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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

411 Göttweig, Prälaturgang 1616 (?)

Porträt des Abtes Georg (II.) Falb, Öl auf Leinwand, als Bestandteil der Sammlungen (Inv.-Nr. 62) im Prälaturgang. Hochrechteckiges Gemälde in schlicht profiliertem schwarzen Rahmen, nach innen zu mit einer vergoldeten Leiste abgesetzt. Halbfigur des vollbärtigen Abtes in Kukulle und Pileolus, um den Hals das steinbesetzte silberne (?) Pektorale, mit Blick auf den Betrachter leicht nach rechts sehend, die linke Hand stützt ein rot eingebundenes Buch mit zwölfzeilig gold gestaffelt zentriert beschriftetem Vorderdeckel auf einem Tisch mit hölzernem Standkruzifix und Tischglocke in der rechten unteren Bildecke ab, die rechte weist locker auf das Buch hin. Im Hintergrund schematische Draperie.

H. (mit Rahmen) 116 cm bzw. 98 cm (ohne Rahmen), B. (mit Rahmen) 102 cm bzw. 83 cm (ohne Rahmen), Bu. 0,5–1,5 cm. – Minuskelantiqua und Kapitalis.


Textedition
			

R(everendissi)mia) Pra͜ esulis et Amplissimi / D(omi)ni D(omin)ni / GEORGII FALBII / Celeberimi Monasterii Gottwicensis / ABBATIS / (et) c(etera) (et) c(etera) / Sermo / Quem in Sacrae Deipara͜e Virginis / A͜ Ede habuit / Dum Societatem JESU / primum Crembsium introduceret / 5ta Martii A(nno) 1616.

Anmerkungen
a) Kasusendung verkleinert hochgestellt.

Predigt des hochehrwürdigen und erlauchten Herrn Herrn Georg Falb, Abt des berühmten Klosters Göttweig usw. usw., welche er in der Kirche der Hl. Jungfrau und Gottesgebärerin hielt, als er die Gesellschaft Jesu erstmals in Krems einführte, am 5. März des Jahres 1616.


Kommentar

Das Porträt gilt als das erste erhaltene autonome Abtporträt Göttweigs. Im Unterschied zum vor 1719 in der Barbarakapelle (ursprünglich Kapitelsaal) im Ostflügel des alten Kreuzgangs befindlichen Porträt Falbs, dessen erst nach dem Tod des Abtes angebrachte Beischrift von Schenggl kopial überliefert wurde (Kat.-Nr. 465†), deutet die im vorliegenden Gemälde abgebildete Buchdeckelinschrift der programmatischen, im Original deutschsprachigen (?), 1617 in Passau im Druck auch in lateinischer Übersetzung von David Gregor Corner (s. Kat.-Nr. 481) erschienenen Predigt Falbs von 1616 vielmehr auf eine zeitnahe Entstehung des Bilds hin. Das angegebene Tagesdatum 5. März entspricht jedoch bloß dem ursprünglich für die Übergabe der Kremser Frauenbergkirche an die Societas Jesu vorgesehenen Termin, tatsächlich fand der feierliche Akt erst am 13. März, dem Sonntag Laetare statt, dessen Introitus auch das Thema für Falbs Predigt über Is 66,10 vorgab1).

Die als Versatzstück eines Stillebens auf dem Beistelltisch in der rechten unteren Bildecke dargestellte Tischglocke wurde vom Maler zwar inschriftlos wiedergegeben, könnte aber mit einer noch in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts im Kloster vorhandenen Tischglocke von 1544 (Kat.-Nr. 220†) identisch sein.

Die mit feinem Pinsel aufgemalte Minuskelantiqua-Inschrift entspricht im grundlegenden Formenkanon, der Ausbildung von feinen, besonders an der Basislinie stark betonten Serifen und in schreibtechnischen Usancen wie der konsequenten Verwendung von Nexus litterarum a/e oder der Kombination von langem und runden s bei Doppelung des Buchstabens den entsprechenden Vorbildern aus dem Druck, wobei die Verwendung der als epigraphische Schrift fast bedeutungslosen Minuskelantiqua hier ganz offensichtlich dem beschrifteten Objekt, nämlich einem Buchdeckel, Rechnung tragen soll. An den verwendeten Versalien sind ein aus zwei unverbundenen gegenläufigen Bögen zusammengesetztes S sowie ein epsilonförmiges E und das früheste im bearbeiteten Bestand belegte U im kapitalen JESU bemerkenswert.

1) Der Druck esrchien schließlich unter dem Titel „Reverendissimi praesulis (…) G. Falbii (…) paraenesis de religiosissima societatis Jesu familia“, vgl. Rill, Anfänge 79f. und Tropper, Stift 270.
Literatur

Lechner, Stift 90. – 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 1034 (Gregor M. Lechner; Abb.). – Tropper, Stift 262. – Fischer, Atlas 42 (Abb.).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Kat. Nr. 411,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj411.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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