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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

485 Göttweig, Klosterkirche 1639

Hochaltar mit Jahreszahl und Initialen des Abtes David Gregor Corner, polychromiertes und vergoldetes Holz, im Chor der Kirche, den Chorschluß in Höhe und Breite völlig aufüllend. Dreigeschoßiger, dreiachsiger Aufbau. Zuunterst hohe, grau marmorierte und mit reichem vergoldeten Ornament versehene Sockelzone mit Opfergangsportalen zu beiden Seiten der jüngeren Altarmensa, an den Chorschrägen flankiert von monumentalen polychromierten und vergoldeten Engelkaryatiden. Darüber Hauptgeschoß mit zentralem jüngeren Altarblatt Mariä Himmelfahrt in oben halbrund geschlossenem, reich ornamentiertem und vergoldeten Rahmen, das darüberliegende Gebälk mit einer von Cherubsköpfen besetzten und von Fruchtfestons haltenden Engeln flankierten Inschriftenkartusche zu einem weiten verkröpften, bis über die Seitenachsen reichenden Dreieckgiebel sprengend. In den Seitenachsen zwischen je zwei metallischblauen, von vergoldetem Weinlaub umrankten tordierten Säulen mit vergoldeten, cherubskopfbesetzten Kompositkapitellen über kräftigen, mit reliefierten und vergoldeten Halbfiguren (links Hl. Scholastica und Hl. Bernhard, rechts Hl. Benedikt und Hl. Mechthild) besetzten Postamenten tiefe Rundbogennischen mit den polychromierten und vergoldeten Statuen Hl. Petrus (links) und Hl. Paulus (rechts). Über den Statuennischen je eine polychromierte Kartusche mit den Fabelwappen der beiden Heiligen, von je zwei Engeln gehalten. Das darüberliegende Gebälk mit Fruchtfestons und Cherubsköpfen besetzt. Auf den Schenkeln des Giebels außen je eine Volutenkonsole mit den polychromierten und vergoldeten Statuen des Hl. Altmann (rechts, mit Kirchenmodell als Attribut) und Hl. Gregor (rechts). Im Auszug über dem Dreieckgiebel hochrechteckiger Wechselrahmen für eine sechs Gemälde umfassende Bilderfolge nach dem kirchlichen Festzyklus (zum Bearbeitungszeitpunkt eingesetzt Bild Hl. Benedikt vom Dürnsteiner Maler Onophrius Strohvogel von 1643) zwischen zwei mit denen des Hauptgeschoßes gleichartigen Säulen, darüber ein gesprengter verkröpfter Segmentbogengiebel mit zentraler vergoldeter Statue Maria mit dem Kind in silberner Engelsglorie stehend. Als Rahmenfragmente beiderseits akanthusbesetzte Volutenspangen als Postamente für die polychromierten und vergoldeten Statuen der Hl. Katharina (links) und Hl. Barbara (rechts). Initialen bzw. Jahreszahl aus dem geschnitzten und vergoldeten vegetabilen Rankenwerk auf blaugrauem Grund im Gebälk über dem linken (I) und rechten (II) Opfergangsportal gebildet, mit jeweils drei oder zwei Buchstaben bzw. Ziffern zu beiden Seiten der Rundbogengiebeln der beiden Türen. Ursprünglicher Altaraufbau 1694 verändert, ursprüngliche Fassung des Altars durch mehrere Überarbeitungen verloren, Inschrift der Kartusche im Hauptgiebel neu aufgemalt1). Der ursprünglich zugehörige Tabernakeltempietto heute in der Sommersakristei der Kirche, am Hochaltar durch jüngeren Tabernakel von 1778 (Franz Staudinger) auf ebenfalls erneuerter Mensa ersetzt. Restaurierung 1996 (Fa. Waldbauer, Krems/Furth).

H. (Altar gesamt) 17,65 m, Bu. 12 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

I. D(AVID) G(REGORIVS)a) C(ORNER) // A(BBAS) G(OTTWICENSIS) II. 16//39

Anmerkungen
a) Schaft des G abgebrochen.

David Gregor Corner, Abt von Göttweig.


Wappen: Hl. Petrus2); Hl. Paulus3).


Kommentar

Bereits im Jahr 1637 wurde der aus dem belgischen Essen stammende Bildhauer Herman(n) Schmid(t) (um 1605–1645) von Abt David Gregor Corner (s. Kat.-Nr. 481) vertraglich mit der Auführung eines neuen Hochaltars und einer neuen Kanzel für die Göttweiger Klosterkirche beauftragt. Im Folgejahr fertiggestellt, wurde der Altar jedoch erst 1639 im Chor aufgestellt und am 22. Jänner 1640 vom Passauer Offizial Johann Bartholomäus Kobold geweiht4). Die Brüder Michael Christoph, Michael Georg und Johann Bernhard Grabenberger (1637–1710) aus Stein, die ab 1682 die Seitenkapellen der Göttweiger Klosterkirche freskierten, erneuerten ab 1686 auch die Fassung des ursprünglich wohl dunkel nußholzfarbenen und teilvergoldeten Hochaltars, der 1746 von Johann Baptist Byß neuerlich überfaßt wurde. Das ursprüngliche, 1636/38 entstandene kleinere Altarbild von Jörg Khurz aus Zwettl wurde 1694 durch ein bereits 1688 bestelltes monumentales Altarblatt Mariä Himmelfahrt vom Münchener Hofmaler Johann Andreas Wolff (1652–1716) ersetzt, das 1728 von Johann Samuel Hötzendorfer überarbeitet wurde. Im Zusammenhang mit der Anbringung des neuen Altarblatts wurde auch die Figurengruppe im Auszug aus Platzgründen verändert, ebenso 1778 das Untergeschoß samt Tabernakel in Zusammenhang mit der Adaptierung des Chorgestühls durch den Further Tischler Franz Staudinger (1705–1781)5).

1) Die wahrscheinlich in Zusammenhang mit einer neuen malerischen Ausstattung der Klosterkirche um 1861 gold auf blauem Grund neu aufgemalte Inschrift dürfte nicht den ursprünglichen, sondern den anläßlich einer der Überarbeitungen (Anbringung des neuen Altarblatts?) angebrachten Text wiedergeben. Bestand: VENI DE LIBANO SPONSA / MEA, VENI DE LIBANO, VENI, / CORONABERIS. / CANT(ICORVM) / IV., vgl. Lechner, Stift 37 und 39.
2) In blau ein silbernes Kreuz mit dem silbernen, mit goldenen Dornenranken umwundenen Herz Jesu im Zentrum, davon vier goldene Schwerter, von Feuerstrahlen umgeben, ausgehend (Fünf Wunden Christi).
3) In blau goldene Arma Christi.
4) StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), unfol. Einlagebl. vor fol. 93, Platzer, Corner 188, Pühringer-Zwanowetz, Barockplastik 265, Lechner, Stift 38, Zotti, Kunst 1, 161, 900 Jahre Stift Göttweig, 732f., Tropper, Stift 273 und Dehio Süd 569.
5) Dungel, Göttweig 496, Lechner, Stift 39f., 900 Jahre Stift Göttweig, 732f. und Kat.-Nr. 1007 und 1039 (Gregor M. Lechner), Lechner, Herrschaftsarchitektur 53, Ders., Göttweig 804 und Dehio Süd 569. Das ursprünglich zugehörige Tabernakel heute in der sog. Sommersakristei südlich der Klosterkirche. Angaben zu den Grabenbergern s. auch bei Kühnel, Tausend Jahre 15f., ausführlich Heinz, Gebrüder passim. StiA Göttweig Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 142f. überliefert eine vom Künstler Andreas Wolff, genannt Jonas, selbst verfaßte Interpretation der Symbolik des Altarblatts.
Literatur

StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 143. – Dungel, Göttweig 495f. und 573. – ÖKT 1, 443, 455 (Fig. 340), 459 (Fig. 344) und 461. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 89. – ÖAW, NLH, 2.-4. 7. 1958. – Pühringer-Zwanowetz, Barockplastik 265. – Eppel, Kunst 173. – Lechner, Stift 38f. (Abb. 4 und 6 [Tafelteil]). – Zotti, Kunst 1, 160f. – 900 Jahre Stift Göttweig, 732f. – Tropper, Stift 273. – Lechner, Göttweig 804. – Fischer, Atlas 11. – Dehio Süd 569.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 485,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj485.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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