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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

400 Spitz, Pfk. Hl. Mauritius 1612

Epitaph des Sigmund Lerpaum, hellroter Marmor, außen an der Langhaussüdwand rechts neben dem Torvorbau. Etwa in der Mitte der hochrechteckigen Platte Vollwappen in seicht vertieftem vollrunden Feld mit Hohlkehlenrahmung, unmittelbar darunter stärker vertieftes querrechteckiges Feld mit Hohlkehlenrahmung, darin in der linken Ecke eine männliche Figur mit Vollbart in kurzem Radmantel, Halskrause und Kniebundhose, den breitkrempigen Hut vor sich abgelegt, sowie eine weibliche Figur mit flachem Hut, Halskrause, Miederkleid und kurzer Jacke in der rechten Ecke vor dem Gekreuzigten (VI) in der Mitte im Gebet kniend. Zwischen der männlichen Figur und dem Kreuz offenbar nachträglich in weiter in den Bildgrund vertiefter Rundbogennische eingehauene Figur eines kleinen Knaben. Die 15-zeilige Inschrift (I) reicht – die beiden letzten Zeilen vom Wappenfeld unterbrochen – bis knapp in die Mitte der Platte. Mit einer Zeile Abstand zur vorangehenden Inschrift drängen sich zwei weitere Inschriften mit je elf Zeilen links (II) und rechts (III) in zwei Textblöcken zu beiden Seiten des Wappens und enden unmittelbar über dem querrechteckigen Feld, das letzte Wort von Inschrift III steht noch auf dessen Höhe am rechten Rand der Platte. Unterhalb des Relieffelds stehen zwei weitere sechsbzw. fünfzeilige Textblöcke (IV und V), deren linker mit dem ersten Wort noch am linken Plattenrand auf Höhe des Felds einsetzt. Denkmal verwittert, kleinere Sprünge.

H. 232 cm, B. 120 cm, Bu. ca. 3,5 cm. (IV und V kontinuierlich abnehmend) bzw. 1,8 cm (VI). Fraktur (und Kapitalis).


Textedition
			

I. [Hie] ligt begraben der Edll vnd Ernvesst Sig[mu]ndt Lerpaum / Rathsburger vnnd gastgeb Zu Spitz welcher in G[o]tt / Selligclichen entschlaffen ist den <..> tag deß Monats <– – – / – – –> An(n)o 16<..> Jarß [So]woll sein liebe hausfrau Magdalena / Ain geborne Stuetterin welche auch selligclichen ent/schlaffen ist den <..> tag deß Manats An(n)o 16<..> [s]ambt irem / Sun Johanneß der auch In Gott selligclichen den 7 Junj / An(n)o 1603 Zwischen 9 vnd 10 vhr abentß Abgeschieden / Der Allmechtige Gott wolle inen vnd allen Christglaubigen / Sellen ain frelliche auferstehung verleichen vnd hat dise / EPITAPHI Zu ainer Christlichen gedechtnuß Jme seiner haus/frauen Khindern vnd Jren vorigen ehe vogten Hansen Branten / Richter Zu Thiernstain Wolffen Vo[g]lmair vnd Wolffen / Sagmullner beede // Burgera) Zu Spitz auf/ Richten lassen // Annoa) 1612 II. Ezechielb) / 37 / So spricht / Der Herr / Sihe ich / will Eure / gräber auf/ Thun vn[d] / will euch mein / Volckh auß denselbe(n) / Herauß hollen III. Hosee 13b) / Jch wil sie / erlösen aus / der höllen / vnd vom Tot erretten / Tot ich will / dier ein gifft / sein hö[lle] ich will / Dier ein Pestile[n]tz / sein IV. Johan(nis) 6 / Daß ist der will deß vatters der / mich gesant hat daß ich nichtß / verliere von allem daß er mier / Gegöben hat sondern daß ichs / aufferweckh am Jüngsten tagc) V. 1 Corinthern am 15 / Den gleich wie sie Jn Adam / Alle sterben also werten sie Jn / Christo alle Lebendig gemacht / wertenc) VI. [I]NRI

Anmerkungen
a) durch Wappenfeld unterbrochen.
b) Wort bzw. Z. vergrößert.
c) Schriftgröße bis zur letzten Z. kontinuierlich abnehmend.

Ez 37,12 (II); Hos 13,14 (III); Joh 6,9 (IV); 1 Kor 15,22 (V).


Wappen: Lerpaum1).


Kommentar

Der Spitzer Wirt und Ratsbürger Sigmund Lerpaum war nach 1583 Besitzer eines Hauses in Spitz „am Khlauberhoff“, das dem Spitzer Pfarrer dienstbar war2).

Das Epitaph entstand offenbar durch Überarbeitung einer als Halbfertigprodukt hergestellten Wappengrabplatte, bei der die Position der Wappendarstellung bereits fixiert war. Dieser Vorgabe hatten sich die Konzeption des Relieffelds und die Verteilung der Inschriften unterzuordnen. Der kleine Knabe im Bildfeld wurde offenbar nachträglich eingehauen, wozu man die bereits plan abgearbeitete Hinter­grundfläche mit einem Rundbogenfeld eintiefen mußte, um die Figur ebenfalls in Flachrelief darstellen zu können. Aus derselben Werkstatt stammt angesichts der weitgehenden Übereinstimmungen in der Figurenzeichnung der knienden Beterfiguren und der Gestaltung des Vollwappens auch das Epitaph des 1604 verstorbenen Krems/Steiner Ratsbürgers Stephan Mayr in der Steiner Frauenbergkirche sowie das Epitaph des Hans Friedrich Welling (gest. 1620) im WEINSTADTmuseum Krems3).

1) Geteilt: oben dreimal geteilt; unten ein springendes Roß; offener Helm; über Helmkrone offener Flug, dazwischen Lärchenbaum auf Dreiberg.
2) S. DASP, PA Spitz 7/1/1 (Kirchenrechnungen 1), Dienstbuch des Fr. Viktor Lauser für 1530–34, fol. 19v (Nachtrag des Fr. Heinrich Moritz Schopper nach 1583).
3) S. Dehio Nord 596 und vgl. in Zukunft den vom Bearbeiter für die DI vorbereiteten Band mit den Inschriften der Statutarstadt Krems a. d. Donau.
Literatur

DASP, Nachlässe 5, Heft H, fol. 56r. – ÖKT 1, 390 („Lernand?“). – ÖAW, NLH, 23. 8. 1962. – Schöner, Abriß 36. – Schöner, Geschichte 2, 127. – Zotti, Kunst 2, 365. – Dehio Nord 1105 (1603). – Aichinger-Rosenberger, Studien (2006) 71 (Anm. 99).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 400,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj400.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 173: Epitaph des
Sigmund Lerpaum (1612)
©  Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv