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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
224 |
Albrechtsberg a. d. Gr. Krems, Pfk. Mariä Stiegen |
1547 |
Gruftplatte1) (?) und Gedenkstein des Erasmus (d. J.) von Peukham, roter Marmor, an der Nordwand der südlichen Kapelle (Marienkapelle) der zweite Stein von Westen, ursprünglich an unbekanntem Standort in der alten Pfarrkirche. Nach deren Umbau um 1765 im Boden der Marienkapelle, von dort 1914 nach außen an die Südseite des Langhauses verbracht, dort bis 1991. In den oberen drei Vierteln der Platte in leicht vertieftem Feld (die Oberfläche des Steins als schmale rahmende Leiste) Relief eines in Gebetshaltung knienden gerüsteten Mannes, zu seinen Füßen Geschlossener Helm mit aufgeklapptem Visier, über die linke Schulter gelehnt eine Fahnenlanze. Beiderseits der Figur je zwei Vollwappen untereinander (die beiden linken heraldisch linksgewendet), unter den beiden oberen je eine kleine leere Inschrifttafel (tabula ansata). An der unteren Kante des Relieffelds Jz. (I) mittig eingehauen. Im untersten Viertel der Platte achtzeilige Inschrift (II). Geringe Beschädigungen der oberen Kante und der oberen linken leeren Inschrifttafel.
H. 301 cm, B. 151 cm, Bu. 5,5 cm. – Kapitalis.
Textedition
I.
1547
II.
DISEN · STAIN · HAT · HAVEN · LASENa) · DER / EDL · VND · VEST ·
ERASM · VON · PEVCKHAM / GRVND · LECHEN · VND · VOGTHER
· DER KH/IRCHEN ALBRECTSPERGa) AVCH SEIN VND / ZBAIERa)
SEINER ELICHEN GEMACHEL AN/GEPORN · WAPEN · DIE · ERST ·
VON · AVER/SPERG · DIE · ANDER · VON · LAPICZ · VND · DER /
VON · MAVSHAM · BAPNa) · DEN · GOT · GENADb)
Anmerkungen
Peukham2); Lappitz3); Mausham4); Auersperg5).
Kommentar
Erasmus (d. J.) von Peukham, ein Sohn des 1512 verstorbenen Erasmus (d. Ä.) von Peukham (wohl nach dem bayerischen Poikam) und der Anna von Mausham (wohl nach dem gleichnamigen bayerischen Ort), stammte offenbar aus Niederbayern, fungierte 1525–1527 als Klosterhauptmann von Göttweig und kaufte 1527 von Hans (X.) von Neidegg zu Ranna die Herrschaft Albrechtsberg mit dem zugehörigen Patronat über die Pfarrkirche Mariä Stiegen an6). 1537 nahm Peukham zusammen mit seinem Verwandten Erasmus von Auersperg in einer Abteilung adeliger Reiterei an der in einer Niederlage endenden Schlacht von Esseg gegen die osmanischen Truppen teil7). 1543 wurde anläßlich der landesfürstlichen Visitation der Pfarre Albrechtsberg festgestellt, daß Peukham anstelle der früher tätigen drei Priester seit vier Jahren nur mehr einen Vikar unterhalte und das Kirchenvermögen zu seinen Gunsten verwende, auch den Wein der Pfarre im desolaten Pfarrhof ausgeschenkt habe. Weiters habe er im genannten Jahr die Kirche von Palmsonntag bis Pfingsten versperrt gehalten, um die Pfarrgemeinde vom Empfang der österlichen Sakramente abzuhalten. Bezüglich des Bauzustands der Kirche wurde angemerkt, daß sie „am glaswerch manglhafft“ sei8). 1543 fungierte Peukham als Schiedsrichter in einem Streit zwischen dem Kloster Zwettl und Sebastian Hager von Allentsteig und zog mit dem am 24. August des Jahrs in Krems gesammelten ständischen Aufgebot nach Preßburg9).
Peukham hatte 1512 Kunigunde, Tochter des Volkhard von Auersperg und der Margarete von Wolfstein geheiratet, nach deren Tod sich mit Katharina, Tochter des Johann Baptist von Lappitz, Witwe nach N. von Mausham, vermählt10). Aus erster Ehe stammten die Söhne Erasmus und Valentin, aus der zweiten Ehe Christoph Sebastian (s. Kat.-Nr. 281), der seinem Vater im Besitz der Herrschaft Albrechtsberg nachfolgte. Erasmus von Peukham starb vor seiner zweiten Ehefrau am 19. September 155311).
Die Eheverbindungen des aus Bayern stammenden Erasmus mit Angehörigen der Lappitz und Auersperg, zweier selbst erst in der vorangegangenen Generation in das Erzherzogtum unter der Enns eingewanderter Ritterstandsfamilien, zeugen von einer offenbar mangelhaften Integration Peukhams in den landständischen Niederadel.
In der Gestaltung der bauschig wirkenden, groblappigen und mit Rillen und Graten versehenen Helmdecken der Wappen weist der Stein einige Ähnlichkeit zu der etwa zehn Jahre älteren Grabplatte Gotthard Streuns von Schwarzenau in der Pfarrkirche Großhaselbach12) auf. Dessen eigenwillig manierierte Kapitalis findet zwar im vorliegenden Denkmal keine Entsprechung, doch deutet in der ansonsten recht harmonisch, mit meist wenig klarer Unterscheidung von Haar- und Schattenstrichen ausgeführten Kapitalis eine Einzelform die möglicherweise zugrundeliegende ältere Schrifttradition derselben Werkstätte13) an: A (durchgehend) mit beiderseits überstehendem starken Deckbalken, eine archaisierende Form, die der offenbar noch immer vorhandenen Freude am dekorativen Element in der Schriftgestaltung Rechnung trägt. An regulären kapitalen Einzelformen seien erwähnt B mit annähernd gleichgroßen Bögen, überwiegend schmales, halbovales C mit an einer Achse senkrecht abgeschnittenem oberen und unteren Bogenende, E mit gleichlangem oberen und unteren sowie verkürztem mittleren Balken, G in meist schmaler Form mit senkrecht bis zur Buchstabenmitte reichender Cauda, K mit symmetrischen, in der Schaftmitte ansetzenden Schrägschäften, gerades M mit bis zur Basislinie reichendem Mittelteil, N mit meist nur als Haarstrich ausgeführtem Schrägschaft, vollrundes O, R mit gerader, am Berührungspunkt von Bogen und Schaft ansetzender, extrem schmaler und zur Basislinie hin sich verbreiternder Cauda, T mit extrem breitem Balken und Z ohne Mittelbalken. Eine gewisse Klobigkeit resultiert neben der überwiegend einheitlichen Strichstärke aus der Tatsache, daß sämtliche freien Schaft- und Bogenenden waagrecht bzw. senkrecht abgeschnitten werden anstatt in Serifen auszulaufen. Die Ziffer 5 der Jahreszahl weist eine starke Rechtsneigung auf, auch 7 (lambdaförmig) begegnet in einer stark rechtsgeneigten Form.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Albrechtsberg a. d. Gr. Krems, Pfk. Mariä Stiegen • Gruftplatte • Gedenkstein • roter Marmor • Kapitalis • Inschriften des Totengedenkens •
Auersperg, Erasmus, Kunigunde, Sigmund, Trojan, Volkhard •
Hager, Sebastian •
Hager, Sigmund •
Heller, Christian •
Lappitz, Johann •
Lappitz, Katharina •
Lieber, Zimprecht •
Mausham, Anna •
Neidegg, Margarete •
Neidegg, Wolfgang I. •
Peukham, Christoph Sebastian, Erasmus d. Ä., Erasmus d. J., Valentin •
Rauber, Hans Jakob •
Rauber, Jörg •
Schneckenreiter, Erasmus •
Streun von Schwarzenau, Gotthard •
Wolfstein, Margarete •
Albrechtsberg a. d. Gr. Krems •
Allentsteig •
Drosendorf •
Eggenburg •
Esseg •
Großhaselbach •
Mausham •
Poikam •
Preßburg •
Weitersfeld •
Zwettl, Zisterzienserkloster
Abbildungen
Abb. 117: Albrechtsberg, Gruftplatte (?) und Gedenkstein des Erasmus von Peukham (1547) ©
ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)
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