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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

288 Krumau am Kamp Nr. 23 1575

Bauinschrift, hellgrauer Sandstein, sekundär in der straßenseitigen Hausmauer der ehemaligen Mühle eingemauert. Glockenförmig geschweifte und einfach gerahmte Tafel mit drei im Scheitel und an den beiden Basisecken erhaben gearbeiteten Kugeln, die neunzeilige Inschrift in den letzten drei Zeilen von Wappenschild unterbrochen. Sekundärer (?) Rahmen aus breitem Putzband ehemals weiß überstrichen, Reste ehemaliger Tingierung auf dem Schild.

H. 100 cm, B. 158 cm, Bu. 5,5 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

DISES MYL/HAVS HAT DER / EDL · GESTRE(N)G RIT=/T͜ER H͜ERR VICENTIVSa) / GREGOROCZY · RÖ(MISCHER) KHAY(SERLICHER) MA(IESTAT) / HAVPTMAN ZV RAABa) · (et cetera) VN͜D IN=/HABER DER H͜ER//RSCHAFTa) KHRVM=/AV AM KHA//MPb) PAVEN LASEN / ANNO · IM // 1575b) · IAR

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert.
b) durch Wappen unterbrochen.

Wappen: Gregorotzki1).


Kommentar

Vinzenz Gregorotzki (Gregoróczy), kaiserlicher Hauptmann und mehrmals Grenzoberst bzw. Grenzoberstleutnant von Raab (1574/75, 1577 und 1580/1590–92), hatte die Pfandherrschaft Krumau 1569/70 von seinem kinderlosen Verwandten Kaspar Dominitsch auf seine eigene und die Lebzeit seines ältesten Sohns übernommen2). In seinem Testament vermachte er die Herrschaft Krumau, die er von verschiedenen Pflegern verwalten hatte lassen, mit einem eigens erwähnten, kaum mit der Burg identischen Herrenhaus, ein freieigenes Haus in Neupölla und ein Haus in Raab samt Zubehör seiner Frau Katharina Teletzky (? Teleky) und starb 15923). Vinzenz’ Sohn Peter Gregorotzki zu Krumau, Truchseß Erzherzog Matthias’, kaufte 1601 die schließlich auf einen Pfandschilling von über 14.400 fl. gesteigerte vormalige Pfandherrschaft Krumau samt Markt und Zubehör von Kaiser Rudolf II. zu freiem Eigen an und verkaufte Hans Leisser zum Neunzenhof das zur Herrschaft Krumau gehörige Landgericht am Neunzenhof (später Schloß Neunzen), in Edelbach, Äpfelgschwendt und Merkenbrechts4), 1602 Sigmund von Lamberg zu Ottenstein das ebenfalls zur Herrschaft Krumau gehörige Landgericht in mehreren Dörfern zwischen Allentsteig und Ottenstein. Im Gegenzug kaufte er von Lamberg das Landgericht in Schlagles an5).

1620 wurde Peter Gregorotzki, der die Erbhuldigung nicht geleistet hatte und dem man die Unterstützung der Truppen Gabriel (Gábor) Bethlens vorwarf, unter Verlust seiner Besitzungen, die von der Hofkammer eingezogen wurden, als Rebell geächtet. Gregorotzki starb nach der Flucht nach Ungarn in Magyarszentmiklós noch im selben Jahr6).

Bereits 1515 hatte der damalige Pfandinhaber von Krumau, Rudolf von Hohenfeld, eine wehrhaft befestigte Mühle in Krumau gebaut, die von Kaiser Maximilian I. befreit und zu einem Adelssitz erhoben wurde7). Ob es sich um das im Testament Gregorotzkis erwähnte Herrenhaus bzw. den Vorgängerbau des inschriftlich bezeichneten Gebäudes gehandelt hat, ist unklar. Vermutlich handelt es sich beim gegenständlichen Mühlhaus um jene Anlage, die Vinzenz Gregorotzki mit erhöhten Hand- und Spanndiensten der Winkler Untertanen errichten hatte lassen8).

Die mit zunehmender Zeilenlänge von oben nach unten etwas breitere Einzelformen und lockerere Spationierung aufweisende Inschrift wurde bei geringer Strichstärke weitgehend linear ausgeführt, an freien Schaft-, Balken- und Bogenenden sitzen Serifen oder kleine dreieckige Sporen. Angesichts des schwankenden Duktus und der wenig sorgfältigen Zeilenführung beachtenswert ist die relativ konsequent durchgehaltene Manier, die an Schäfte angesetzten Bögen am unteren Bogenende nicht zu schließen (vgl. B mit Bogenenden, die weder einander, noch den Schaft berühren, und offenes P). Neben einem singulären R mit kleinem Bogen und gerader, am Berührungspunkt von Bogen und Schaft ansetzender gerader Cauda dominiert klar R mit offenem Bogen und weder diesen noch den Schaft berührender geschwungener Cauda. M hat konische Form, der Mittelteil nimmt in der Regel etwa zwei Drittel des Schriftbands ein, nur einmal reicht er bis zur Basislinie. Der Mittelbalken des Z besteht aus einem geschwungenen Haarstrich.

1) S. Si NÖ 1, 135 und Taf. 66 (am Stein jedoch Helmzier ohne Papagei), vgl. auch NÖLA, Hs. 236/3, pag. 182.
2) S. HKA, NÖ Herrschaftsakten K 67/A, fol. 5v, Lampl, Krumau 541–545, Plesser, Kirchengeschichte (1939) 584, Fux, Schloß 78 und Pálffy, Türkenabwehr 124.
3) S. Oberleitner, Finanzlage 84 und Plesser, Kirchengeschichte (1939) 584.
4) S. Lampl, Krumau 547, Plesser, Kirchengeschichte (1939) 584 (1601 Jänner 23, Wien) und HHStA, AUR 1601 VI 01 (1601 Juni 1, Krumau am Kamp). Als Zeuge der letzteren Urkunde fungierte Christoph Leisser zu Idolsberg und Kronsegg.
5) NÖLA, Hs. 461, pag. 63, Buberl, Kunstdenkmale 67 und Bauer, Studien 13. Die erstgenannten Orte liegen heute als Wüstungen zum Großteil auf dem Gebiet des Truppenübungsplatzes Allentsteig.
6) S. Lampl, Krumau 547, Plesser, Kirchengeschichte (1939) 584 und Fux, Schloß 78. Seine Frau Rosina, geb. Westernacher, starb 1603. Sie und zwei ihrer im Kindesalter verstorbenen Töchter wurden in der Gruft der Pfk. Altpölla bestattet, wo schon 1570 Kaspar Dominitsch beigesetzt worden war. Sowohl das Grabdenkmal Dominitschs als auch das der Rosina Gregorotzki haben sich in Altpölla (heute in Verwahrung im Pfarrhof ) erhalten, s. Polleroß, Kunst 184.
7) S. Plesser, Kirchengeschichte (1932) 396 und Plesser, Kirchengeschichte (1939) 582 (1515 Juli 4, Enns).
8) Vgl. Lampl, Krumau 546.
Literatur

DASP, Nachlässe 5, Buch B, pag. 133. – Lampl, Krumau 549.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Kat. Nr. 288,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj288.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 125: Bauinschrift (1575)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)