|
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
161 |
Oberranna, Burgkirche Hl. Georg |
1519 |
Zwei Fragmente der Wappengrabplatte Leopolds (III.) von Neidegg zu Ranna und der Katharina von Kropáč, hellroter Marmor, außen an der Südwand der erste und zweite Stein von Westen. Ursprünglich und noch 1834 in der Paulinerklosterkirche Unterranna, 1840 bereits zerbrochen auf einem Schutthaufen am Gelände des Graphitwerks in den noch aufrechten Konventsgebäuden1), 1900 in zwei Teile zerbrochen in einer Gasse (?) neben dem Bengelbach auf dem Weg zum Kalvarienberg in Niederranna, um 1933 offenbar bereits in der Burg(-kirche?) Oberranna. Die beiden gegenständlichen Fragmente 1962 im Kirchenraum der Burgkirche ohne fixe Aufstellung an die Wand gelehnt. Gesamte Platte ursprünglich hochrechteckig, oben fünfzeilige Inschrift (I), darunter zwei aneinandergelehnte Vollwappen, ganz unten sechszeilige Inschrift (II). Das querrechteckige Fragment 1 umfaßt Reste der oberen Inschrift am linken Plattenrand und der Helmzierden des (heraldisch) rechten Wappens, das hochrechteckige Fragment 2 Reste der unteren Inschrift am linken Plattenrand.
H. (Fragment 1) 96 cm, B. 104 cm, H. (Fragment 2) 63 cm, B. 36 cm, Bu. 6 cm (I) bzw. 5 cm (II). – Gotische Minuskel mit Versalien.
Beschreibung und Textergänzungen nach StiB Göttweig, Cod. rot 895 (Dückelmann), fol. 157r.
Textedition
I.
Anno domini 1[519 Jara) am] / abent des heilligen zw[elfboten St.b)] / Thoma
ist gestorbe(n) · d(er) · edl [gestrenge] / Ritter her Leopold von N[eüdeckc)] /
von Ranna dem got genä[dig seyd)]
II.
An sand [margarethee) abend ist gestorben] / Fraw kha[tarinaf) herrn Leopold
von] / Neydeck v[on Ranna gemahel eineg)] / von Grop[asch der Got genadigh)
sey] / Anno do[mini 1495i) Jar vnd liegen] / paydej) hie [begraben]
Anmerkungen
Datum: 1519 Dezember 20; 1495 Juli 11.
Wappen: Neidegg2); Kropáč3).
Kommentar
Leopold (III.), ein Sohn Friedrichs (II.) von Neidegg zu Rastenberg, hatte nach dem Tod seines Vetters Rueland (Roland), des letzten männlichen Vertreters der Linie zu Ranna, 1484 die Herrschaften Ranna, Brunn a. Walde und Albrechtsberg sowie die Pfandherrschaft Gars ererbt, Rastenberg als väterliches Erbe war an seinen Onkel Martin (III.) gefallen4). 1487 präsentierte er offenbar nach Erreichen der Vogtbarkeit als Inhaber von Brunn a. Walde zusammen mit dem Vikar von St. Michael, Christoph Sinzendorfer, den Priester Michael Wirth auf die Lilienfelder Pfarre (Ober-)Meisling5). 1491 verkaufte er die Burg Zagging samt Zubehör an die Brüder Jakob und Christoph Grabner (s. Kat.-Nr. 108)6). 1493 (richtiger wohl 1498) verkaufte er Kaspar von Roggendorf das Amt Spielberg und mehrere Gülten in der Umgebung7). 1494 verkaufte er seinem Onkel Martin (III.) von Neidegg zu Rastenberg die Dörfer Königsbach, Pürbach (?) und Schwarzau sowie weitere Gülten8). Gegen Ende des 15. Jahrhunderts hatte er 30 lb. den. an Gült oder ständischen Kontributionen zu entrichten9). Neben der seit 1444 im Besitz der Neidegger von Ranna befindlichen Pfandherrschaft Gars war er Pfandinhaber von Jaidhof (erstmals 1451 an Leopold [II.] von Neidegg ausgegeben) und des Gföhlerwalds samt Ungeld und Landgericht. Beide Pfandherrschaften ließ er sich 1515 von Lienhard (Leonhard) Rauber ablösen10). Noch 1496 wurde er mit der Burg Ranna samt Zubehör als landesfürstliches Lehen, 1499 mit Melker Gütern in Elsarn am Jauerling und Habruck belehnt11). 1499 kaufte er vom Wiener Bürger Wolfgang Strabner und dessen Frau Kunigunde deren Haus am Hauptplatz in Gföhl samt einem zugehörigen Hof in Alt-Gföhl12). 1504 belehnte ihn König Maximilian I. mit dem durch den Tod des Sigmund Leisser (?) heimgefallenen Leisserhof (?) in Gföhl13). 1509 kaufte er die Burg Lichtenau samt Zubehör von Prokop Zajímač von Kunstat zu Jeispitz an14).
Aus der Ehe von Leopold und Katharina von Neidegg stammten die Söhne Hans (X.), verheiratet mit Barbara, Tochter des zeitweiligen Hofmeisters der Königin Maria, Bartholomäus von Firmian, und der N. Tänzl von Tratzberg, und Wolfgang (III.), Begründer der Wildegg-Sittendorfer Linie der Neidegger, verheiratet mit Margarete Hager.
Die Platte dürfte angesichts der charakteristischen Versalien ebenfalls aus der produktiven Werkstatt des „Sigmund Rueder“ (s. Einleitung S. LXIII–LXVII) stammen.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
|
|
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Oberranna, Burgkirche Hl. Georg • Wappengrabplatte • hellroter Marmor • Gotische Minuskel mit Versalien • Inschriften des Totengedenkens •
Firmian, Barbara •
Firmian, Bartholomäus •
Grabner, Christoph •
Grabner, Jakob •
Hager, Margarete •
Kropáč, Anna •
Lasberger, Bartholomäus •
Lasberger, Bernhard •
Maximilian I. •
Morechss, Wolfgang •
Neidegg, Friedrich II., Hans VI., Hans X., Leopold II., Leopold III., Martin III., Rueland, Wolfgang III. •
Rauber, Lienhard •
Roggendorf, Kaspar •
Rueder, Sigmund •
Sinzendorf, Christoph •
Strabner, Kunigunde •
Tänzl •
Viechtensteiner, Andreas •
Wirth, Michael •
Zajímač, Prokop •
Zecherl, Bartholomäus •
Zelking, Hans •
Albrechtsberg a. d. Gr. Krems •
Brunn a. Walde •
Elsarn a. Jauerling •
Gars a. Kamp •
Gföhl, Gföhlerwald •
Habruck •
Jaidhof •
Königsbach •
Lichtenau i. Waldviertel •
Melk, Benediktinerkloster •
Mittelberg •
Niederranna, Brandhof •
Pürbach •
Ranna •
Rastenberg •
Schwarzau •
Spielberg •
Thunau a. Kamp, Filialkirche •
Unterranna, Paulinerkloster •
Zagging
Abbildungen
Abb. 94–95: Grabplattenfragmente des Leopold und der Katharina von Neidegg (1519) ©
ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)
|