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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

171 Rastenfeld, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1521

Wappengrabplatte der Benigna Amalia von Rottal (verh. von Neidegg), roter Marmor, an der Südwand der südlichen Seitenkapelle („Ritterkapelle“), ursprünglich im Boden des Chors vor dem Hochaltar, teils (vermutlich rechte Kante) von Mobiliar oder Altarstufe verdeckt, 1929 gehoben und am heutigen Standort aufgestellt. Die Umschrift (an den Schmalseiten der Platte jeweils in zwei Zeilen geführt) rahmt ein leicht vertieftes Feld, das völlig von dem Vollwappen ausgefüllt wird. Gesamte Platte (zweites Schriftband etwas weniger) abgetreten, die rechte untere Ecke durch schräggrechten Abbruch unter teilweisem Schriftverlust beschädigt.

H. 190 cm, B. 101 cm, Bu. 6 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

Anno · d(o)m(in)i · 15[2]1a) · Anb) // sambstag · vor · der · driuel/tigkait · Jst · gestorben · die · Edl · fraw · Beni[gna – – – / vo]nc) · Rottal · des · Edlnd) · / Vesten · Wilhalm · von / Neydeck · gemahel · der · sel · gott [·] gnedig [·] sein [·] welle)

Anmerkungen
a) Beschädigung ergänzt nach der unten angeführten Literatur.
b) folgt der Text der zweiten Z. des ersten Schriftbands.
c) das Ausmaß der Beschädigung am Ende des zweiten Schriftbands läßt das Fehlen eines weiteren Worts, entweder geborne o. ä., bzw. ihres zweiten Vornamens Amalia, wohl in der zeitgenössischen Schreibweise Amaley vermuten.
d) folgt der Text der zweiten Zeile des dritten Schriftbands.
e) Trennzeichen quadrangelförmig, im letzten Schriftband tlw. völlig abgetreten.

Datum: 1521 Mai 25.

Wappen: Rottal1).


Kommentar

Benigna Amalia von Rottal war vermutlich eine Tochter des Grazer Stadtrichters (1447) Thomas von Rottal (gest. 1479) und der Elisabeth Seidennatter. Benignas Bruder wäre demnach der einflußreiche Aufsteiger, kaiserliche Rat Friedrichs III., NÖ Regimentsrat (seit 1510, ab 1513 Leiter des Regiments mit dem Titel eines [Oberst-]Landhofmeisters) sowie Leiter der Rechenkammern (Raitkammer) Maximilians I. und Ferdinands I., Georg von Rottal, (seit 1495) Freiherr zu Thalberg gewesen, der – seit 1513 vermählt mit Margarete von Rappach – 1525 in Wien verstarb und im Minoritenkloster bestattet wurde2). Benigna heiratete Wilhelm (II.) von Neidegg zu Rastenberg (s. Kat.-Nr. 223) nach dem Tod von dessen erster Frau Siguna Wenger (s. Kat.-Nr. 128). Aus beider Ehe stammten neun Kinder, von denen jedoch (nach dem Tod der früh verstorbenen Servatius [I.] und Franz sowie der mit Ulrich von Prank zu Hof verheirateten Maxentia) 1533 nur mehr sechs am Leben waren: Regina, die Eustach Stodoligk geheiratet hatte (s. Kat.-Nr. 199), Brigitta, Gemahlin des Hans Kirchberger (s. Kat.-Nr. 210), Martin (V.), Archidiakon und Domherr in Trient und Passau, gest. 1558 und begr. in Brixen, Otto (IV.), Rat und Kämmerer Ferdinands I., verheiratet mit Anna von Rožmitál, gest. 1576, Servatius (II.), verheiratet (seit 1557) mit Maria Salome von Mam(m)ing, danach mit Eva Susanna von Prösing, Rat und Regent des Regiments der NÖ Lande, gest. 1584, und Ulrich (VI.), verheiratet (seit 1554) mit Klara Marschall von Reichenau, gest. 1568. Den vier Söhnen und ihren Vettern Karl und Viktor wurde 1533 gemeinsam mit ihrem Vater Wilhelm die Herrschaft Rastenberg bis auf sechs Jahre nach dem Tod ihres Vaters verliehen3). Servatius erscheint 1571 als Mitglied einer Kommission der NÖ Regierung im Streit zwischen der Pfarrgemeinde Albrechtsberg und Elisabeth von Peukham4). Rastenberg wurde Otto 1552 auf Leibgedinge verliehen, Ulrich 1577 nach dem Tod seines Bruders als Mannslehen ausgegeben. Ulrich besaß 1561 den Neideggerhof (bei St. Ulrich in Wien, heute Wien VII.?) und (seit 1534) die Burg Wildegg im Wienerwald5).

Mit dem Namen der Benigna von Rottal ist ein Ahnenwappen in der mütterlichen Reihe der Ahnenprobe auf der Wappengrabplatte des Passauer Domkanonikers Johann Sigismund von Lamberg (gest. 1634) im Passauer Domhof bezeichnet6).

Die Umschrift weist bei insgesamt mäßig breitem Gesamteindruck bereits einige Anzeichen für die Abkehr von den strengen Formen der Gotischen Minuskel auf: freilich ist dies weniger an den durchaus kanongemäßen Einzelformen der Buchstaben selbst abzulesen, als vielmehr an der Tendenz zur Durchbiegung weit ausgezogener Schrägschäfte (etwa bei d), der wieder etwas runderen Auflösung der gebrochenen unteren Bögen bei g bzw. oberen Bögen bei a, schließlich an der sehr deutlichen, fast hypertrophen Spaltung der Schaftenden von d, k und l (besonders im zweiten Schriftband). Sehr modern ist auch die Form des Versals A (Anno).

1) S. Si OÖ 304f. und Taf. 80 (Rothal, Wappen III) und NÖ 1, 382 und Taf. 214 (Rothal, Wappen I), vgl. auch NÖLA, Hs. 236/5, pag. 416.
2) S. meist knappe Angaben zu Georg von Rottal in NÖLA, Hs. 236/5, pag. 417–419, bei Lind, Relief 165, Starzer, Beiträge 133–137, Si OÖ 305 und NÖ 1, 382, Perger, Bürgermeister 76, Anm. 336, Perger, Adel 277f. (Kat.-Nr. 12.07) und Hollegger, Maximilian 230. 1502 war Georg NÖ Ritterstandsverordneter, s. NÖLA Hs. 66 (unfol.) und NÖLA, Hs. 236/5, pag. 418, nach Starzer, Beiträge 133–137, Herrenstandsverordneter, 1514 wurde er Hofmeister der Königin Anna, s. Heiß, Königin Anna 420f. Zur kopial überlieferten Grabinschrift Georgs und seiner erst 1552 verstorbenen Frau in der Wiener Minoritenkirche, möglicherweise auf einem gemalten Epitaph angebracht, s. ÖNB, Cod. Ser. nov. 12.781, pag. 129. Zur aus Thalberg stammenden sogenannten Rottal-Tafel, einer 1505 für Jörg angefertigten Arbeit (Steiermärkisches Landesmuseum Joanneum Graz, Inv.-Nr. 331) vgl. zuletzt Mader/Telesko, Spätmittelalter 466f., Kat.-Nr. 233 ( Janez Höfler) und 126 (Farbtaf.). Die gesamte Familie wurde erst 1601 in den NÖ Herrenstand aufgenommen, s. NÖLA, Hs. 236/5, pag. 418, und vgl. zum entsprechenden Dekret mit der Nennung legitimierender älterer Epitaphien der Familie als Belege für die alte Zugehörigkeit zum Herrenstand Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 69.
3) NÖLA, Hs. 78/3, pag. 641 und 822, Si NÖ 1, 314, Plesser, Kirchengeschichte (1911) 243, Biedermann, Rastenfeld 37f. und Hausmann, Neudegger 132–136, 207 und 209, s. auch Kat.-Nr. 223. Bei Si NÖ 1, 315 gilt Ulrich fälschlich als Sohn aus Wilhelms vierter Ehe mit Cäcilia von Auersperg.
4) Biedermann, Rastenfeld 37 und DASP Pfarr- und Klosterakten Albrechtsberg, s. auch ausführlich Kat.-Nr. 320. Servatius (II.) fungierte 1574 als Kommissar der NÖ Kammer bei der Übergabe der Pfandherrschaft Weitra von den Erben Philipp Breuners an Christoph Greiß zu Wald, s. NÖLA, Privaturk. 4169 (1571 April 14, Wien), vgl. Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Reg. 199.
5) Biedermann, Rastenfeld 38 und Si NÖ 1, 315. Otto von Neidegg machte 1551 sein Testament, das der Abt von Zwettl besiegelte, s. Linck, Annales 2, 437. 1571 beschwerte er sich beim Passauer Offizial Melchior Klesl über Ulrich von Lamberg, der als Patronatsinhaber den protestantischen Prädikanten Nikolaus Rappisch auf die Pfarre Rastenfeld, deren „stifter“ die Neidegger seien, eingesetzt hatte. Klesl befahl daraufhin dem Zwettler Propst und Dechant, Johannes Zenonian, Rappisch mit Hilfe des Neideggers abzusetzen, s. DASP, Pfarr- und Klosterakten Rastenfeld (1571 Jänner 29, Wien; Konzept).
6) S. DI 67, Kat.-Nr. 835. Die Position des Wappens deutet korrekt auf die Urgroßelterngeneration des Probanden hin. Die Mutter des Probanden, Eva von Neidegg, war eine Tochter Ottos (IV.) von Neidegg und der Anna von Rožmitál, deren Eltern Wilhelm (II.) von Neidegg und Benigna Amalia von Rottal. Das Passauer Grabdenkmal nennt als Mutter der Benigna von Rottal jedoch eine Anna von Haugwitz.
Literatur

Tschischka, Kunst 105. – Schweickhardt OMB 6, 140. – DASP, Nachlässe 5, Heft G, fol. 2r. – Biedermann, Rastenfeld 37f. – Donin, Wildegg 129. – Hausmann, Neudegger 207. – Plesser, Kirchengeschichte (1951) 53. – Eppel, Waldviertel 191. – ÖAW, NLH, 3. 4. 1965. – Adamek, Grabdenkmäler (1968) Kat.-Nr. 50 (Abb. 44; fälschlich „graue Marmorplatte“). – Zotti, Kunst 2, 308. – Dehio Nord 948. – Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Kat.-Nr. 58.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 171,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil2/noe-3-obj171.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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