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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

284 Mollands Nr. 1 1574

Wappenstein mit Jahreszahl, hellgelber Sandstein, sekundär außen über der Toreinfahrt des modernen Wohngebäudes eingemauert. Vom Vorgängerbau (ehem. Adelssitz, um 1895 noch Reste von Sgraffitodekor am damals als Bauernhof genutzten, umgestalteten Altgebäude sichtbar) stammender Portalaufsatz (?): über einfachem Gesims trapezförmiges, beiderseits von akanthusartig geformten Delphinen gerahmtes Feld mit zwei aneinandergeschobenen und durch ein Band verbundenen Wappenschilden. Unmittelbar über den Schilden in der Mitte am oberen Rand der Tafel Löwenmaske, im Maul das Band der Schilde, beiderseits je zwei Stellen der schwarz nachgezogenen Jahreszahl. Wappen bereits 1907 und rezent heraldisch korrekt tingiert.

H. 58 cm, B. 140 cm, Bu. ca. 6 cm.


Textedition
			

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Wappen: Althan1); Neidegg2).


Kommentar

Der kleine frühneuzeitliche Adelssitz Mollands hatte sich möglicherweise im späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert aus dem vormaligen Mollandser Hof des Hermann (d. J.) Schad von Lengenfeld entwickelt. Der vorliegende Wappenstein, wohl vom damaligen Besitzerpaar Wolf Wilhelm von Althan und Regina, geb. von Neidegg, in Auftrag gegeben, läßt für den heute baulich völlig umgestalteten bzw. verlorenen Renaissance-Bau gegenüber dem bislang ältesten bekannten Quellenbeleg zu 1635 eine wesentlich frühere Entstehung annehmen3). Wolf Wilhelm, der jüngste (?) Sohn des Freisinger Pflegers („Hauptmann“) von Hollenburg, Wolf von Althan von der Goldburg zu Murstetten, und der Anna von Pötting (Pöttinger), hatte 1564 Barbara, Tochter des Joachim Volkra und der Barbara Rainold, zweifache Witwe nach Matthias (Matthäus) von Neidegg zu Ranna bzw. Hans Adam von Zinzendorf zu Pirawarth und Wasserburg, geheiratet, die einen Sohn Hans Wilhelm zur Welt brachte, 1572 war er eine zweite Ehe mit Regina, Tochter Georgs (IV.) von Neidegg zu Ranna (s. Kat.-Nr. 256) eingegangen, mit der er einen Sohn Wolf Georg hatte. 1573 fungierte er als Ritterstandsraitherr, 1574 war er kaiserlicher Hofdiener, 1580 Raitherr des Herrenstands4). 1577 stellte er als Inhaber der Herrschaft Lichtenau und zuständiger Kirchenpatron den ehemaligen Garstener Konventualen Wolfgang Goldner als Pfarrer von Lichtenau an. Nach Waldreichs und Mollands zubenannt stellte er 1580 als Patron der Kirche in Loiwein den aus Tirol stammenden evangelischen Prädikanten Hieronymus Elk an5).

Wolf Wilhelms Verwandter (Vetter?) Eitelhans (Hans) von Althan zu Goldburg hatte 1569 eine weitere namentlich unbekannte Tochter Georgs (IV.) von Neidegg geheiratet6). Die beiden älteren Brüder, Christoph, vormals Landrechtsbeisitzer und NÖ Regimentsrat, damals Hofkammerrat, und Eustach, damals NÖ Regimentsrat, wurden zusammen mit ihrem Bruder Wolf Wilhelm 1574 in den Freiherrenstand erhoben7).

1) S. Si OÖ 4 und Taf. 2, vgl. auch NÖLA, Hs. 236/1, unfol. (tingierte Darstellung).
2) S. Si NÖ 1, 314 (Neydeck. Neudegg, vermehrtes Wappen) und Taf. 166 (Wappen II).
3) Vgl. zum Mollandser Hof der Schad NÖLA, Privaturk. 2199 (1427 August 28), zum frühneuzeitlichen Schloß Heilsberg, Mollands 810f.
4) S. NÖLA, Hs. 5/6, fol. 2v-6r, Hs. 78/3, pag. 824 und 826, NÖLA, Herrenstandsarchiv Ll 35, fol. 190, NÖLA, Hs. 236/1, unfol., Hausmann, Neudegger 206 und Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Kat.-Nr. 77. Ein Testament der Barbara von Althan, geb. Volkra, von 1565 Jänner 18, Wasserburg a. d. Traisen, s. in Abschrift bei Kaltenegger, Collectio 3 (Servitenkonventsarchiv Wien, o. Sign.), 438–440. Streun, NÖLA Hs. 5/6, fol. 2r überliefert das damals offenbar allgemein bekannte Gerücht, wonach Wolfs ältester Sohn Christoph in Wahrheit ein unehelicher Sohn des (Eustach) Stodoligk von Waldreichs mit Althans Frau, N. von Pötting, gewesen sei. Zur Wappengrabplatte Wolfs von Althan (gest. 1545) und der Anna von Pötting an der Pfk. Mariä Himmelfahrt in Hollenburg vgl. vorerst Adamek, Grabdenkmäler (1968) Kat.-Nr. 65 (Abb. 58) und s. in Zukunft den ebenfalls vom Bearbeiter für die DI vorbereiteten Band mit den Inschriften der Statutarstadt Krems a. d. Donau.
5) S. Plesser, Lichtenau 812 und 814, Gottwald, Beiträge 477 und Topographie 5, 1031.
6) S. NÖLA, Hs. 78/3, pag. 828. Sie fehlt bei Hausmann, Neudegger 206. In NÖLA, Hs. 236/1, unfol. und bei Gass, Pfarrkirche 210 erscheinen Eitelhans, Adolf und Ulrich fälschlich als Brüder Wolf Wilhelms. Gass, Pfarrkirche 219 geht zudem fälschlich von einer Identität von Eustach (verheiratet mit Anna, Tochter Matthias’ [Matthäus’] von Neidegg) und Eitelhans aus, für den sie ebenfalls als Ehefrau Anna von Neidegg annimmt.
7) S. NÖLA, Hs. 5/6, fol. 2v-6r (Freiherrenstandsurk. K. Maximilians II. für die drei Brüder, 1574 März 1, Wien). Zu Christoph, NÖ Regimentsrat 1563–1571, danach Hofkammerrat, 1573 Hofkammervizepräsident, 1575 Hofkammerpräsident und Geh. Rat Rudolfs II. sowie zu Eustach, 1570–1587 NÖ Regimentsrat und mehrmals Statthalteramtsverwalter s. NÖLA, Privaturk. 3770 (1563 Juli 31, Höflein), Starzer, Beiträge 425f. (die Freiherrenstandsurkunde hier datiert zu 1574 Februar 24) und Fellner/Kretschmayr, Zentralverwaltung 1, 285 sowie Gass, Pfarrkirche passim. Zu den oben genannten Brüdern und zur Familie allgemein vgl. auch (mit Fehlern) NÖLA, Hs. 236/1, unfol. Zur Erbgrablege der Althan in der Pfk. Murstetten und den dortigen, teils von der Werkstatt Alexander Colins angefertigten Epitaphien s. zuletzt unter Berücksichtigung der älteren Literatur Winkelbauer/Knoz, Geschlecht 163f., Gass, Pfarrkirche passim und Mader/Telesko, Spätmittelalter 379f., Kat.-Nr. 170 (Karin Gludowatz).
Literatur

ÖKT 1, 326. – ÖAW, NLH, 4. 4. 1966. – Dehio Nord 757.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 284,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj284.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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