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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

477 Albrechtsberg a. d. Gr. Krems, Pfk. Mariä Stiegen 1637

Epitaph des Bernhard Koglspier, Solnhofer Plattenkalk, innen an der Westwand der südlichen Kapelle (Marienkapelle) neben der Eingangstür. Annähernd quadratische Tafel mit zehnzeiliger Inschrift (Z. 1–2 und 9–10 gestaffelt zentriert) über Vollwappen in vertieftem vollrunden Feld. In der oberen Hälfte des Steins rechtsschräger Sprung.

H. 35 cm, B. 36 cm, Bu. 1,6 (Z. 1 und 2) bzw. 0,8 cm (Z. 3–10). – Fraktur und Kapitalis (Z. 1 und 2).


Textedition
			

CREDOa) RESVRRECTIONEMa) CARNISa) / ET VITAM A͜ ETERNAM. / Der Edl Vest Herr Bernhard Koglspüer (etc.) Ligt Alhie Be/graben welcher im Viertzigisten Jahr seines alterß aufm / Schloss Albrechtsperg den 22 Febru(arii) diß 1637 / Jahr in Gott seeliglich entschlaffen, Deme sein brueder / Ernreich Pfleger der Salburgischen Herrschafft Leon/stain dise gedechtnuß auß bruederlicher lieb aufrichten / lassen Amen. / Heunt an mier Morgen an dier.

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert.

Ich glaube an die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben (Z. 1 und 2).

Nach dem Credo (Z. 1 und 2).


Wappen: Koglspier1).


Kommentar

Ehrenreich Koglspier ist zum Jahr 1613 als Schüler der dritten Klasse der obderennsischen Landschaftsschule in Linz nachgewiesen2).

Der die Inschrift schließende Spruch Heunt an mier usw. ist die gegenüber der lateinischen Fassung vergleichsweise selten überlieferte deutsche Übertragung der im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert nicht nur in Grabinschriften beliebten Sentenz „Hodie mihi, cras tibi“3).

Angesichts der offensichtlichen Parallelen in der Gesamtgestaltung, der weitestgehend übereinstim­menden Schriftformen und kleiner Details wie der schraffierten Nullfläche des Wappenfelds stammen wohl auch die kleinen Epitaphien der Maria Prentz (gest. 1647) in der Welser Stadtpfarrkirche und der Anna Maria und der Eva Rosina Penzinger (gest. 1648) an der Pfarrkirche Ottensheim sowie das Epitaph des Tobias Kastner von Lautterhofen (gest. 1644) in der Nord- bzw. Heiliggrab- oder Grundemann­kapelle in Wilhering aus derselben mutmaßlich oberösterreichischen (Linzer?) Werkstatt4).

Die Kapitalis der ersten beiden Inschriftzeilen wirkt zwar insgesamt recht harmonisch, doch sind grundlegende Gestaltungsprinzipien nicht stringent durchgehalten. So schwankt etwa die Schattenachse zwischen der überwiegenden Linkschrägen und der Senkrechten, auch freie Schaft-, Balken- und Bogenenden enden in Serifen bzw. kleinen Dreiecken, deren Schnittrichtung jeweils leicht variiert. Bei C reicht das spitz auslaufende freie untere Bogenende tendenziell weiter nach rechts als das steil rechtsschräg abgeschnittene obere, E hat stark verkürzten, mitunter zu einem Dreieck reduzierten Mittelbalken, M ist teils gerade, teils leicht konisch mit nicht bis zur Basislinie reichendem Mittelteil und deutlicher Abflachung der an der Oberlinie zusammentreffenden (Schräg-)Schäfte ausgeführt, O ist relativ schmal, R weist teils stachelförmige, teil geschwungene Cauda auf.

Die Fraktur weist in den Gemeinen betont runde neben scharf gebrochenen bzw. umgeknickten Bogenabschnitten auf. Häufig werden Bogenlinien als Schwellzüge ausgeführt, die an der stärksten Stelle (meist an der Basislinie) umbrechen bzw. umknicken. Mitunter werden Bogenlinien im Mittelband minimal geschwungen ausgeführt, sodaß der Buchstabe in der Mitte leicht eingeschnürt wirkt (a, d, g). Die Versalien sind überwiegend schlicht gestaltet und in einfache Schwellzüge zerlegt, nur bei E und einmal bei H findet sich die Verdoppelung einer Bogenlinie. Bei p ist der Schaft im Unterlängenbereich als Haarstrich, leicht nach links verschoben, ausgeführt, über u stehen konsequent zwei einander berührende Quadrangel als diakritische Zeichen, während für den Lautwert des Diphthongs zwei steil rechtsschräge Haarstriche Verwendung finden.

1) Geteilt; oben wachsender Greif, in den erhobenen Pranken einen abgerissenen Birnenzweig (?), unten auf Dreiberg zwei abgewendete Blumen, die rechte mit verblühten Blütenblättern; offener Helm; über Helmkrone zwischen zwei mit den Blumen des Schilds besteckten Büffelhörnern der Greif des Schilds.
2) S. NÖLA, Hs. 78/1, pag. 888–898, hier 890 („Catalogus scolae Linzensis an. 1613“).
3) Als Beispiel für den deutschen Spruch vgl. etwa das Epitaph des Eggenburger Ratsbürgers Hans Millner (gest. 1554) an der Stadtpfk. Eggenburg, s. ÖKT 5, 37, und Dehio Nord 150 (fälschlich „Hanss Wilbair“), eine stark beschädigte Wappengrabplatte aus dem frühen 17. Jahrhundert in Hermagor, s. DI 21, Kat.-Nr. 493, oder das Epitaph des 1627 verstorbenen letzten männlichen Angehörigen seines Geschlechts, Sigmund Friedrich von Prag, in der Stadtpfarrkirche von Pettau, s. Bergmann, Medaillen 171f. und Hönisch/Bergmann, Notizen passim, eine Variante von 1573 s. in DI 54, Kat.-Nr. 217. Im 18. Jahrhundert scheint der deutsche Spruch auf Grabdenkmälern populärer geworden zu sein. Mehrere inschriftliche Beispiele für die lateinische Fassung s. bei Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 306, vgl. etwa auch DI 54, Kat.-Nr. 412 (1616).
4) Vgl. in Zukunft den von Walter Aspernig für die DI vorbereiteten Band mit den Inschriften der Statutarstadt Wels und des PB Wels bzw. Dehio Mühlviertel 550, Aspernig u. a., Inschriften 12f. (Abb.) und in Zukunft den von Rainer Schraml für die DI vorbereiteten Band mit den Inschriften der PB Rohrbach und Urfahr-Umgebung. Noch das spätere, in Kapitalis beschriftete Epitaph des Abraham Heindl (gest. 1663) in Wilhering zeigt dieselbe formale Gestaltung.
Literatur

DASP, Nachlässe 5, Heft L, fol. 34r. – ÖKT 4, 7. – Dehio Nord 7 („Bernhard Kohlbauer 1635“). – Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 306 (Anm. 389).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 477,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj477.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 191: Epitaph des
Bernhard Koglspier (1637)
©  ÖAW, Wien, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Michael Malina)