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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

403 St. Pölten, Diözesanmuseum 1613

Sargtafel der Esther von Zelking, geb. von Hardegg, Messing oder Kupfer (?) feuervergoldet, ursprünglich in der Gruft der Pfarrkirche Weißenkirchen, noch 1965 museal im Pfarrhof Weißenkirchen aufbewahrt, seit spätestens 1988 im Diözesanmuseum St. Pölten. Hochrechteckige Tafel mit zentralem Vollwappen, oval umschlungen von einzeiligem, von zwei Engeln mit Palmzweig und Lorbeer in Händen gehaltenen Spruchband mit Wortdevise (I). Unmittelbar darunter acht zeiliges Schriftfeld (II) nach Art einer Rollwerkkartusche. Am oberen und unteren Rand der Tafel je vier Ahnenwappen mit Beischriften am Oberrand bzw. unter der Ortstelle (III–X). Sämtliche Inschriften und Darstellungen eingraviert und geschwärzt, am oberen Rand der Tafel zwei Befestigungslöcher sichtbar.

H. 34,2 cm, B. 26 cm, Bu. 0,3 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

I. ALL MEIN ANFANG VND AVCH MEIN END, BEVEHL ICH GOTT IN SEINE HEND II. HIEa) RVHET DIE WOLGEBORNE FRAV , FR(AV) ESTHER , FR(AV) VON ZELCKING , / DES WOLGEBORNEN HERRN , H(ERRN) CHRISTOPH WILHELM HERRN VON ZEL=/CKING . (et) c(etera) GEMAHL , VND DES HOCH VND WOLGEBORNEN GRAFFEN VND / HERREN , H(ERREN) BERNHARDN GRAFFN ZV HARDEGG, GLOZ, VND IM MACHLAND , / (et) c(etera) AVCH FRAVEN . FR(AVEN) ANNA SVSANNA GEBORNER HERRIN VON LIECH=/TENSTEIN VND NICOLSPVRG , (et) c(etera) TOCHTER, DIE GESTORBEN IST DEN / 19. MARTII . VMB . 11 . VHR ZV MITTAG, IM . 1613 . IHRES ALTERS IM . 44 . / IAHR, DER GOTT GENADb). III. EBERSTEIN IV. HARDEGG V. LIECHTENSTEIN VI. LIECHTENSTEIN VII. ROSENBERG VIII. RAVCHENEK IX. EKERZAV X. MEINBVRG

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert.
b) letzte Zeile zentriert.

Wappen:
        Hardegg1).
        Eberstein2); Hardegg3); Liechtenstein4); Liechtenstein5).
        Rosenberg4); Rauhenegg5); Eckartsau6); Mainburg7).


Kommentar

Christoph Wilhelm von Zelking zu Sierndorf verkaufte 1560 das Dorf Lobendorf seinem Schwager Augustin Graf von Hardegg8). Christoph Wilhelm war dreimal verheiratet. Nach dem Tod seiner ersten Frau Esther von Hardegg heiratete er deren Verwandte Magdalena, Tochter des Heinrich Grafen von Hardegg und der seit 1562 mit ihm verheirateten Anna Maria von Thurn, die 1626 verstarb und in der Pfarrkirche Zelking beigesetzt wurde. In dritter Ehe war er mit Anna Elisabeth von Zinzendorf verheiratet, durch die der Zelkinger Besitz schließlich an die Zinzendorf fiel. Aus seiner ersten Ehe mit Esther von Hardegg stammte neben der seit 1627 mit Otto Heinrich (Ottheinrich) von Zinzendorf vermählten Tochter Anna Apollonia wenigstens ein Sohn Ludwig Wilhelm, der sich als Inhaber aller Zelkinger Herrschaften nach Weinberg, Leonstein, Dornach, Wartberg, Dürnstein und Tal Wachau nannte, am 10. April 1634 als letzter seines Geschlechts auf Schloß Zelking verstarb und in der spätestens 1631 anläßlich des Todes Christoph Wilhelms eingerichteten oder umgestalteten Gruft der Zelkinger Pfarrkirche bestattet wurde9).

Die Wappenschilde der Eberstein, Hardegg, Rosenberg und Rauhenegg gehören zu Esthers väterlichen Ahnen: Ihr Vater Bernhard war ein Sohn Julius’ (I.) Grafen von Hardegg und der Gertraud von Eberstein gewesen (vgl. auch Kat.-Nr. 218). Julius’ Eltern waren Heinrich Prüschenk, Graf von Hardegg, und Elisabeth von Rosenberg, Heinrich ein Sohn des Stephan Prüschenk und der Margarete von Rauhenegg gewesen10). Die übrigen Wappen beziehen sich auf ihre Vorfahren mütterlicherseits: Anna Susanna, die im gleichen Jahr wie ihre Tochter starb, war wie ihr Mann Georg Hartmann eine gebürtige Liechtenstein gewesen (vgl. Kat.-Nr. 405).

Wie viele andere Sargtafeln des 17. Jahrhunderts überliefert auch der vorliegende Inschriftenträger die Todesstunde der Verstorbenen, eine Mitteilung, die offenbar vielfach als einigermaßen intim empfunden wurde und daher im Vergleich zu den Inschriften auf den Grabdenkmälern im „öffentlichen“ Kirchenraum ungleich häufiger auf Sargtafeln, die in der Regel nur Angehörigen der Gruftinhaber zugänglich waren, zu finden ist11).

1) S. Si OÖ 93 (Hardegg [Prueschink] Wappen XII) und Taf. 33 (Wappen Hardegg-Glatz II) und NÖ 1, 160 (Hardegg [Hardeck] Gfen.) und Taf. 78 (Wappen IIIh), auf der Tafel jedoch abweichend ohne Herzschild und beim Vollwappen ohne vierten Helm, die Helmzier des dritten Helms mit fünfeckigem Schirmbrett, am Oberrand mit Straußenfedern besteckt.
2) Rose.
3) S. Si OÖ 181 (Liechtenstein zu Nikolsburg, Wappen II) und Taf. 54 (Wappen V) und NÖ 1, 271 (Lichtenstein, Fürsten) und Taf. 141 (Wappen I).
4) S. Si OÖ 301 und Taf. 79 (Wappen IV), der Balken jedoch auf der Tafel wellenartig schraffiert (vgl. dazu Wappen V).
5) Bewehrter Arm.
6) S. Si NÖ 1, 72 und Taf. 36.
7) S. Si NÖ 1, 282 und Taf. 149.
8) S. Fux, Land 140.
9) S. zu Ludwig Wilhelms Sargtafel (heute im Diözesanmuseum St. Pölten) Lind, Denkmale CIII (Fig. 1) und danach Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 67f. (Abb. 1), zu den Denkmälern in der Zelkinger Kirche Dehio Süd 2791. Auch die Sargtafel der Magdalena von Zelking, geb. von Hardegg, befindet sich heute im Diözesanmuseum St. Pölten. Zur verlorenen Sargtafel der Anna Apollonia von Zinzendorf, geb. von Hardegg (gest. 1646), s. DI 10, Kat.-Nr. 72.
10) S. Lind, Denkmale CIII. Zu den Hardegg im 16. und frühen 17. Jahrhundert vgl. auch die online-Edition von Briefen einzelner Familienangehöriger (NÖLA, Herrschaftsarchiv Stetteldorf u. a.) im Rahmen des Projekts Frauenbriefe (Leitung Beatrix Bastl) unter http://www.univie.ac.at/Geschichte/Frauenbriefe/hardegg2.htm (Mai 2006).
11) Vgl. ausführlicher zu dieser Überlegung Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 248 und 282–284 und Ders., Zentrum 339.
Literatur

ÖAW, NLH, 2. 9. 1965. – Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 282 (Anm. 253) und 303.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 403,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj403.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 178: Sargtafel der
Esther von Zelking (1613)
©  Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv