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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

320 Albrechtsberg a. d. Gr. Krems, Pfk. Mariä Stiegen 1591

Zwei Fragmente der Gruftplatte der Elisabeth von Peukham (geb. Beheim von Friedesheim, verwitwete von Mam[m]ing) und der Familie Peukham, roter Marmor, an der Südwand der südlichen Kapelle (Marienkapelle) der erste und zweite Stein von Osten, ursprünglich in der alten Pfk. über dem Gruftabgang unweit des heutigen Standorts, nach deren Umbau um 1765 im Boden der Marienkapelle, von dort 1914 nach außen an die Südseite des Langhauses verbracht, dort bis 1991. Fragment 1 (oberer Teil): querrechteckige schmucklose Platte mit neunzeiliger Inschrift (I) in einfacher Rahmung durch nahe am Rand umlaufende Hohlkehle. Rahmung des unteren Rands beschnitten oder von Bodenfliesen verdeckt, über der ersten Inschriftzeile in den Ecken des Felds zwei ausgebrochene Bohrlöcher der ehemals vorhandenen metallenen Heberinge. Fragment 2 (unterer Teil): Mittelfeld mit ursprünglich drei Vollwappen (erhalten nur der Schild des rechten oberen und der rechte Helm des Oberwappens vom unteren Vollwappen) und zwei flankierenden breiten Pilastern mit je drei Ahnenwappen und teilweise darüber eingehauenen Beischriften (erhalten nur die beiden unteren linksgewendeten Schilde der heraldisch rechten Seite, der untere mit Beischrift [II])1). In der linken unteren Ecke Bohrloch eines ehemals vorhandenen metallenen Heberings. Beide Fragmente stark abgetreten.

H. 90 cm, B. 104 cm, Bu. 3,5 cm (Fragment 1); H. 70 cm, B. 52 cm, Bu. 1,5 cm (Fragment 2); Gesamthöhe (rekonstruiert) ca. 200 cm. – Fraktur.


Textedition
			

I. Die Grufft sambt Dem Stein darauf hat Frau / Elisabeth d͜es Edlen Gestreng͜en herrn Christoffe(n) / Sebastian von peuckhaim Zu Albrechtsperg vnd dan(n) / auch herrn victorn von Maming zu Kirchperg ehlich / geweste Gmahel vnd wittib geborne von Fride͜shaina) / d͜ em Gschlecht [v]on peuckhaim wie auch Jr selbst Zum / Rhuebethlin der Abgestorbnen Leib͜ er biß Sy Zum / Ewigen Leb͜en wid͜er Auferweckhet werd͜en machen / Lassen Jm 1591 Jar Christib) II. Frid[e]shai[m]

Anmerkungen
a) sic!
b) letzte Z. zentriert.


Kommentar

Elisabeth (Beheim) von Friedesheim, geb. 1541, war eine Tochter des vormaligen Haller Münzmeisters Kaiser Maximilians I., späteren Kammergrafen von Kremnitz und Burghauptmanns bzw. Gespans von Altsohl (1524–1537/39) der Königin Maria sowie Rats König Ferdinands I., Bernhard Beheim von Friedesheim (1483–1547) und seiner zweiten Frau Margarete von Blumenegg und somit die ältere Schwester der Judith (Beheim) von Friedesheim (s. Kat.-Nr. 313). Zuerst mit Christoph Sebastian von Peukham (s. Kat.-Nr. 281) vermählt, hatte sie nach dessen Tod 1571 Viktor von Mam(m)ing geheiratet, der jedoch ebenfalls vor seiner Gemahlin starb. Aus ihrer ersten Ehe stammte u. a. ein 1565 geborener Sohn Hans Bernhard, der nach ihrem Tod die Herrschaft Albrechtsberg übernahm und zunächst mit Barbara, Tochter des Erasmus Leisser (s. Kat.-Nr. 314), nach deren Tod 1604 mit Elisabeth, Tochter des Gotthard (II.) Velderndorfer, sowie schließlich seit 1609 mit Susanna von Ödt verheiratet war. Elisabeth von Friedesheim starb 16009).

Als Inhaberin der Herrschaft Albrechtsberg nach dem Tod ihres ersten Mannes Wolfgang setzte sie die Auseinandersetzung um die Auslieferung des wegen Kirchenraubs angeklagten Pfarrers Ortwein (s. ausführlicher Kat.-Nr. 281) fort. Obwohl der Ausgang des noch weit bis in das Jahr 1573 reichenden Verfahrens unbekannt ist, scheint sie nach der interimistischen Amtszeit des katholischen Pfarrers Thomas Winkler wieder einen protestantischen Priester eingesetzt zu haben10).

Erstaunlicherweise wählte sie den Ort ihrer Bestattung 20 Jahre nach dem Tod ihres ersten und knapp nach dem Tod ihres zweiten Mannes in Albrechtsberg und legte sogar eine neue Gruft für die Peukhamsche Nachkommenschaft an, obwohl das Erbbegräbnis der (Beheim von) Friedesheim in Lengenfeld mit einer Gruftbelegung von etwa 15 Verstorbenen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zweifellos der naheliegendere Beisetzungsort für die zweifache Witwe gewesen wäre.

Die genaue Lage der Peukhamschen Gruft in der alten Pfarrkirche ist unbekannt. Zwar ist die heute bestehende südliche Kapelle (Marienkapelle) ebenso wie der Kirchturm wohl noch ein Überrest des ursprünglichen Kirchengebäudes vor etwa 176511). Während jedoch die Außenmauer der Kapelle heute in einer Flucht mit der Südmauer des Kirchturms liegt, ist der alte Kirchturm um 1672 auf der Abbildung Vischers12) deutlich als südlicher Anbau an das Langhaus zu erkennen, zudem wurden die Außenmauern des Neubaus außerhalb des noch aufrechten Altbaus aufgeführt, sodaß unmittelbar innerhalb der neuen Mauern kein älterer Bauteil bestehen bleiben konnte13).

Die bis auf einen stellenweise auftretenden leichten Linksduktus und unterschiedlich dicht gesetzte Wortgruppen recht sorgfältig ausgeführte Inschrift erhält durch die Zurücknahme stark ausgerundeter Bögen, insgesamt recht schmale Formen und eine geringe Strichstärke mit moderaten Schwellzügen einen etwas steifen Gittercharakter. Bei a ist der Bogen teilweise als geschwungener und gebrochener Schwellzug ausgeführt, ebenso der obere Bogen bei g und p, dessen Schaft im Unterlängenbereich spitz ausläuft; o ist spitzoval. Bei den mehrschaftigen Buchstaben m, n und u sind die Schäfte streng senkrecht und parallel ohne die Andeutung einer Durchbiegung gesetzt, die Schaftenden zudem quadrangelartig gestaltet und die Verbindungsbögen der Schäfte gebrochen, sodaß der Schriftcharakter stark an den der Gotischen Minuskel erinnert. An Zierelementen finden sich die aus der Kanzleifraktur entlehnten Zierschlingen und Überwölbungen im Oberlängenbereich, besonders an den Schäften von h, Bogenberührungen und Bogenverbindungen sind häufig bei b/e und d/e.

1) S. die beschriftete Skizze in NÖLA Hs. 82, fol. 119v.
2) S. Si NÖ 1, 343f. und Taf. 187, die gekreuzten Beile am Stein jedoch nicht zu erkennen, vgl. die tingierte Darstellung in NÖLA, Hs. 82, fol. 40r. Dem erhaltenen Wappen im Mittelteil des Steins dürfte auch das verlorene Wappen am Rahmen entsprochen haben.
3) Ein Adler, vgl. das gevierte Wappen (der Adler hier in Feld 1 und 4) in Si NÖ 1, 263 und Taf. 136 (Wappen II).
4) Das erhaltene Wappen stark abgetreten, analog zum erhaltenen Wappen in Kat.-Nr. 313 wäre Si NÖ 1, 101 und Taf. 50 (vgl. die tingierte Darstellung in NÖLA, Hs. 82, fol. 118v), jedoch ohne Herzschild, zu erwarten. Die geringen deutbaren Reste des erhaltenen Wappenbilds auf dem Stein zeigen aber im ersten Feld offenbar eine Teilungslinie.
5) Analog zum erhaltenen Wappen in Kat.-Nr. 224 wohl ein oberhalber Katzenrumpf, im Maul eine Maus, vgl. die tingierte Darstellung in NÖLA, Hs. 82, fol. 119r.
6) Analog zum erhaltenen Wappen in Kat.-Nr. 224 wohl Si OÖ 11 und Taf. 5 (Wappen II), jedoch der Ochse auf Dreiberg schreitend, als Helmzier ein Hocker in Form eines Majuskel-A ohne Mittelbalken, mit beidseitig überstehendem Deckbalken, vgl. auch die tingierte Darstellung in NÖLA, Hs. 82, fol. 118v.
7) Wappenbild unbekannt.
8) Analog zum erhaltenen Wappen in Kat.-Nr. 368 wohl Si OÖ 196 und Taf. 57 (Wappen IV) und NÖ 1, 285 und Taf. 150 (Wappen IV).
9) NÖLA Hs. 82, fol. 118v und 119r (mit falschem Heiratsjahr 1608 statt 1604 für Elisabeth Velderndorfer und Hans Bernhard von Peukham), NÖLA, Hs. 236/1, pag. 406f., NÖLA Herrenstand Ff 19, fol. 87, DASP, PA Albrechtsberg, Pfarrakten 1 (Franz Klemm, Memorabilien über die Pfarre Albrechtsberg an der großen Krems, Dec. Spitz, 2 Doppelbll., 1874 Dezember 9, Albrechtsberg) [fol. 2v], Biedermann, Albrechtsberg 35 und Schodl 218. Franz Eichmayer, Beiträge zur Geschichte der Pfarre Albrechtsberg a. d. großen Krems (1 Dbl., 1874 Dezember 7, Els, in DASP, PA Albrechtsberg, Pfarrakten 1) [fol. 1r] nennt wohl versehentlich einen Hans Georg von Peukham als Herrschaftsinhaber zum Jahr 1595.
10) S. DASP, Pfarr- und Klosterakten Albrechtsberg, Albrechtsberg 1579 September 18: Schreiben Pfarrer Matthias Herndl an den Offizial bezüglich Ersetzung durch einen katholischen Priester. Sollte der Offizial gedenken, ihn durch einen Katholiken zu ersetzen, ersuche er um Aufschub bis zum Ablauf seiner vertraglichen Anstellung als Pfarrer in Albrechtsberg zu Georgi (April 24) des Folgejahrs.
11) Biedermann, Albrechtsberg 31 lokalisiert die Peukham-Gruft unmittelbar unter der heutigen Marienkapelle, die er als alte Grabkapelle bezeichnet. Beim spätbarocken Umbau wären die alten Grabdenkmäler aus dem Boden geborgen und nach einer Aufschüttung des Fußbodenniveaus um etwa einen Meter wieder an der alten Stelle in den Boden versenkt worden, vgl. auch Kat.-Nr. 224, Anm. 1.
12) Abb. in ÖKT 4, 2 (Fig. 5).
13) Vgl. auch Zotti, Kunst 2, 16.
Literatur

NÖLA, Hs. 82, fol. 119v. – ÖNB, Cod. 9221, fol. 56v-57r. – DASP, Nachlässe 5, Heft L, fol. 33r-34r. – ÖKT 4, 7. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 15 („Zehn Grabsteine [von] 1442 [bis] 1793“). – Biedermann, Albrechtsberg 35. – Eppel, Waldviertel 76. – Zotti, Kunst 2, 15. – Dehio Nord 7. – Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Kat.-Nr. 98 (Abb. 98). – Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 131.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 320,
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Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 135–136: Gruftplattenfragmente der
Elisabeth von Peukham (1591)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)