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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
138 |
Göttweig, Klosterkirche |
1507 |
Figürliche Grabplatte des Abtes Matthias (I.) Schat(h)ner, roter Marmor, in der Kirchenvorhalle an der Ostwand der erste Stein von Süden, an diesem Standort möglicherweise schon um 17771). Die Umschrift rahmt ein vertieftes Feld mit der Relieffigur des Abtes in Pontifikalgewändern, mit der Rechten das Pedum samt Velum umfassend, in der Linken ein Buch mit Schließen und Buckelbeschlägen haltend, das Haupt mit Mitra auf einem quastenbesetzten Polster aufruhend. Rechts in Höhe des Saums der Dalmatika ein kleiner Wappenschild. Linke untere Ecke nach Bruch verkittet.
H. 239 cm, B. 123,5 cm, Bu. 8 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.
Textedition
Hic est sepult(us) R(everen)d(us)a) in ch(rist)ob) p(ate)r et d(omi)n(u)s d(omi)n(u)s /
Mathias Schathner ex krembs Abb(a)s Mon(aste)ryc) b(ea)te marie v(ir)ginis in
Gott/wico Anno d(omi)ni Millesimod) Qu(in)ge(n)te/si(m)o septi(m)o die veroe)
xima · mensis July Cui(us) a(n)i(m)a r(e)q(ui)escat in pace
Anmerkungen
Kommentar
Der gebürtige Kremser Matthias Schat(h)ner (Schachner), vormals Kellermeister des Klosters, in dem am 20. März 1489 von den 14 Professen des Konvents durchgeführten Wahlgang ohne einfache Stimmenmehrheit geblieben, wurde durch die vom Konvent bestimmten Kompromissare, Dr. Johannes Kaltenmarkter, Passauer Offizial in Wien, Propst Jakob von Klosterneuburg und Dekan Konrad Fügl von Ardagger, zum 36. Abt von Göttweig und Nachfolger des am 15. März verstorbenen Erhard von Steyr gewählt. In seine ökonomisch schwierige, mit einem Schuldenstand von 7000 fl. begonnene Regierungszeit fällt eine langjährige, teils auch mit Tätlichkeiten auf beiden Seiten und der zwischenzeitigen Exkommunikation des Abtes verbundene komplexe Auseinandersetzung mit Bischof Christoph Schachner von Passau (1490–1500). Die zahlreichen Streitpunkte betrafen im wesentlichen die Exemtion Göttweigs, die jeweiligen Rechte der Streitparteien in Mautern und den Vorwurf der Mißwirtschaft und der Disziplinlosigkeit des Göttweiger Konvents gegen Abt Matthias. Zu Jahresbeginn 1496 hielt sich Abt Matthias persönlich einige Zeit in Rom auf, um mehrere Papsturkunden sowie eine Kardinalssammelindulgenz für die Göttweiger Klosterkirche zu beheben und an der Kurie (jedoch vergeblich) die Kanonisation des Klostergründers Altmann sowie die (teils bereits 1388 bzw. 1396 erfolgte) neuerliche Inkorporation der Pfarren in Nappersdorf, Unternalb, Petronell und Hofstetten-Grünau pleno iure zu betreiben. 1497 mußte sich Abt Matthias offenbar auf Druck König Maximilians bereit erklären, zwei Konventualen aus Lambach zur Verbesserung der monastischen Disziplin in Göttweig als Prior des Männer- und Provisor des Frauenkonvents zu postulieren. Noch im Sommer 1498 setzte König Maximilian, den Abt Matthias (I.) in Freiburg i. Breisgau persönlich aufgesucht hatte, Erzbischof Leonhard von Salzburg zum delegierten Richter im Streit mit dem Passauer Bischof ein, knapp darauf aber bestätigte Papst Alexander VI. schließlich über Vermittlung des Göttweiger Prokurators an der Kurie, Magister Rupert Spiegel, und mit Hilfe des Fuggerschen Faktors Johannes Zink die Göttweiger Exemtion, während die vom Passauer Bischof verhängten Kirchenstrafen für nichtig erklärt wurden. Erst der Tod des Passauer Bischofs bedingte jedoch 1500 das tatsächliche Ende der Streitigkeiten. 1493 hatte Abt Matthias an den Exequien Kaiser Friedrichs III. am 7. Dezember St. Stephan in Wien, im Folgejahr an dessen Jahrtag am 18. August teilgenommen.
Im Göttweiger Frauenkloster ließ Abt Matthias den Kreuzgang neu decken und einen neuen Raum über dem Dormitorium einrichten sowie zahlreiche Baumaßnahmen an den Klostermauern und den Klosterhöfen unter dem Göttweiger Berg durchführen. 1502/03 dürfte er eine neue Klostertaverne im äußersten Süden der Klosteranlage errichten haben lassen. In der Klostertradition gilt er weiter als Urheber des Neubaus des spätmittelalterlichen Klosterhofs (Brandhof ) in Niederranna seit 15013). Schat(h)ner richtete die Konföderation Göttweigs mit den Klöstern St. Georg in Prüfening (1495), Seckau (1500) und St. Zeno in Reichenhall (1502) ein4). 1502 sandte Matthias, der 1500 im Zusammenhang mit Vorwürfen der Mißwirtschaft Maxmilian seine Resignation im Fall einer Visitation Göttweigs mit negativem Ergebnis angeboten hatte, eine Totenrotel an die mit Göttweig konföderierten Klöster, die eine umfangreiche, für die prosopographische Erfassung des Konvents aufschlußreiche Liste der Verstorbenen aus dem Göttweiger Männer- und Frauenkonvent sowie der Familiaren des Klosters aus den Regierungszeiten der beiden letzten Äbte, Lorenz Gruber und Erhard von Steyr, enthält5). Abt Matthias starb nach offenbar längerer Krankheit – 1503 hielt er sich im Bad in Gastein auf, 1506 mußte er sich auf dem Landtag vertreten lassen – am 11. Juli 1507, sein Nachfolger wurde der aus Wasserburg stammende Sebastian (I.) Dräxel (Drechsler). Da die Äbtekataloge und Nekrologien des Klosters den 13. Juli (Margarete) als Sterbetag Schat(h)ners vermerken, vermutete Schenggl in dem auf der Grabplatte angegebenen Datum den eigentlichen Sterbetag, in der Angabe der anderen Quellen jedoch den Tag des Begräbnisses6).
Auch zu Abt Matthias hatte um 1600 eine Darstellung im Rahmen einer geschlossenen Serie von Äbtebildern in Göttweig existiert7).
Harry Kühnel sah in der vorliegenden Grabplatte stilistische Parallelen zum Grabdenkmal des Mondseer Abtes Wolfgang Haberl in der Petrus- und Marienkapelle der ehem. Klosterkirche8). An der locker spationierten und sehr exakt ausgeführten Inschrift ist angesichts zahlreicher an freien gebrochenen Bogenenden bzw. Schaftenden an der Basislinie angesetzter feiner, sich meist nach rechts einrollender Haarzierlinien ein hoher dekorativer Anspruch abzulesen. Die Versalien hingegen sind eher einfach und konservativ aufgebaut, sieht man von dem mit einer exzessiv verschlungenen Haarzierlinie im Oberlängenbereich versehenen H am Beginn der Inschrift ab. Über den Schaft des i ist konsequent ein kleiner runder i-Punkt gestellt.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Göttweig, Klosterkirche • Grabplatte • roter Marmor • Gotische Minuskel • Inschriften des Totengedenkens •
Alexander VI. •
Altmann •
Dräxel, Sebastian •
Enenkel, Job Hartmann •
Erhard von Steyr •
Friedrich V. •
Fügl, Konrad •
Gruber, Lorenz •
Haberl, Wolfgang •
Jakob •
Kaltenmarkter, Johannes •
Keutschach, Leonhard •
Kühnel, Harry •
Maximilian I. •
Niklas •
Schachner, Christoph •
Schachtner, Elisabeth •
Schachtner, Heinrich •
Schatner, Matthias I. •
Spiegel, Rupert •
Zink, Johannes •
Bad Gastein •
Dürnstein, Klarissenkloster •
Freiburg i. Breisgau •
Göttweig, Benediktinerkloster •
Hofstetten-Grünau •
Kottes •
Krems a. d. Donau •
Lambach, Benediktinerkloster •
Mondsee, Benediktinerkloster •
Nappersdorf •
Niederranna, Brandhof •
Petronell •
Prüfening, Benediktinerkloster •
Reichenhall, Augustiner-Chorherrenkloster •
Rom •
Seckau, Augustiner-Chorherrenkloster •
Unternalb •
Wasserburg a. Inn •
Wien, St. Stephan
Abbildungen
Abb. 89: Grabplatte des Abtes Matthias Schat(h)ner (1507) ©
ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)
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Hier liegt begraben der in Christus ehrwürdige Pater und Herr, Herr Matthias Schathner aus Krems, Abt des Klosters zur Hl. Jungfrau Maria in Göttweig, im Jahr des Herrn 1507, am elften Tag des Monats Juli, dessen Seele in Frieden ruhe.