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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

414 Furth Nr. 120 1616, 1617, 1620

Bildstock („Fünfkreuz“) mit Stifterinschrift, grauer Sandstein, im Garten des Hauses Furth Nr. 120 an der Straße nach Palt/Mautern (Kreisverkehr) am nordwestlichen Ortsende. Auf hohem kubischen Postament mit profilierten ausladenden Sockel- und Deckplatten mächtige ionische Säule, deren unteres Drittel als Trommel glatt und an vier Seiten mit Cherubsköpfen besetzt, durch Wulstringe vom oberen Teil mit halb von Stäben ausgefüllten Kanneluren abgesetzt. Reichverziertes ionisches Kapitell über palmettengeziertem Säulenhals, gedrungene Kämpferplatte mit wuchtigem, profiliertem und mit Eierstab versehenem Gesims. Tabernakelaufsatz mit drei hochrechteckigen reliefierten Flachnischen (ostseitig Christus am Ölberg, nordseitig Kreuzigung, westseitig Pietà) und sechszeiliger Inschrift über Vollwappen in längsovalem Medaillon an der Südseite. Über ausladendem profilierten Gesims Pyramidendach, an der Spitze und den vier Ecken (in 45°-Winkel zu den Seiten des Aufsatzes) je ein eisernes Kreuz. Inschrift ehemals schwarz nachgezogen, Reste der Zeilenlinierung sichtbar, 1970 restauriert (Karl Gollner), dabei der Aufsatz um 90° gedreht1).

H. ca. 6 m (gesamt), ca. 100 cm (Aufsatz), B. ca. 55 cm (Aufsatz), Bu. ca. 4 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

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Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert.
b) vor STAIN größerer Wortabstand, dem oberen Rand des Wappenfelds ausweichend.
c) durch Wappenfeld unterbrochen; zunächst 1·6·16· eingehauen, später offenbar zu 1·6·<17> korrigiert und schließlich zu 1·6·<20> verbessert; vgl. Kommentar.

Wappen: Falb2).


Kommentar

Zu Johann Falb s. Kat.-Nr. 415†. Die Inschrift samt Jahreszahl dürfte bereits im Jahr der Stiftung des Denkmals, 1616, eingehauen worden sein, die Datierung wurde aber offenbar aufgrund der sich länger hinziehenden Arbeiten im Todesjahr des Stifters erstmals 1617 – vielleicht in Erwartung der baldigen Fertigstellung – aktualisiert. Noch 1619 finden sich jedoch sechs Zahlungsbelege des Göttweiger Abtes Georg Falb an den ausführenden Kremser Bildhauer Kilian Fuchs3), der auch Falbs Grabplatte und Totenschild angefertigt hatte (vgl. Kat.-Nr. 415† und 416†). Erst mit der endgültigen Beendigung der Arbeiten und der Aufstellung des Denkmals 1620 wurde die Jahreszahl, nunmehr mit Bezug auf die Fertigstellung, nicht mehr auf die Stiftung, letztmals abgeändert.

Der Schriftbefund zeigt bei der Jahreszahl neben den beiden ersten Ziffern, 1 mit Anstrich und gegabeltem Schaftende sowie 6 mit leicht spitzovalem offenen Bogen und in den Zeilenzwischenraum reichendem oberen Bogenende zunächst weiters 1 mit Anstrich und stark gegabeltem Schaftende sowie 6 mit fast vollrundem offenen Bogen. 1617 wurde über die letzte Ziffer 7 mit Deckbalken und Schrägschaft eingehauen und das über den Deckbalken hinausragende Bogenende der darunterliegenden 6 durch seichtes Ausmeißeln kaschiert. 1620 schließlich wurde die dritte Stelle mit spitzer 2 überarbeitet, wobei der annähernd vollrunde Bogen der letzten 6 als 0 stehenblieb. Die Tatsache, daß gerade unter der letzten Stelle der Jahreszahl die als Zeilenlinierung eingeritzte Basislinie, zusammen mit der älteren Ziffer 7 einer spitzen 2 ähnlich, deutlich sichtbar ist, hat oft zu einer Lesung als 1622 geführt4).

Charakteristisch für die Werkstatt Fuchs’ ist die Gestaltung der dicklappigen, mit mehreren parallelen Graten versehenenen Bahnen der Helmdecke, die sich vom Helm weg nach außen hin ausbreiten und am Rand des Wappenfelds in zwei oder drei bauschigen und breit aufgefächerten Enden nach innen zum Schild hin biegen.

Die relativ linear ausgeführte, locker gesetzte Kapitalis weist die für die Fuchs-Werkstatt typischen Einzelformen auf: überwiegend schmales A mit Balken in der Mittellinie, B mit meist gleich großen Bögen, C mit gleich langem oberen und unteren Bogenende, am oberen ein dreieckiger Sporn angesetzt, das untere spitz auslaufend, E mit geringfügig bis stark verkürztem Mittelbalken, G mit bis zur Mittellinie reichender und mit breiten Serifen versehener senkrechter Cauda, das obere Bogenende mit rechtsschräg abgeschnittenem Sporn versehen, gerades M mit etwa bis zur Zeilenmitte reichendem Mittelteil, eher schmales O, R mit geschwungener, teils minimal ausgestellter, teils leicht in den Unterlängenbereich ragender Cauda, T mit beiderseits rechtsschräg abgeschnittenen Serifen am Balken, verschränktes W und Z mit feinem geschwungenen oder durchgebogenem Mittel- und stachelförmig in den Unterlängenbereich ragendem oder an der Basislinie geschwungenem unteren Balken.

1) S. Fischer-Colbrie, Fuchs 180 mit Anm. 45.
2) Geviert mit Herzschild: 1 und 4: steigendes Pferd (Falbe), 3 und 4: Linksschrägbalken, mit Rose belegt; Herzschild: Lilie, vgl. Kat.-Nr. 440†, StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 89r und Lechner, Klosterheraldik 772 (Zeichnung und Blason).
3) Abt Georg (II.) Falb übernahm die Fertigstellung der Stiftung seines verstorbenen Bruders auf Kosten des Klosters, s. Fischer-Colbrie, Fuchs 173 mit Anm. 42. Bezeichnenderweise rechnete Hans Tietze das gegenständliche Wegkreuz aus der Fuchs-Werkstatt zu den bodenständigen und volkstümlichen Kunstobjekten des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts mit starken gotischen formalen Reminiszenzen, während er das ebenfalls von Fuchs angefertigte Epitaph der Anna Kirchberger (Kat.-Nr. 408) der Werkstatt Alexander Colins zuschrieb, s. ÖKT 1, 37f. Schon 1610 hatte Fuchs für Arbeiten an einem kleinen Altar für Göttweig 10 fl. erhalten, s. Pühringer-Zwanowetz, Barockplastik 264.
4) S. die unten angeführte Literatur.
Literatur

DASP, Nachlässe 5, Buch B, pag. 62. – ÖKT 1, 23, 38 und 137 (Fig. 65; 1622). – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 71 (1622). – Schaffran, Land 78 (1622). – Hula, Totenleuchten Taf. 15 (Abb. 12; 1622). – ÖAW, NLH, 3. 7. 1958. – Fischer-Colbrie, Fuchs 173 und Abb. 5. – Maier, Zeichen 343f. (Abb., 1622). – Fischer, Atlas 243 (Abb.). – Dehio Süd 470 (1622).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 414,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj414.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 174: Bildstock „Fünfkreuz“
(1616, 1617, 1620), Detail
©  Bundesdenkmalamt, Wien, Fotoarchiv