Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
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St. Florian, Augustiner-Chorherrenkloster, Kunstsammlungen |
um 1300 |
Fragment eines Bildfensters mit Beischriften, in den Kunstsammlungen im ersten Obergeschoß des Nordflügels museal präsentiert, ursprünglich (?) bzw. seit dem Chorneubau um 1520 (vgl. Kat.-Nr. 175 und 182) in den Chorfenstern der Fk. Hl. Michael in St. Michael eingesetzt, mit einem zweiten Fragment 1965 nach St. Florian transferiert. Zusammen mit drei schon vor 1886 im Kloster befindlichen Scheiben Reste eines Apostelzyklus bzw. eines Zyklus mit den klugen und den törichten Jungfrauen. Erhalten sind die nach mehrfachem Beschnitt inschriftlosen hochrechteckigen Scheiben mit den Darstellungen einer klugen Jungfrau, eines bärtigen Apostels mit Buch und des Apostels Johannes sowie zwei kleinere, für den Einbau in den spätgotischen Chorfenstern in St. Michael grob annähernd sechseckig beschnittene Scheiben mit den auf einem Sockel stehenden Füßen einer männlichen Figur sowie dem Kopf des durch den über die rechte Schulter gelegten Schlüssel und die am linken Rand der Scheibe senkrecht nach oben laufende Beischrift (I) als Petrus identifizierten bärtigen Heiligen. Innerhalb einer floral dekorierten schmalen senkrechten Leiste bzw. über dem Nimbus Petrus’ ein sekundär eingesetzter Glasteil mit Resten einer weiteren Namensbeischrift (II). Die hochrechteckigen Scheiben 1951 scharf gereinigt und mit Schutzlacken überzogen (P. Petrus Raukamp OCist, Schlierbach), dieser Anstrich 1963 entfernt und Deckgläser zur Sprungsicherung aufgebracht, diese 1981 entfernt und Sprünge verklebt. Die beiden kleineren Scheiben 1965 aus St. Michael entfernt und restauriert, Verbleiung original (bzw. spätmittelalterlich), Substanz und Malerei gut erhalten.
H. (Fragment) 31 cm, B. 33,5 cm, Bu. ca. 1 cm. – Gotische Majuskel.
Textedition
I.
– – – PET]RUS ·
II.
– – – PAU]LU[S – – –
Kommentar
Der erst 1965 publizierte Fund der beiden Reste der Apostelfenster im Maßwerk eines Chorfensters in St. Michael ließ für die schon damals im Kloster aufbewahrten hochrechteckigen Scheiben angesichts der offensichtlichen Zusammengehörigkeit der Fragmente eine Provenienz aller Teile aus St. Michael annehmen. Daß der gesamte Bildfensterzyklus ursprünglich für St. Michael angefertigt wurde, ist jedoch nicht zwingend bewiesen1). Die um 1520 in den Fenstern des neuen spätgotischen Chors in St. Michael sekundär und teilweise mit der Innenseite nach außen eingesetzten Scheiben müssen nicht aus dem Vorgängerbau der heutigen Filialkirche stammen, sondern könnten theoretisch auch im Kloster St. Florian disponibel gewesen und an die inkorporierte Wachauer Pfarrkirche abgegeben worden sein. Eva Frodl-Kraft vermutete angesichts der Überschneidung des Bildfelds durch die stehenden Figuren und der Reste von Zackenelementen in den ansonsten flüssigen Faltenschwüngen eine Anfertigung der Scheiben in St. Florian (durch den erst ab 1317 belegten „vitriarius“ Magister Wolfhard?) für die niederösterreichische Pfarre nach 1303, dem Zeitpunkt, als das Kloster begann, die Pfarre mit eigenen Konventualen zu besetzen2).
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems St. Florian, Augustiner-Chorherrenkloster, Kunstsammlungen • Apostelzyklus • Gotische Majuskel • Bildfenster • Beischrift •
Frodl-Kraft, Eva •
Raukamp, Petrus •
Schlierbach, Zisterzienserkloster •
St. Florian, Augustiner-Chorherrenkloster •
St. Michael
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Frodl-Kraft, Glasmalerei 188f. (Kat.-Nr. 126f.). – Frodl-Kraft, Glasgemälde (1988) 93–95 (Abb. 389–393).