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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

370† Göttweig, Gotthardskirche 1604

Totenschild des Matthias von Lindegg, bemaltes Holz (?), bis 1719 an nicht näher bekanntem Standort in der Gotthardskirche. Vermutlich runder oder ovaler Tondo mit Wappen des Verstorbenen und umlaufender Inschrift (I) sowie darunter angebrachter Inschrifttafel (II).

Beschreibung1) und Textwiedergabe nach StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 128.


Textedition
			

I. Hier ligt begraben der Edl und gestreng Herr Matthias von Lindegg Zu Lisana und Mollenburg Röm(isch) Kay(serlicher) May(estät) gewester Beysizer des Landts=Rechten in Österreich unter der Ennß. Starb 1601 den 20 Marty. II. Disen Schild hat die Edl und Ehren Tugentreiche frau Joanna Catharina von Lindegg, gebohrne Hegenmüllnerin obgedachten ihren Lieben Herrn Ehegemahl Seel(igen) zur gedächtnus machen und aufrichten lassen Anno 1604.

Kommentar

Matthias von Lindegg war der zweitälteste Sohn des 1588 verstorbenen, ursprünglich aus Rovereto stammenden und 1568 in den niederösterreichischen Ritterstand aufgenommenen Rats der vier Kaiser Karl V., Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf II., Geheimsekretärs Kaiser Maximilians II. und Rudolfs II., Wiener Stadtanwalts und NÖ Klosterrats, Kaspar von Lindegg zu Lisanna und Mollenburg, und der Cordula Neisser2). Die von seinem prononciert katholischen, auf dessen an oder nahe der Donau gelegenen (Pfand-)Herrschaften Mollenburg, Weißenberg, Weiten, Marbach a. d. Donau und Brandhof/Niederranna (samt Kottes) gegenreformatorisch tätigen Vater ausgeübte Funktion eines Regensburger Pflegers von Pöchlarn ging 1592 ebenso wie die Schlösser Mollenburg und Arndorf nach einer Erbeinigung der Geschwister Margarete, Matthias, Erasmus und Christoph an letzteren über, während Matthias das Schloß Weißenberg zufiel. Erasmus und Margarete wurden in bar ausbezahlt3). Das Amt des Beisitzers der NÖ Landrechte übte Matthias als Nachfolger des Wilhelm Greiß von Wald seit 26. April 1596 aus4).

Im Zuge der niederösterreichischen Bauernunruhen im südlichen Waldviertel wurden Matthias und Christoph im März 1597 von den aufständischen Bauern bei Nussendorf aufgegriffen und kurzzeitig in Pöggstall gefangengesetzt, gegen Abgabe des Versprechens, später keine Vergeltung üben zu wollen, jedoch wieder freigelassen5).

1599 kaufte Matthias ohne Bewilligung des Klosters Göttweig den Dietmannshof (heute Hellerhof) in Paudorf vom damaligen Inhaber Hans Prockh. Als Adeliger mit dem untertänigen Hof nicht an die Gewähr geschrieben, betrachtete Lindegg den Hof als Freihof, weshalb der Besitz auch infolge eines Prozesses gegen das Kloster St. Nikola bei Passau dreimal gepfändet wurde, wogegen sich Abt Michael Herrlich beim NÖ Landmarschall verwehrte. Nach dem Tod Matthias’ fiel der Hof, 1604 auf einen Wert von 2.234 fl. geschätzt (formal aus Sicht des Klosters noch bis 1606 im Besitz Prockhs), wieder an das Kloster zurück6). Während Matthias’ Bruder Christoph und dessen Nachkommen die von Kaspar von Lindegg eingerichtete Familiengrablege in der seit 1578 bestandweise unter dem Patronat der Lindegg stehenden Vilshofener Pfarrkirche Weiten weiterbenutzten7), wurde Matthias, der sich offenbar wenigstens gegen sein Lebensende tatsächlich im Paudorfer Dietmannshof aufgehalten haben dürfte, in der für Paudorf zuständigen Göttweiger Pfarrkirche bestattet. Aus seiner Ehe mit Johanna Katharina Heggenmüller dürfte zumindest eine Tochter Maria entstammt sein, die am 8. November 1620 den 1606 nobilitierten Göttweiger Klosterhauptmann Johann Konrad Eberl heiratete8).

1) „In gentilitio scuto: [folgt Is. I]. Paulo inferius [folgt Is. II]“.
2) Zu Kaspar von Lindegg s. ausführlich mit weiterführenden Angaben Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Kat.-Nr. 95.
3) S. Perini, Famiglia 13. Mollenburg war anläßlich der Erbeinigung auf 22.000 fl., Weissenberg auf 18.000 fl. geschätzt worden. Zu Christoph s. ausführlich Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Kat.-Nr. 92a und 100. 1570 als Student in Padua immatrikuliert, erlangte er schließlich das Magisterium der Freien Künste in Bologna. 1577 trug er sich in Wien in das Stammbuch des aus Ostpreußen stammenden Verwaltungsbeamten und Gelegenheitsdichters Daniel Hermann ein, s. Schwarz, Studien 316 (Tabelle). Von 1566 bis 1573 hatte er ein Passauer Domkanonikat inne, auf das er erst 1582 resignierte, s. Krick, Domstift 66. Die beiden ehemals in der Burgkapelle Mollenburg befindlichen vollrunden Bildfenster mit Vollwappen des Christoph von Lindegg und seiner Frau Maria Magdalena von Lasberg aus dem Jahr 1577 befinden sich seit 1904 (?) im heutigen WEINSTADTmuseum Krems, s. ÖKT 1, 248. Die Wappenscheiben beider in der Fk. Heiligenblut (1584/1593) befinden sich noch in situ, s. Frodl-Kraft, Glasgemälde 92 und Abb. 229. 1595 bestellte ihn Erzherzog Matthias zum NÖ Kammerrat „von hauß aus“, s. HKA, Familienakten E 43, fol. 99 und L 116, fol. 31–34.
4) S. HKA, Familienakten L 116, fol. 37–41.
5) S. aus der reichen Literatur zum Bauernaufstand 1596/97 für faktische Informationen nach wie vor Friess, Aufstand, hier 409f., neuerdings Kainz, Strafgericht.
6) S. StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 86r und Fischer, Hellerhof 33.
7) Vgl. mit ausführlichen Literaturangaben die Grabdenkmäler bei Zajic, Aeternae Memoriae Sacrum, Kat.-Nr. 92 und 94f. und Ders., „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 146.
8) S. StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 198v (Nachzeichung des Wappens Eberls nach dem Adelsbrief von 1606 Februar 28, Prag) und Fischer, Hellerhof 33, Anm. 10.
Literatur

StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 128. – StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 492 (Krenner), pag. 41. – StiB Göttweig, Cod. rot 891, fol. 207v. – Fischer, Atlas 58.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 370,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj370.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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