Inschrift-logo

  Suche         Druck     Hilfe  

 

Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

191† Lengenfeld, Kremser Str. 9 (Pfarrhof ) 4. V. 15.-1. V. 16. Jh.

Zwei Fragmente einer Grabplatte (?), Stein, noch wenigstens 1962 am Fuß der Stiege in den Pfarrhofgarten oder im Vorhaus des Pfarrhofs im Boden liegend, vermutlich im Zuge der Restaurierung des Gebäudes 1972 verschwunden. Das querrechteckige Fragment 1 zeigt an drei Seiten Reste einer vertieft erhaben gearbeiteten Umschrift (?; I), an der unteren Breitseite ein den gesamten verbleibenden Binnenraum einnehmendes Jesugramm (II). Das ebenfalls querrechteckige Fragment 2 trägt eine über die gesamte Breitseite laufende einzeilige Beschriftung (III). Beide Bruchstücke 1962 teilweise stark abgetreten bzw. verwittert.

Gotische Minuskel.

Standortangabe, Beschreibung und Textwiedergabe nach ÖAW, NLH, 10. 6. 1962 bzw. Aufnahme BDA N 26573f.


Textedition
			

I. – – –]tar[./....]edili[..]/bolsa)[– – – II. ies(us)b) III. – – –]eilocc)[– – –

Anmerkungen
a) nach tar Reste eines Quadrangels bzw. gebrochenen Bogenabschnitts an der Basislinie sichtbar; am Beginn des zweiten Schriftbands an der Breitseite Reste eines in den Unterlängenbereich ragenden Schafts sowie knapp danach Reste eines Quadrangels bzw. gebrochenen Bogenabschnitts an der Basislinie, nach Fehlstelle von einem Zeichen wieder Reste zweier Quadrangeln bzw. zweier gebrochener Bogenabschnitte an der Basislinie; nach edili (?) Fehlstelle von etwa zwei Zeichen.
b) Nomen sacrum; Bestand: ihs, der Schaft des h mit einem Kürzungsstrich versehen.
c) vor eiloc (?) durch starke Verwitterung nicht mehr zuordenbare Buchstabenreste, danach Reste eines in den Oberlängenbereich ragenden Schafts.

Kommentar

Die schwer lesbare Inschrift konnte keiner sinnvollen Deutung zugeführt werden. Möglicherweise stammten die Steine als Fragmente einer Grabplatte vom ursprünglich die Pfarrkirche umgebenden Friedhof, der 1873 aufgelassen wurde. 1897 wurde das Erdreich um die Kirche im Zuge einer umfassenden Renovierung unter Pfarrer Philipp Optat Mayer mit Wissen der k. k. Central-Commission für kunst- und historische Denkmale abgegraben1). Vielleicht wurden die gegenständlichen Fragmente damals in den Pfarrhof verbracht. Ähnlich gestaltete Grabplatten scheinen im niederösterreichischen Waldviertel um 1500 nicht singulär gewesen zu sein. Das Fragment einer grobkörnigen Granitplatte mit Resten eines Kreuzfußes (?) im Boden vor der ehem. Pfk. Döllersheim zeigt schwache Spuren einer in Konturlinien eingehauenen Umschrift in Gotischer Minuskel.

Beachtung verdient der durch die Stilisierung der Gotischen Minuskel als Bandminuskel vorgetragene prinzipiell hohe Anspruch der Inschrift, der allerdings zur bescheidenen Qualität der Ausführung im relativ grobkörnigen Stein in Widerspruch steht. Alle Buchstaben wurden klobig, mit schwankender Schriftgröße, meist deutlicher Rechtsneigung und unterschiedlichen Schaftstärken eingehauen, auch der idealerweise eine Zusammensetzung der Buchstaben aus gefalteten Bändern simulierende Charakter der Bandminuskel ist nur sehr ungenügend erreicht worden.

1) S. Mayer, Lengenfeld 754f.
Literatur

ÖAW, NLH, 10. 6. 1962.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 191,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil2/noe-3-obj191.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich  Politischer Bezirk Krems  Lengenfeld, Kremser Str. 9 (Pfarrhof )    •  Grabplatte  •  Jesugramm  •  Gotische Minuskel  •  Inschriften des Totengedenkens  •  Mayer, Philipp  •  Döllersheim