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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Imst

3† Stams, Stiftskirche 1284

Grabinschrift Graf Alberts III. von Tirol. Nach Burgklechner „seind oberhalb seines [Alberts] grabs an der wandt etliche carmina heroica mit zimlichen grossen buechstaben gemalt gewessen, so zweifelsohne ain fromb, und andechtige ordenspersohn ihme zu ehren gemacht gehabt“1). Das genaue Aussehen des Grabdenkmals ist nicht bekannt. Die älteste erhaltene kopiale Überlieferung stammt von Putsch, der aber seinerseits eine Überlieferung in Stams als seine Quelle angibt2). Parallele Überlieferungen bieten Gay3) und Primisser4).


Text nach Putsch, Res Tyrolenses 168.


Textedition
			

I. Principibus solis compar sub lumine solis Solus uti sol is fulsit Comes ecce Tirolis Vltimusa) ALBERTVS, uirtutum flore refertus Cautus et expertus heu nunc jacet hic coopertus. Condecet ergo pie deuoto corde precari Eius pro requie qui noscitur hic tumulari. II. ALBERTVM breuis hora breui tumulo sepeliuit: Dextra superna DEI propicietur ej.

Anmerkungen
a) ebenso nach Gay, Historia I cap. XI, 90; bei Putsch ist hier aber neben Vltimus das Wort Nobilis (offenbar von anderer Hand) ergänzt; Primisser, Grabstatt § 18 gibt hingegen nur Nobilis.

Einzig dieser, den herausragendsten Fürsten vergleichbar unter dem Lichte der Sonne, glänzte hervor wie die Sonne. Sieh, der letzte Graf von Tirol, Albert, voll der Tugenden, schlau und erfahren, liegt nun, ach, hier bestattet. Es geziemt sich deshalb mit frommem und ehrfürchtigem Herz für dessen Ruhe zu bitten, von dem man weiss, dass er hier beerdigt ist (I).

Eine allzu frühe Stunde hat Albert unter dem kleinen Hügel begraben. Die himmlische Rechte Gottes sei ihm gnädig (II).

Leoninischer Hexameter, zweisilbig binnen- und paarweise endgereimt (I; Z. 1–4) bzw. Hexameter, zweisilbig endgereimt (I; Z. 5f.); Elegisches Distichon (II).


Kommentar

Als 1284 die Stiftskirche in Stams geweiht wurde, ließ Meinhard II. auch die sterblichen Überreste zahlreicher seiner Vorfahren hierher verbringen; darunter war neben dem Leichnam seines Vaters, Graf Meinhards I., auch der Körper seines Großvaters mütterlicherseits, Graf Alberts III. von Tirol5). Die Inschrift kann also frühestens aus der Zeit Meinhards stammen. Vor der Mitte des 17. Jahrhunderts war die Inschrift aber schon nicht mehr vorhanden, denn Burglehner schreibt, sie sei zu lesen gewesen „ehe unnd zuuor die closter-kürchen in Stambss renouiert worden“6). Mit dieser Renovierung ist höchstwahrscheinlich der Umbau der Stiftskirche in den ersten beiden Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts gemeint, in dessen Zuge auch etwa die romanische Decke durch ein Gewölbe ersetzt und der geschnitzte Hauptaltar (Kat.-Nr. 78) geschaffen wurde7).

Graf Albert III. von Tirol, dem diese heute verlorene Grabinschrift zugedacht war, spielte in der Geschichte Tirols in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine wesentliche Rolle. Er entstammte dem Geschlecht der Grafen von Tirol, die ihren Namen von der gleichnamigen Burg bei Meran herleiten. Bei Alberts eigenem Tod 1253 hatte er die Bildung eines eigenen, geschlossenen Herrschaftsgebietes bereits grundgelegt und so die Politik seines Enkels Meinhards II. von Görz (vgl. Kat.-Nr. 7†) vorbereitet.

1) Burgklechner, Beschreibung fol. 119v. Vgl. dazu auch Primisser, Additiones II, cap. XVI, 101.
2) Putsch zitiert einen „Catalogus Omnium Principum et Ducum“; Putsch, Res Tyrolenses 167.
3) Gay, Historia I cap. XI, 90.
4) Primisser, Grabstatt § 18 und Primisser, Additiones II, cap. XVI, 101.
5) Die verstorbenen Verwandten Meinhards wurden aus ihrer bisherigen Ruhestätte, der Grablege auf Schloss Tirol bei Meran, nach Stams verbracht; Putsch, Res Tyrolenses 168; Gay, Historia I cap. XI, 89; Lebersorg, Chronik 17 (Haidacher 32–35); Primisser, Annales II cap. XVI § 18; Primisser, Index II, 29; Primisser, Grabstatt (dort am Anfang der Liste der in Stams begrabenen Grafen und Fürsten; Albert III. findet sich hier unter Punkt 9); Brandis, Geschichte 20 und Brandis, Ehren=Kräntzel 114. Vgl. Köfler, Gründung 338; Köfler/Walsh, Stift Stams 9; Schmitz-Esser, Inschriften (2003) 68 und Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 288 und 317.
6) Burgklechner, Beschreibung fol. 119v. Vgl. auch Primisser, Additiones II, cap. XVI, 101. Die beiden Iss. nennt auch Jakob Andrä von Brandis; Brandis, Geschichte 20. Die erste Is. gibt auch (mit leichten Ungenauigkeiten) Franz Adam von Brandis wieder, erwähnt ihre Zerstörung aber nicht; Brandis, Ehren=Kräntzel 114. Bei Brandis findet sich eine freie Übersetzung der Inschrift: „Der Sonnen in Tirol war Albert zuvergleichen / Entlichen must er doch den Todten Abent weichen / Der Schöpffer gebe ihm die immerwerend Ruhe / Seinen entseelten Leib deckt diser Grabstain zue“; ebda, 114f.
7) Dehio Tirol 750.
Literatur

Putsch, Res Tyrolenses 168. – Putsch, Collectanea fol. 70v. – Burgklechner, Beschreibung fol. 119v (lib. 13, cap. 5). – Brandis, Geschichte 20. – Lebersorg, Chronik 17–19 (Haidacher 32–37). – Gay, Historia I cap. XI, 89f. – Brandis, Ehren=Kräntzel 114f. – Primisser, Grabstatt § 18 (und die Liste der in Stams begrabenen Grafen und Fürsten). – Primisser, Annales II, cap. XVI § 18. – Primisser, Additiones II, cap. XVI, 101. – Primisser, Index II, 29. – Brandis, Ehren=Kräntzel 114f. – Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 3, 288 und 317. – Dehio Tirol 752f. – Köfler/Walsh, Stift Stams 9f. – Köfler, Gründung 337f. – Schmitz-Esser, Inschriften (2003) 68. – Schmitz-Esser, Stift Stams 213f. und 227 (Anm. 24).



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 3,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/imst/tirol-1-obj3.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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