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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

388 Göttweig, Klosterkirche vor 1610

Figürliche Gruftplatte des Abtes Georg (I.) Schedler, roter Marmor, in der Kirchenvorhalle an der Westwand der dritte Stein von Süden, bis 1719 an nicht näher bekanntem Standort in der Klosterkirche. Die Umschrift rahmt ein leicht vertieftes, mit flacher Hohlkehle eingefaßtes Feld mit Relieffigur des bärtigen Abtes in Pontifikalgewändern (statt Pluviale Kasel) mit Mitra (auf den Rahmen mit Umschrift übergreifend), in der Rechten das Pedum mit Velum, in der Linken ein Buch an die Brust gepreßt, das Haupt auf einem quastenbesetzten Kissen ruhend. Zu Füßen der Figur links ein Kelch mit Hostie, rechts ein kleiner Wappenschild. An vier Stellen (im Bereich des Kissens bzw. über Kelch und Schild) Bohrlöcher der ehemals eingesenkten Heberinge.

H. 201 cm, B. 109 cm, Bu. 5 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

R(EVEREN)DVSa) ADM(ODVM) IN CH(RIST)Ob) P(ATE)R AC D(OMI) N(V)S D(OMINVS) / GEORGIVS SCHEDLERVS ABBAS GÖTTWIC(ENSIS) DIGNISSIM(VS) / HIC REQVIESCIT . OBIIT I[N]c) / D(OMI)NO . ANNO : M.DC: <X> DIE <VIII> MENS(E) <MARTIO>.d)

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert.
b) Nomen sacrum; Bestand: XO mit Kürzungszeichen.
c) mit Putz verschmiert.
d) Worttrennzeichen annähernd quadrangelförmig.

Der in Christus wohlehrwürdige Pater und Herr, Herr Georg Schedler, hochwürdiger Abt von Göttweig, ruht hier; er starb im Herrn im Jahr 1610, am achten Tag im Monat März.


Wappen: Schedler1).


Kommentar

Georg Schedler, um 1568/69 in Altdorf bei Ravensburg geboren, erhielt in Regensburg und am Münchener Jesuitenkolleg seine Ausbildung und trat 1589/90 in Göttweig ein. 1591 wurde er in Wien zum Priester geweiht und trat kurz darauf das Amt des Priors in Göttweig an. Noch in dieser Funktion wurde er 1601 als Abt nach Klein-Mariazell postuliert. Zum Abt von Göttweig wurde er auf Betreiben Abt Michael Herrlichs mit Einreichung von dessen Resignation am 21. November 1603 gewählt, die Installation und Übergabe der Temporalia von Herrlich an Schedler fand am 12. September 1604 statt. In seiner Regierungszeit ließ Schedler die Filialkirche des Klosters in St. Blasien in Kleinwien renovieren und mit einem neuen Hochaltar ausstatten, 1606/07 die Hoftaverne in Furth (s. Kat.-Nr. 378 und 379) umbauen und einrichten sowie die 1580 beim Klosterbrand zerstörte Taverne im Kloster Göttweig umbauen. 1606 verkaufte Schedler den Dietmanns- oder Hollerhof (heute Hellerhof ) in Paudorf um 3000 fl. an den Kremser Schlüsselamtmann Jakob Kamper, 1608 kaufte er ein Haus in der Wiener Seilergasse (späterer Göttweigerhof, heute Wien I., Seilerg. 9). Zwischen 1. und 3. Februar 1608 beschädigte ein neuer Brand die Klosterkirche des ehemaligen Frauenkonvents schwer. Nach Schedlers Tod am 8. März 1610 wurde das Kloster zwei Jahre lang von wechselnden Administratoren verwaltet, erst 1612 wurde Abt Georg (II.) Falb installiert2). Die Platte ahmt in der gesamten äußeren Gestaltung das Vorbild der annähernd gleichzeitigen Gruftplatte Abt Michael Herrlichs nach, auch das Formular weist ähnliche Bestandteile auf, sogar einzelne Kürzungen der mit dem gleichen, allerdings relativ unspezifischen Formenkanon und bei hier etwas breiteren Proportionen eingehauenen Inschrift entsprechen genau dem genannten Denkmal; möglicherweise handelt es sich bei der Schedler-Platte um das Werk derselben Werkstätte, die in beiden Inschriften auch die Nachträge des Sterbedatums ausführte. Zur Schriftbeschreibung s. dort (Kat.-Nr. 384). Der wohl porträtähnlich konzipierte Kopf mit den ungewöhnlicherweise geschlossenen Augen auf dem vorliegenden Stein ist jedoch wesentlich plastischer gestaltet und organischer mit der übrigen Figur verbunden als der auf dem Herrlich-Stein.

1) Geviert mit Herzschild: 1 und 4: linksgewendete steigende gekrönte Hydra (eigentlich Löwenrumpf mit drei Adlerköpfen); 2 und 3: oberhalber bezungter Ziegenrumpf; Herzschild (Kloster Göttweig): auf Dreiberg ein Tatzenkreuz. Vgl. das tingierte Wappen bei Kat.-Nr. 381 und StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 87r (Nachzeichnung der Abtsiegel und verschiedener Wappen) und Lechner, Klosterheraldik 772 (Zeichnung und Blason).
2) StiB Göttweig, Cod. 896 rot (Dückelmann), fol. 87r, Dungel, Göttweig 570 (mit Angabe einer Hochaltarweihe in der Klosterkirche zu 1609 Juni 5), Lashofer, Professen 196, ausführlich Tropper, Stift 247–251. Zur Regierungszeit Schedlers vgl. auch Zedinek, Göttweig 67 und 75 und Fux, Ortsgeschichte 76f., knapp Fischer, Atlas 42.
Literatur

StiA Göttweig Cod Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 137. – StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 180r (ganzseitiger Kupferstich). – Dungel, Göttweig 496. – DASP, Nachlässe 5, Heft L, fol. 43r. – ÖKT 1, 470. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 89 („17 Grabsteine in der Kirche und Vorhalle“). – ÖAW, NLH, 2.-4. 7. 1958. – Lechner, Stift 48. – Lashofer, Professen 196. – 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 1324. – Fischer, Hellerhof 34 (Abb.). – Fischer, Atlas 42 (Abb.). – Dehio Süd 571.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 388,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj388.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 168: Gruftplatte des
Abtes Georg Schedler (vor 1610)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)