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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

149 St. Michael, Fk. Hl. Michael 1513

Grabplatte der Ottilia Aichberger, roter Marmor, innen unter der Orgelempore in der Mittelschiff­längsachse im Boden, vermutlich ursprünglich und spätestens 1907 außen vor dem Südportal im Boden, dort noch 1962, 1968 bereits im Boden des Langhauses. Hochrechteckige Platte mit fünfzeiliger Inschrift im oberen Drittel, Rest leer. Oberfläche, an der linken Kante stark, abgetreten.

H. 176 cm, B. 90 cm, Bu. 6,5 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

Dy erber fraw Otilia aich/pergerin ist gestorbe(n) an / [s]and veits abent Jm xv / C vnd xiij iar vnd ligt hy / hegrabena)

Anmerkungen
a) sic!

Datum: 1513 Juni 14.


Kommentar

Mehrere Angehörige der Familie Aichberger waren im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert im Bearbeitungsgebiet ansässig (vgl. auch Kat.-Nr. 114). Wolfgang Aichberger, möglicherweise Müller in Krems, war bereits 1444 Kremser Bürger, zumindest 1446, 1451, 1454, 1456, 1466 und 1478 Mitglied des Kremser Rats, 1476 Stadtrichter und 1477 Bürgermeister1). Um 1493 besaß er oder ein gleichnamiger jüngerer Verwandter (Sohn?) eine Tegernseer Point in Unterloiben, von der der halbe Weinzehent an das Kloster, weitere Dienste an das Dürnsteiner Klarissenkloster zu leisten waren2). Hans (d. Ä.) Aichberger war 1480 Zechmeister der Weißenkirchener Gottesleichnams-(Fronleichnams-)Zeche3). 1512 war Ulrich Aichberger zu Weißenkirchen, der seinem mutmaßlichen Vater Hans (d. Ä.) spätestens 1495 im Zechmeisteramt gefolgt war, der Weingarten „Pranngerl“ neben dem „Hersteig“ bei Weißenkirchen dienstbar, den das Kloster Dürnstein mit dem Benediktinerkloster Seitenstetten gegen einen Weingarten „der Judenperg“ oberhalb von Dürnstein im Pfaffental tauschte4). Wolfgang Aichberger tauschte 1521 mit den namentlich nicht genannten Kindern seines Vetters sein Haus in Weißenkirchen gegen deren Lehen in Weißenkirchen am Wasserweg im Burgviertel5). Leopold Aichberger betrieb 1533 vor der NÖ Regierung die Rückgabe des von seinem namentlich nicht genannten Großvater an die Weißenkirchener Fronleichnamsbruderschaft gestifteten Weingartens „Modsidl“6). Paul Aichberger war 1496 Schulmeister von Weißenkirchen und fungierte 1520/23 anstelle des Pfandinhabers Kaspar Winzerer als Verweser der Herrschaft Dürnstein, 1524/31 trug er den Titel eines Notars. Im Anschlag über die Häuser in Weißenkirchen von 1523 wird er als Inhaber zweier Häuser im Marktviertel (heute vielleicht [Marktpl.] Nr. 18 und 20, ursprünglich mit Nr. 24 einen zusammen­gehörigen Komplex im Bereich Marktpl./Kremserstr. bildend) genannt, die 180 lb. den., mit den zugehörigen Weingärten 1206 lb. den. wert waren7). Seiner Frau (Witwe?) Katharina und deren Söhnen Georg und Hans (d. J.) verlieh Bischof Philipp von Freising 1534 den Weingarten „Hästeig“ in Weißenkirchen zu Leibrecht8). Der genannte Hans (d. J.) Aichberger, Bürger von Weißenkirchen, verstarb vor 1552. Seine Witwe Juliana verkaufte in diesem Jahr den Weingarten „di Achleutten“ in Weißenkirchen, neben dem der Marienbruderschaft gelegen, an Veit von Zelking zu Weinberg9).

1) S. Plesser, Kirchengeschichte (1954) 95f., Görg, Bürgermeister 34–36 (Angaben unvollständig), Gall, Siegel 494 (Kat.-Nr. 586, Stadtarchiv Krems, Urk. 275, 1446 März 4; Abb. 101/2), NÖLA, Privaturk. 2728 (1451 September 30, Krems), OÖLA, Herrschaftsarchiv Weinberg, Urkundensammlung Nr. 372, 1454 März 30, Krems ( Jörg Fuchs, Bürger von Krems, und seine Frau Elisabeth verkaufen ihr Lehen von vier Joch Weingarten in Hundsheim, neben dem Weingarten des Klosters St. Pölten und dem des Bischofs von Passau gelegen, sowie eineinhalb Joch Acker im Mauterner Feld an Erhard von Zelking. Als Zeugen fungieren Achaz Gotzperger, Kremser Schlüsselamtmann, Wolfgang Hohenwarter, Richter von Krems und Stein, und die beiden Räte von Krems und Stein, Wolfgang Aichberger und Niklas Pfleger) und Regesten Kaiser Friedrichs III. 22, Nr. 135 (HHStA, AUR 1466 IX 13). Ob der noch 1483 als Kremser Bürger Aufscheinende und der zur selben Zeit als Diener des Klosters Lilienfeld mehrfach als dessen Urkundenzeuge fungierende Wolfgang Aichberger identisch sind, ist unklar, vgl. Winner, Urkunden Nr. 1129 (1454 August 9) und 1142 (1458 April 14) und Plesser, Kirchengeschichte (1932) 435 (1483 Juni 4). Zu Wolfgang Aichberger als Stifter der Eisentür zum Hauptportal der Kremser Bürgerspitalskirche von 1470/1477 vgl. Kühnel, Tausend Jahre 5 und Wagner-Rieger, Architektur 97 und 117f. (Kat.-Nr. 40). Ob die Weißenkirchener bzw. Kremser Aichberger mit dem 1494 als Pfleger von Wolfstein aufscheinenden Michael Aichberger verwandt waren, kann ebenfalls nicht geklärt werden, vgl. Fuchs, Urkunden (1906) Nr. 405. Als Herkunftsname läßt sich der Name mit keinem der zahlreichen niederösterreichischen Orte dieses Namens verbinden.
2) S. BayHStA München, Klosterliteralien Tegernsee 156 (Papierhs. E. 15. Jh.: „Registra Austrie [...]“) unfol. 1471 erscheint der Kremser Bürger Wolfgang Aichberger (d. J. oder d. Ä.?) als Zeuge in einer Dürnsteiner Urkunde, s. StiA Herzogenburg, D. n. 313 (1471 Mai 4).
3) S. Plesser, Kirchengeschichte (1951) 533 (1480 Mai 12).
4) S. StiA Herzogenburg, D. n. 390 (1512 April 13), Plesser, Kirchengeschichte (1939) 118f. und Plesser, Kirchengeschichte (1951) 534 (1495 Mai 2, Weißenkirchen).
5) Plesser, Kirchengeschichte (1951) 577 (1521 November 23).
6) S. Plesser, Kirchengeschichte (1951) 545.
7) S. Marktarchiv Weißenkirchen, Urk. 105 (1496 Jänner 26), 140 (1524) und 146 (1531), vgl. Plesser, Kirchengeschichte (1951) 534, 576 (1520 August 9) und 581 sowie Kafka, Wehrkirchen 2, 94. 1523 besiegelte er als Verweser der Herrschaft Dürnstein den Verkauf des Teisenhoferhofs von Michael und Ottilia Alantsee an die Gerhaben der Margarete Lechner, s. Plesser, Kirchengeschichte (1951) 578f. (1523 März 4). 1502 hatte er zusammen mit anderen Zechmitgliedern die Rechnung über den Turmbau an der Weißenkirchener Filialkirche vom Baumeister (Kirchenbauaufseher) Wolfgang Fröhlich entgegengenommen, s. Plesser, Kirchengeschichte (1951) 536. Wie der 1509 im Streit mit Stephan K(h)ornhu(e)t von Penzing (heute Wien XIV) liegende Priester Paul Aichberger von Weißenkirchen mit dem oben genannten Paul verwandt ist, muß unklar bleiben, s. Plesser, Kirchengeschichte (1951) 536f. (1509 November 2).
8) S. BayHStA München, Klosterurkunden Hochstift Freising (1534 September 9, Freising), Paul Aichberger war offenbar knapp vor Ausstellung der Urkunde gestorben. Noch zu Jahresende 1533 hatte er den Schuldbrief des Peter Welser von Joching an den Melker Kellner besiegelt, s. Plesser, Kirchengeschichte (1939) 453 (1533 November 14, Weißenkirchen).
9) S. OÖLA, Herrschaftsarchiv Weinberg, Urkundensammlung Kt. 24, Nr. V/12, 1552 Juni 20. Der Weingarten hatte offenbar einen Dienst von 6 Eimer Wein an das Ennser Bürgerspital zu leisten. Da die Erben des verstorbenen Meister Paul (Aichberger) den Dienst seit zwei Jahren nicht mehr reichten, klagten Richter und Rat von Enns 1543 beim Wachauer Rat darüber, s. Plesser, Kirchengeschichte (1951) 589 (1543 Mai 25, Enns).
Literatur

DASP, Nachlässe 5, Heft K, fol. 16r. – ÖKT 1, 569. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 377 („Elf Grabsteine, 1513–1806“). – ÖAW, NLH, 27. 8. 1962. – Adamek, Grabdenkmäler (1968) Kat.-Nr. 43 (Abb. 39). – Dehio Nord 1021 (falsche Standortangabe: „vor dem Südportal“).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 149,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil2/noe-3-obj149.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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Abbildungen

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Abb. 86: Grabplatte der
Ottilia Aichberger (1513)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)