|
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich
Politischer Bezirk Krems
395 |
Maria Laach a. Jauerling, Pfk. Mariä Heimsuchung |
1611 |
Speisekelch (Ziborium), Silber (Cuppa und Deckel) bzw. Messing (? Fuß) vergoldet, im Tabernakel des Hochaltars aufbewahrt. Über mehrfach profiliertem Sockel und balusterartigem Fuß mit zwei Nodi die halbelliptische Cuppa. Aufgesetzt ein gedrungener zwiebelhaubenförmiger, in einen Kegel auslaufender Deckel, auf der Spitze ein sekundär (wohl im 18. Jahrhundert) aufgelöteter Kruzifixus. An einer Seite der Cuppa zwei aneinandergeschobene Eheallianz(voll)wappen, beiderseits je ein dreizeiliger Schriftblock (I links, II rechts), unter den Wappen mittig die Jahreszahl (III), von dieser infolge einer sekundären (wohl im 18. Jahrhundert erfolgten) Übermontierung des Cuppakorbs mit Rocaillendekor, Arma Christi-Darstellungen und Groteskmasken aus Silberblech in der unteren Hälfte der Cuppa nur die beiden letzten Stellen vollständig sichtbar. Inschriften und Darstellungen eingraviert.
H. 26 cm (mit Deckel 42 cm), D. (Fuß) 15 cm, Bu. 0,5 cm. – Kapitalis.
Textedition
I.
HANSa) · LVDWIG · H͜ ERR · KHVEFSTAI͜NER / FREIHERR · ZV ·
GREIILNNSTAN · VNND / HERR · ZV · SPIZ · AVFF · ZÄSSINGb)
II.
MARIA · FRAV KHVEFSTAINERINc) · FREIIN · / GEBORN͜ E ·
GRABNERIN · VON ROSEN͜ PERG · / VND · PODENPRVN · SEIN ·
GEMAHLb)
III.
[· 1 · 6] · 1 · 1d) ·
Anmerkungen
Wappen: Kuefstein1); Grabner2).
Kommentar
Maria, Tochter des Sebastian Grabner von Rosenburg und der Johanna von Polheim, war seit 1607 die erste Ehefrau des Hans Ludwig von Kuefstein (s. Kat.-Nr. 375†). Von den 15 dieser Ehe entstammenden Kindern überlebte kein einziges das Kindesalter. Maria Grabner starb als Letzte ihres Geschlechts im Alter von 33 Jahren am 8. Jänner 1623 in Wien im Kindbett nach der am 27. Dezember erfolgten 15. (Früh-)Geburt. Eine erste Leichenpredigt hielt in der Hernalser Pfarrkirche der dortige protestantische Pfarrer Hans Mühlberger, im Anschluß daran wurde eine Lebens- und Sterbebeschreibung der Toten verlesen. Während der Exequien wurde ein Wappenschild der Verstorbenen an der Kanzel befestigt und die Geschichte des nunmehr ausgestorbenen Geschlechts der Grabner erzählt. Ein eigens in Auftrag gegebener Kupferstich mit den 64 Ahnenwappen der Toten in einer Auflage von 100 Exemplaren wurde im Anschluß an die Feierlichkeit an die Trauergäste verkauft. Die Leiche wurde anschließend per Schiff auf der Donau nach Spitz und schließlich zur Beisetzung nach Maria Laach transportiert. Der literarisch tätige Hans Ludwig von Kuefstein (s. auch Kat.-Nr. 375†) verfaßte eine Klagschrift auf den Tod seiner Frau, zwei Trostschriften richtete sein Prädikant auf Schloß Buchberg am Kamp, Heinrich Reutter, an den Witwer3).
Der vorliegende Kelch könnte ursprünglich als profaner Pokal ein verspätetes Hochzeitsgeschenk an das Brautpaar oder eine Gabe anläßlich der Geburt eines Kinds dargestellt haben. Solche Ehrengeschenke des Kaiserhauses an Hofamtsträger, meist Trinkgeschirr, wurden über Anordnung der Hofkammer durch einen Abgesandten des Kaisers bei den entsprechenden Feierlichkeiten überreicht4). Ähnlich wie Hochzeitskleider adeliger Damen, die später, zu Meßgewändern umgearbeitet, in den Besitz der Kirchen gelangten, wurde auch Trinkgeschirr häufig zum jeweiligen Kirchenschatz gestiftet. Möglicherweise handelte es sich aber auch um eine von Anfang an für die Pfarrkirche Maria Laach vorgesehene Stiftung Hans Ludwigs von Kuefstein, der das Kirchenpatronat in Maria Laach innehatte.
Die in harmonischem Wechsel von breiten und schmalen Einzelformen und mit kräftigen Schattenstrichen konzipierte Inschrift wurde sehr sorgfältig ausgeführt. A ist an der Oberlinie leicht abgeflacht, E hat einen stark verkürzten Mittelbalken, G eine rechtwinkelig gebrochene Cauda, I einen vollrunden i-Punkt, K zwei durchgebogene Schrägschäfte, R eine moderat geschwungene Cauda, Z besteht aus zwei geschwungenen, flach linksschräg verlaufenden Balken, geschwungenem Schrägschaft und kurzem linksschräg gestelltem Mittelbalken.
Literatur
Andreas Zajic
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
|
|
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich Politischer Bezirk Krems Maria Laach a. Jauerling, Pfk. Mariä Heimsuchung • Speisekelch • Jahreszahl • Kapitalis • •
Christian •
Grabner, Maria •
Grabner, Sebastian I. •
Kuefstein, Anna Dorothea, Constantia, Eleonora, Gottlieb, Hans Ludwig •
Losenstein, Georg •
Mühlberger, Hans •
Polheim, Johanna •
Reutter, Heinrich •
Stubenberg, Susanna Eleonora •
Buchberg a. Kamp •
Greillenstein •
Hernals •
Maria Laach a. Jauerling •
Pottenbrunn •
Wien •
Zeißing
|