag (Juni 24) mit Vigil und Seelamt am nächsten Morgen sowie je einer Messe von jedem Priestermönch des Konvents abhalten. Für das Mahl an jenem Tag stiftete Hans eine Pitanz von einer Schüssel Fische, einer Semmel und Wein aus dem Keller des Abtes. Weiters sollte man ihm eine Kapelle in der Klosterkirche anweisen (vermutlich die Johanneskapelle), in der er „unser wappen unnd klainath“ anbringen lassen konnte. Die Vogtei über die Thomaskapelle sollte jeweils dem Ältesten der Neidegger zufallen. Als Siegler der Urkunde fungierten u. a. der „vetter“ des Ausstellers, Wolfgang (I.) von Neidegg (s. Kat.-Nr. 62) und sein „oheim“ Hans (I.) von Neidegg zu Meires.
4) Vgl. Hausmann, Neudegger 48f., 66, 189 und 196. Die Heimsteuerverschreibung Hans’ für Agnes s. in HHStA, AUR 1415 I 21. In NÖLA, Hs. 78/1, pag. 530 die Angabe eines Franz von Strassa (?) als Ehemann der Siguna. Zu weiteren Eheverbindungen zwischen Neideggern, Pöbringern und Schecken vgl. Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Kat.-Nr. 5.
Literatur

StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 157v. – Hausmann, Neudegger 195. – ÖAW, NLH, 17. 4. 1962. – Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 45 (Anm. 127).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 50,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil1/noe-3-obj50.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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