Inschrift-logo

  Suche         Druck     Hilfe  

 

Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

431 Steinaweg 1621

Tabernakelpfeiler („Altmannibründl“) mit Stifterinschrift und Jahreszahl, Sandstein, südwestlich außerhalb der Ortschaft in einer Senke an der Straße nach Kleinwien. Ein achteckiger, oben und unten einfach profilierter Schaft auf quadratischem Sockel trägt einen mit mehrfach profilierten wuchtigen Kranzgesimsen (oben mit Zahnschnittleiste verziert) versehenen prismatischen Aufsatz mit vier vertieften, durch Eierstableiste und Perlschnur gerahmten hochrechteckigen Feldern. Als Bekrönung ein üppiges, reich ornamentiertes Patriarchenkreuz, vorne Jesugramm (I), hinten Darstellung Herz Jesu, beides von Dornenkranz umwunden. An der Vorderseite nahe dem Aufsatz ein kleiner Wappenschild, beiderseits und unter diesem Inschrift (II), darüber Steinmetzzeichen (s. Nachzeichnung in Anhang 1). Die 1907 noch in Resten erkennbare ursprüngliche (?) farbige Fassung des Aufsatzes ist heute nicht mehr erhalten.

H. ca. 4,5 m, Bu. 5 cm (II). – Kapitalis.


Textedition
			

I. IE(SV)Sa) II. GERG // 1621b) // BOLT // VON // GEN//ADLA//STO//RFc)

Anmerkungen
a) Nomen sacrum; Bestand: IHS, auf dem Balken des H lateinisches Kreuz stehend.
b) Jz. unterhalb des auf Zeilenhöhe angebrachten Schildes.
c) Wörter jeweils durch Pfeilerkante unterbrochen; im letzten Wort zweites A und O unmittelbar auf der Kante stehend.

Wappen: Bolt1).


Kommentar

Das in der Inschrift genannte Genadlastorf ist der südmährische Wallfahrtsort Gnadlersdorf. Der Stifter scheint den von Mähren aus häufig begangenen Pilgerweg von Brünn bzw. Znaim nach Mariazell über Furth/Göttweig benützt zu haben, das mit Gnadlersdorf in verschiedenen Querverbindungen stand. Eine Tochter des Georg Bolt, Walpurga, heiratete 1638 in Schattau den aus dem Bodensee-Raum stammenden Georg Geßler. Zur Errichtungszeit der Säule lebte in Palt ein möglicherweise mit Georg Bolt verwandter Leopold Polt, der von 1599 bis 1628 gemeinsam mit seiner zweiten Frau Katharina Besitzer des Hauses Palt Nr. 2 war. 1628 verkauften sie dieses Haus und erwarben stattdessen Palt Nr. 33, Polt starb um 16372).

Das unmittelbar neben der Säule liegende „Altmannibründl“, eine gefaßte Quelle, wurde in der lokalen Volkstradition mit dem Ort identifiziert, an dem nach der Vita Altmanni (Kap. 7) die drei befreundeten (nachmaligen) Bischöfe Altmann von Passau, Adalbero von Würzburg und Gebhard von Salzburg in ihrer Jugend auf einer Reise gerastet hätten. Bei dieser Gelegenheit hätten die drei einander die späteren Bischofswürden und Klostergründungen (Göttweig, Lambach und Admont) vorausgesagt3). Schon im 1630 Abt Georg (II.) Falb gewidmeten Bild Göttweigs unter dem Schutz der Gottesmutter (Kat.-Nr. 459) wird die Szene mit den drei jungen Männern an einem Bildstock, wohl dem abstrahiert wiedergegebenen Steinaweger Tabernakelpfeiler, situiert. In einem um 1660 entstandenen Ölgemälde (vielleicht vom Göttweiger Hausmaler Fr. Georg Bergmann, vgl. zu ihm Kat.-Nr. 459) und einem um 1727/28 entstandenen Gemäldezyklus zum Leben des Hl. Altmann von Johann Samuel Hötzendorfer wird das Ereignis ebenso am Altmannibründl in Steinaweg geschildert4).

Der Tabernakelpfeiler vor dem Hintergrund des Göttweiger Bergs bildete das zentrale Bildmotiv des 60-Heller-„Gutscheins“ des von der Gemeinde Steinaweg 1920 aufgelegten Notgelds5). Die kapitale Inschrift wurde sehr routiniert ohne erkennbaren Wechsel von Haar- und Schattenstrichen völlig linear ausgeführt. Die mäßig breiten Formen weisen keine nennenswerten Besonderheiten auf, Serifen oder Sporen an freien Schaft-, Balken- und Bogenenden sind mit Ausnahme kleiner dreieckiger Ansätze kaum ausgebildet.

1) Zwei gekreuzte Rebmesser.
2) Fischer, Mit den Füßen glauben 20 und 24f., Maroli, Pest- und Totenbruderschaft 274 und Ders., Häuserchronik 644. Ein mutmaßlicher Verwandter, Matthias Poldt, war 1651 zusammen mit seiner Frau Susanna, verwitweter Ponstingl, Besitzer von Furth Nr. 5, s. Maroli, Häuserchronik 558.
3) Zu den Beziehungen der drei Bischöfe vgl. Krause, Dreigestirn, s. zur Legende auch 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 9 (Christine Tropper), knapp Lechner, Göttweig 769.
4) 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 9 (Christine Tropper) und 1178 (Peter G. Tropper) sowie Fischer, Atlas 52 (Abb.).
5) S. Fischer, Atlas 120 (Abb.).
Literatur

DASP, Nachlässe 5, Buch B, pag. 79. – ÖKT 1, 23, 38 und 534 (Fig. 445). – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 92. – Hula, Totenleuchten Taf. 17 (Abb. 2). – ÖAW, NLH, 3. 7. 1958. – Fux, Ortgeschichte 84. – Maier, Zeichen 344f. – Brugger, Kapellen 71 (Abb.). – Fischer, Atlas 78, 80 (Abb.) und 120. – Dehio Süd 2282.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 431,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj431.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich  Politischer Bezirk Krems  Steinaweg    •  Tabernakelpfeiler  •  Altmannibründl  •  Stifterinschrift  •  Jahreszahl  •  Sandstein  •  Kapitalis  •  Adalbero  •  Altmann  •  Bergmann, Georg  •  Bolt, Georg  •  Bolt, Walpurga  •  Falb, Georg II.  •  Gebhard  •  Geßler, Georg  •  Hötzendorfer, Johann Samuel  •  Katharina  •  Poldt, Matthias  •  Polt, Leopold  •  Ponstingl, Susanna  •  Admont, Benediktinerkloster  •  Brünn  •  Furth b. Göttweig  •  Gnadlersdorf  •  Göttweig, Benediktinerkloster  •  Kleinwien  •  Lambach, Benediktinerkloster  •  Mariazell  •  Palt  •  Schattau  •  Steinaweg