Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
121 |
Göttweig, Sammlungen |
A. 16. Jh. |
Beckenschlägerschüssel mit Umschrift, getriebenes („geschlagenes“) und gepunztes Messingblech. Vollrunde Schüssel mit hochgezogenem, flach umgebörtelten Rand. Im Zentrum des Schüsselbodens Nabelring, umgeben von sieben stilisierten erhaben geschlagenen Granatapfelblüten (?). Um diese herum, mit Stableiste abgesetzt, aus mehrfacher Wiederholung eines Stempels zusammengesetzte Ornamentleiste mit erhaben geschlagenen buchstabenähnlichen, „kufischen“ Phantasiezeichen unter teilweise freier Zugrundelegung von Formen der Gotischen Minuskel. Durch Stableiste getrennt umlaufend erhabene Inschriftleiste mit durch Stempel geschlagener, sechsmal (teils unvollständig) wiederholter Wortfolge, nach außen mit gepunztem Lilienfries abgeschlossen. Weiter zum Rand hin Kriechwerklaub als Rahmenleiste, durch Stableiste abgesetzt anschließend und am Schüsselrand gepunzte Blattwerkleisten umlaufend.
D. 50 cm, Bu. 1,8 cm. – Majuskelmischschrift.
Textedition
REKOR · DE · IGIa) · SEAL · REKOR · DE · IGIa) · SEAL · REKOR · DE ·
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Anmerkungen
Kommentar
Die Schüssel entstammt mit größter Wahrscheinlichkeit ebenso wie Kat.-Nr. 122 und 227 der Nürnberger Messingwarenmassenproduktion des frühen 16. Jahrhunderts. Zu Beckenschlägerschüsseln allgemein s. Kat-Nr. 227.
Größte Ähnlichkeit des vorliegenden Objekts besteht zu zwei Beckenschlägerschüsseln des OÖ Landesmuseums in Linz (Inv.-Nr. Va 737f.), die ein zwar mit anderem Stempel geschlagenes zentrales Granatapfeldekor, aber mit der oben edierten Umschrift übereinstimmende Leisten mit „kufischer“ Beschriftung aufweisen1). Dieselben Stempel für die Granatapfelblüten (?) sowie den Blattwerkfries am Schüsselrand wurden für eine Schüssel in der Sammlung Steinbüchler in Eferding verwendet2).
Eine überzeugende inhaltliche Deutung des Umschrifttexts ist bislang nicht vorgelegt worden. Die Majuskelmischschrift integriert Einzelformen wie allgemeine Gestaltungsmerkmale der gerade bei kunsthandwerklichen Metallgegenständen extrem langlebigen Gotischen Majuskel (vor allem mit stark geschwelltem Bogen versehenes D und durch Haarstrich geschlossenes unziales E) in den Kanon der Frühhumanistischen Kapitalis mit deren hier zu erwartenden Leitformen wie trapezförmigem und mit beidseitig überstehendem Deckbalken und gebrochenem Mittelbalken versehenem A und epsilonförmigem E. Entgegen der häufig in Frühhumanistischer Kapitalis zu beobachtenden Tendenz zu einer gewissen Linearität der Buchstaben bei relativ schlanken Gesamtproportionen treten (selbst am epsilonförmigen E) auch fette Bogenschwellungen auf, die etwa das oben fast geschlossene leicht eingerollte G, O und S tatsächlich wie die entsprechenden Formen aus Gotischer Majuskel stilisiert erscheinen lassen.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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