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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

453 St. Pölten, Stadtmuseum 1629

Votivbild des Kaspar Pichler, Öl auf Leinwand, als Leihgabe des Diözesanmuseums im Stadtmuseum St. Pölten, ursprünglich und noch 1991 im ehem. Servitenkloster Maria Langegg an nicht näher bekanntem Standort. Hochrechteckiges Gemälde in teils erneuertem breiten, dunkelbraunen, profilierten Rahmen mit gold bemalten Ornamenten in Laubsägearbeit und vergoldeter Eierstableiste am Innenrand. Im Bild in den oberen zwei Dritteln Krönung Mariens durch die Hl. Dreifaltigkeit: Maria in rosa Kleid und dunkelblauem Mantel vor leuchtendem Hintergrund auf dunkelgrauem Wolkenband stehend, links Christus als Halbfigur in rotem Mantel mit Szepter in der Linken, rechts Gottvater in hellgrauem Kleid und dunkelgrauem Mantel, die Linke ruht auf der dunkelblauen Weltkugel, beide setzen Maria einen goldenen Kronreif aufs Haupt, darüber in der Mitte die Heiliggeisttaube. Die Szene umgeben von den auf verschiedenen Instrumenten (Barockgitarre, Violine, Zugposaune, Laute, Barockharfe und Orgelportativ) musizierenden Engelschören bzw. Cherubsköpfen. In der unteren Bildzone vor düsterer Landschaft im Gebet kniendes Stifterpaar: links rotbärtige männliche Figur in schwarzem Mantel (spanische Hoftracht, cappa) mit steifem weißen Spitzenkragen, unter dem Mantel ein silberner Degengriff sichtbar, rechts weibliche Figur in schwarzem Brokatmantel mit grauem Spitzenkragen und schwarzem breitkrempigen steifen Hut. Zwischen beiden Figuren am unteren Bildrand queroblonge goldfarbige Kartusche mit achtzeilig schwarz aufgemalter Inschrift mit abnehmender Zeilengröße, über dieser Teil einer Stadtansicht. Rahmen und Gemälde restauriert.

H. (mit Rahmen) 227 cm, B. 168 cm, Bu. von 1,9 auf 1 cm abnehmend. – Fraktur (und Kapitalis).


Textedition
			

Der Allerheiligisten / Dreifaltikheit Zu Ehren, vnd glor=/würdigister gedechtnus der wertisten / Mutter IESVa) MARIA͜Ea) hat diese Figur / Zu disem Gottshaus Langökh machen / lassen Caspar Pihler der Zeit Kay(serlicher) / Stattrichter in St: Pölten den 1 / January . An(n)o 1629b) .

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert.
b) folgen zwei übereinanderstehende Punkte als Füllzeichen.

Kommentar

Der aus Bayern stammende Kaspar Pichler war Bierbrauer. Schon vor 1617 war er im St. Pöltener Klosterviertel ansässig und fungierte als Küchenmeister des Augustiner-Chorherrenklosters. Am 4. Oktober 1617 legte er den Bürgereid ab und wurde noch im selben Jahr Mitglied des äußeren Rats, 1619 stieg er in den inneren Rat auf und fungierte als Viertelmeister des Ledererviertels. 1622 sollte er auf Ratsbeschluß das im Vorjahr abgebrannte städtische Brauhaus wieder errichten, ein Plan, der aber bis 1629 nicht zur Ausführung gelangt sein dürfte. 1623 war Pichler zum Stadtkämmerer aufgestiegen (bis 1625), 1628/29, 1634/35 und wohl auch 1636/37 übte er das Amt des Stadtrichters aus. Pichler starb vermutlich gegen Jahresende 1641.

Als Maler des Bilds wurde Balduin Hoyel beansprucht, der 1622 den Bürgereid in St. Pölten ablegte. Hoyel erhielt bald nach dem verheerenden Stadtbrand von 1621 den Auftrag, ein Panoramabild der Stadt St. Pölten (heute Stadtmuseum St. Pölten) zu malen. Infolge schlechter Auftragslage ersuchte Hoyel den Rat um Nachlaß des Betrags von 95 fl. von der Kaufsumme seines Hauses, die noch zwölf Jahre später nicht beglichen war1).

Die routiniert ausgeführte und locker wirkende Inschrift weist keine nennenswerten Besonderheiten auf. Die insgesamt einfach aufgebauten Versalien werden mitunter durch feine Haarstriche belebt, die den Buchstaben entweder senkrecht durchkreuzen oder einzelne Schaft- und Bogenlinien begleiten.

1) Radlberger, Wallfahrten 128, Lutz, Stadt 178f. und August, Geschichte 543.
Literatur

Radlberger, Wallfahrten 100–100a (Abb. 3) und 128. – Dehio Süd 1326 (veraltete Standortangabe: Maria Langegg, Oratorium der Kirche).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 453,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj453.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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