Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
201 |
Spitz, Pfk. Hl. Mauritius |
vor 1532 |
Epitaph des Nikolaus Zallinger, roter Marmor, im südlichen Torvorbau rechts der Tür an der Südwand des südlichen Seitenschiffs, 1907 außen an der Südwand des südwestlichen Kapellenanbaus (Antoniuskapelle). Unter siebenzeiliger Inschrift (I) in vertieftem Feld mit halbrundem Abschluß kniende Figur, die Hände mit Rosenkranz zum Gebet gefaltet. Beiderseits der Figur schroffes Gestein, rechts in der unteren Ecke tartschenförmiger Wappenschild, mit Riemen an einem Haken im Fels aufgehängt. Über dem Kopf des Dargestellten Spruchband (II), dem Bogen folgend. Besonders die obere Hälfte des Steins durch vormalige Witterungseinflüsse stark fleckig.
H. 172 cm, B. 90 cm, Bu. 5,5 cm (I), 4,5 cm (II). – Gotische Minuskel mit Versalien.
Textedition
I.
Hie ligt begraben Der Ersam vnd / weys Niclas zallinger Burge(r) hie zu /
Spicz der gestorben ist <ama) tag Mathie / Anno · m · vc xxxijb) · desselben Jar
ist ge·/storben barbara sein hausfrau an / Sand Marg(r)etntag den got genedig : /
sei Ame(n)>c)
II.
O fili dei // miser//ered) mey
Anmerkungen
Daten: 1532 Februar 24; 1532 Juli 13.
Wappen: Zallinger1).
Kommentar
Niklas Zallinger lieferte 1522/23 3000 Schindeln zur Eindeckung wohl des Spitzer Erlahofs und der zugehörigen Mühle an den Pfarrvikar Fr. Viktor Lauser (s. Kat.-Nr. 181). Zur selben Zeit besaß er drei Weingärten namens „Wechslslager“ bzw. „Waserl“, die der Spitzer Pfarrbruderschaft Hl. Mauritius mit insgesamt 4 ß den. dienstbar waren. Am 17. Juni 1525 wurde von Fr. Viktor eine namentlich nicht bekannte wohl frühverstorbene Tochter des offenbar wohlhabenden Zallinger in Spitz beigesetzt, wobei die entrichteten Gebühren von 4 lb. 4 ß 7 den. für das Begräbnis eines Kindes außergewöhnlich hoch waren, eine Woche später fand der Siebente statt2).
Die Platte ist offensichtlich zu Lebzeiten des Verstorbenen in Auftrag gegeben und unter Auslassung des Todesdatums fertiggestellt worden. Als Ausführender wurde richtig ein Steinmetz aus der ungemein produktiven Werkstätte des „Sigmund Rueder“ erkannt3), eine Zuschreibung, die angesichts der charakteristischen Formen der Inschrift, des Spruchbands, der Art, den Wappenschild an einem Teil der Rahmung zu befestigen (vgl. die Grabplatte des Viktor Lauser, Kat.-Nr. 181) und der Bearbeitung des die Figur flankierenden Gesteins, die der auf der Wappengrabplatte des Michael Een (Kat.-Nr. 184) sehr ähnlich ist, nur unterstrichen werden kann. Große Nähe in der Konzeption der knienden männlichen Beterfigur, der Behandlung der Gewandfalten, der Gestaltung des über dem Stifterpaar angebrachten Spruchbands samt übereinstimmenden charakterististischen Versalien (etwa leicht spitzovales O mit caudaartig eingestelltem kurzen Zierstrich an der Basislinie oder unziales D) weist ein unzweifelhaft ebenfalls aus dieser Werkstatt stammendes Relief mit der Marter Christi und einem unbekannten Stifterehepaar von 1510 im Schloßmuseum Linz auf4). Zur Schriftbeschreibung der ursprünglichen Inschrift des Spitzer Steins vgl. Kat.-Nr. 184.
Der später von anderer Hand nachgetragene Abschnitt der Inschrift weist einen äußerst niedrigen kalligraphischen Anspruch bei wenig disziplinierter Ausführung (starker Linksduktus, schwankende Zeilenführung, wechselnde Schriftgröße) auf. Generell wirkt die Inschrift recht schmal und gedrängt und verunklärt die scharfen Knicke und Brechungen der Gotischen Minuskel durch unsaubere Ausführung. An Einzelformen erscheinen a mit bis zur Buchstabenmitte reichendem senkrechten Teil des gebrochenen unteren Bogens, der obere Bogen durch einen linksschrägen Haarstrich geschlossen, b mit teils rundem, teils einfach abgeknicktem statt gebrochenem und geknickten unteren Bogenabschnitt, d fast vollständig im Mittelband mit oben offenem Bogen, g mit unten offenem oberen Bogen und im Unterlängenbereich umgebogenem unteren Bogen, r mit an dem zum Quadrangel reduzierten Bogen ansetzendem, bis zum Schaft einwärts gebogenen Haarstrich und t mit deutlich in den Oberlängenbereich ragendem Schaft.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Spitz, Pfk. Hl. Mauritius • Epitaph • roter Marmor • Gotische Minuskel mit Versalien • Inschriften des Totengedenkens •
Een, Michael •
Lauser, Viktor •
Rueder, Sigmund •
Zallinger, Nikolaus •
Erlahof •
Linz •
Spitz
Abbildungen
Abb. 101: Epitaph des Nikolaus Zallinger (vor 1532) ©
ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)
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O Sohn Gottes, erbarme dich meiner (II).