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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

490† Stiefern, Pfk. Hl. Johannes d. T. 1641

Wolfgangsaltar mit Bau- und Weiheinschrift, (ursprgl. wohl) polychromiertes Holz, in der nördlichen Seitenkapelle. Dreiachsiger, viergeschoßiger schwarz/goldener Altarauf bau: Zentrale bärtige Figur Hl. Wolfgang (vergoldet) mit den Attributen Kirche und Pedum in Muschelnische zwischen zwei vergoldeten gedrehten Astsäulen mit Kompositkapitellen auf Volutenpostament mit Cherubskopf stehend, das breite, in Verlängerung der Säulenachsen nach oben mit Cherubsköpfen besetzte Gebälk sprengend und das Gesims zu einem Dreieckgiebel ausweitend. In den beiden Seitenachsen links Hl. Georg (vergoldet), rechts Hl. Margarete (polychromiert), beide auf dem Drachen stehend, nach außen hin je eine Blattsäule mit Kompositkapitell, von Cherubsköpfen als Rahmenfragmente abgeschlossen. Über dem Gesims breiter gesprengter Dreieckgiebel, in der Mitte zwischen zwei Säulenpaaren (anstelle der Kapitelle zwei Cherubsköpfe) Skulptur Pietà, flankierend zwei auf Volutensockeln mit Cherubsköpfen freistehende Engel. Im Aufsatz der Pietà weitere Heiligenfigur mit Schwert und Märtyrerpalme. In der Predella ursprünglich wohl zentrales, vertieftes Inschriftenfeld mit kombinierter Eierstab- und Rollwerkrahmung und fünfzeiliger, gold auf schwarz aufgemalter Inschrift. Die heute existierende Inschrift offenbar bei Renovierung 1855 oder 1960 (Restaurierungsdaten im Bereich der Predella aufgemalt) mit dem wohl ursprünglichen Wortlaut und unter teilweisem Versuch der Nachahmung der originalen Schriftformen (?) gestaffelt zentriert auf eine anstelle der alten Inschrift aufgeschraubte schwarz lackierte Furnierplatte neu gold aufgemalt.

H. (des Inschriftenfelds) 33,5 cm, B. 73 cm, Bu. 1,5 cm. – Kapitalis.

Textwiedergabe nach dem heutigen Bestand.


Textedition
			

GOTTa) DEM ALLMA͜ ECHTIGENa) BEVOR; VOLGENTS DEM / HEILIGEN WOLFGANGOa) ZU LOBa) UNDT EHRa), ALLENa) VER=/STORBENENa) CHRISTGLAUBINGENb) BRÜDERNa) UNDT SCHWES=/TERNa) SEELENa) ZU HILFa) VON DEM GARSCHERa) ZEHETa) / DIESER ALTARa) GEMACHT WORDEN 1641.

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert.
b) sic! Anfangsbuchstabe vergößert.

Kommentar

Die Pfarrkirche Stiefern stand seit 1399 durch Tausch gegen das Horner Pfarrpatronat mit den Maissauern unter dem Patronat des Abtes von Altenburg, 1690 wurde die Pfarre passauisch. Das Wolfgangsbenefizium als dritte Priesterstelle der Kirche war 1524 gestiftet worden, als erster Benefiziat wurde der ausnahmsweise vom Aggsbacher Prior Thomas, der Grundherr von Stiefern war, präsentierte Priester Wolfgang Glan(c)z installiert1).

Der Altar wird seit einem kleinen Beitrag von Gudrun Rotter aus stilistischen Rücksichten mit guten Gründen dem Horner Bildhauer Kaspar Leusering (gest. 1673) zugeschrieben2). Ob in der mit markanten Gesichtszügen versehenen und ikonographisch ungewöhnlicherweise bärtigen Figur des Hl. Wolfgang eine porträthafte Darstellung des von 1635 bis 1648 regierenden Altenburger Abtes Zacharias Frey (Frei) zu sehen ist, muß fraglich bleiben3).

Das im heutigen Formenbestand der Inschrift konsequent verwendete runde U wäre für das ursprüng­liche Beschriftungsdatum 1641 zwar möglich, ist angesichts des weit überwiegend anderslautenden Bestands der gleichzeitigen Kapitalis-Inschriften des Bearbeitungsgebiets aber eher unwahrscheinlich und wohl Resultat der Neufassung.

1) S. Plesser, Kirchengeschichte (1911) 267, Plesser, Kirchengeschichte (1951) 393f. (1524 April 23, Wien), Motz-Linhart, Stiefern 20f. und Schragl, Stiefern 112.
2) S. Rotter, Leusering passim, Eppel, Waldviertel 214, Dehio Nord 1124 und Häusler, Wolfgangaltar 146.
3) Die entsprechende Vermutung bei Häusler, Wolfgangaltar 146, bezieht sich unter anderem auf den „für die Benediktiner des 17. Jahrhunderts charakteristischen Bart“ (vgl. etwa auch die figürliche Grabplatte des Göttweiger Abtes Georg Schedler, Kat.-Nr. 388). Einen ähnlichen Bart trugen zwar offenbar tatsächlich Freis Nachfolger Benedikt Leiß und Maurus Boxler, von Frei selbst ist jedoch nach Kenntnis des Bearbeiters und wenigstens in Altenburg kein Porträt erhalten geblieben. S. zu Frei knapp Egger, Geschichte 55 (mit Verweisen auf die weiterführende ältere Literatur), zur Barttracht der beiden späteren Äbte vgl. deren figürliche Grabdenkmäler in Altenburg, s. Zajic, Grabdenkmäler 81–85 (Nr. 7f. mit Abb. 7f.).
Literatur

DASP, Nachlässe 5, Buch B, pag. 240. – ÖKT 1, 536 (2. H. 17. Jh.; Inschrift nicht sichtbar?). – ÖAW, NLH, 5. 4. 1966. – Eppel, Waldviertel 214. – Eppel, Kunst 232. – Zotti, Kunst 2, 370. – Dehio Nord 1124. – Häusler, Wolfgangaltar 146f. (Abb.).



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 490,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil4/noe-3-obj490.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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