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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

172 Unterloiben, Pfk. St. Quirin 1521

Wappengrabplatte des N. Salzburger, hellroter Marmor, außen an der Chorsüdseite zwischen erstem und zweitem Strebepfeiler an der Wand, der dritte Stein von Westen. Die erhaben gearbeitete, zwischen zwei rahmenden Leisten angeordnete Umschrift rahmt ein hochrechteckiges Feld: unter seicht reliefierter Muschelnische (die Zwickel mit je einer heraldischen Lilie ausgefüllt), auf zwei perspektivischen Pfeilern auflagernd (zwischen diesen Granatapfel an Fruchtschnur abhängend), zwei aneinander­geschobene Eheallianzwappen mit Putto als Schildhalter.

H. 99 cm, B. 50 cm, Bu. 5 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

Der · Erber · Jv(n)gli/ng · han(n)sen · salltzsbvrgers · von / wasserbvrg · / sv(n)a) · starb · am · mo(n)tag · nochb) · fra(n)c(i)sci 1·5·21c)

Anmerkungen
a) Kürzungsstrich kaum sichtbar.
b) o klein über der Oberlinie des Mittelbands nachgetragen.
c) Jahreszahl verkleinert in den oberen zwei Dritteln des Mittelbands; Trennzeichen quadrangelförmig.

Datum: 1521 Oktober 7.

Wappen: Salzburger1); unbekannt2).


Kommentar

Hans Salzburger, Bürger von Wasserburg am Inn, kaufte 1521 unter Zustimmung des dortigen Rats gemeinsam mit seiner Frau Barbara Güter und Gülten der seit 1433 existierenden Werder-Meßstiftung in der Wasserburger Pfk. Hl. Jakob vom zuständigen Benefiziaten, Georg Strasser, um 6 lb. 5 ß den3). Der als Jugendlicher verstorbene und in der Inschrift nicht namentlich genannte Sohn des Paars dürfte auf Reisen – möglicherweise in der Donau – ums Leben gekommen und am Sterbeort in Unterloiben bestattet worden sein (vgl. die entsprechende explizite Formulierung in Kat.-Nr. 213).

Die in der älteren Literatur wohl unrichtig als unter oberitalienischem Einfluß stehend besprochene Grabplatte ist typisch für die Verwendung von Renaissance-Ornamentik-Versatzstücken, wie sie von salzburgisch-bayerischen und österreichischen Werkstätten im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts gerne geübt wurde. Eine von Hans Tietze angenommene Herkunft aus der Werkstatt der Wappengrabplatte des Hans Pleisteiner (gest. 1520) in Stein – tatsächlich dürfte bei jener ein loser Bezug zur Werkstatt Jörg Gartners bestehen – ist abzulehnen4).

Die sichtlich monumental konzipierte erhabene Inschrift kann in der Qualität der Ausführung ihrem hohen Anspruch nicht gerecht werden: wenig harmonische Proportionen (sehr breite Schäfte bei gedrungenem Mittelband), ein leichtes Schwanken des Duktus und Schwierigkeiten bei der exakten Umsetzung der Quadrangeln an den Schaftenden (diese erscheinen an der Basislinie und der Oberlinie rechtwinkelig nach rechts bzw. links gebrochen, wodurch die Quadrangeln zu plumpen gleichseitigen Dreiecken verschoben werden, und zweischaftige Buchstaben eine hochrechteckige Innenkontur erhalten) ergeben einen wenig gelungenen Gesamteindruck.

1) Hausmarke, s. Nachzeichnung in Anhang 1.
2) Gekreuzter Schiffshaken und Spaten.
3) Stadtarchiv Wasserburg a. Inn, Urkunden R 140f. (1512 Februar 1; eine Ausfertigung, ein Transsumpt); s. die Regesten in: Die Heimat am Inn. Sammelblätter zur Heimatgeschichte und Volkskunde 7/10–11 (1934) 6f. Für diese Mitteilung mit Schreiben vom 29. November 2001 bin ich Matthias Haupt (Stadtarchiv Wasserburg a. Inn) zu herzlichem Dank verpflichtet.
4) S. ÖKT 1, 27, wo in Bezug auf die Unterloibener Platte sogar von einer „technischen Übereinstimmung mit der paduanischen Plastik“ und einer „Analogie in Motiv und Komposition“ mit oberitalienischen Denkmälern die Rede ist. Zur Pleisteiner-Platte vgl. vorerst Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Kat.-Nr. 56 und Epp, Minuskel; in Zukunft s. den ebenfalls vom Bearbeiter vorbereiteten Band mit den Inschriften der Statutarstadt Krems a. d. Donau.
Literatur

Lind, Vereins-Excursion 118. – ÖKT 1, 27 und 310 (Fig. 205; fälschlich „Salltzl“). – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 352 („14 Grabsteine 1490–1825“). – ÖAW, NLH, 29. 8. 1962. – Adamek, Grabdenkmäler (1968) Kat.-Nr. 49 (Abb. 43; fälschlich „Hansen Salltzl“). – Zotti, Kunst 2, 226. – Dehio Nord 1198 (fälschlich „Hansen Salltzl“).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 172,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil2/noe-3-obj172.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 106: Grabplatte des
N. Salzburger (1521)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)