Die Inschriften des Bundeslandes Tirol
Politischer Bezirk Imst
4† |
Stift Stams, Kreuzgang |
1288 |
Brunnen mit Segenswunsch, Metall und Stein, ehemals im heute zerstörten gotischen Brunnenhaus gegenüber dem Eingang zum Refektorium an der Nordseite des Kreuzganges1). Nach der Beschreibung Lebersorgs und einer Abbildung in seiner Chronik war der Brunnen dreigeschossig, oben mit zwei ehernen Schalen, unten mit einer größeren Schale aus Stein. Die mittlere Schale trug die hier edierte Inschrift, die „mit breiten Buchstaben“ geschrieben war. Leider fehlt in der Abbildung Lebersorgs die Inschrift aber völlig2). Eine Statue, die sich an der Spitze des Brunnens befunden haben soll, war bereits zur Zeit Lebersorgs nicht mehr erhalten3).
Beschreibung und Text nach Lebersorg, Chronik 32 (Haidacher 54f.). – Gotische Majuskel (?)
Textedition
Qui super astra micat,a) Deus hunc fontem benedicat,
anno Domini MCCLXXXVIII
Anmerkungen
Kommentar
Da auch Primisser die Inschrift in Großbuchstaben wiedergibt, wie er sie gewöhnlich bei Majuskel-Inschriften verwendet, dürfte es sich um eine ähnliche Gotische Majuskel gehandelt haben, wie sie vier Jahre früher in der Weiheinschrift des Klosters (Kat.-Nr. 2) verwendet worden war4). Den Brunnen trug man unter Abt Thomas Lugga (1615–1631) wegen der Vergrößerung des Gartens ab; das Erz der beiden oberen Schalen wurde für den Guss der neuen Glocke der Johanneskirche verwendet5). Der Brunnen stellte aber doch sicherlich bis dahin einen wichtigen Bestandteil im Klosterleben dar; schließlich galt der Brunnen besonders in der christlichen Ikonographie des Mittelalters als Symbol des Lebens und als Metapher für das Paradies. Deshalb wurde bereits 1623 ein neuer Marmorbrunnen im Refektorium aufgestellt6). Der alte Brunnen entsprach in seiner Form mit einer unteren Steinschale und zwei Bronzeschalen darüber durchaus dem typischen Aussehen eines größeren Brunnens im 13. Jahrhundert7). Seine Is. bezieht sich auf die mittelalterliche Vorstellung, Gott würde auf der Sphaira, einer Kugel, die das Universum umschließt, und auf der die Fixsterne angebracht sind, thronen8).
Lebersorg bemerkt, er kenne den Erbauer des Brunnens zwar nicht, doch möchte er in dem Stifter des Klosters, Meinhard II., auch den großherzigen Stifter des Brunnens erkennen9).
Noch 2002 wurden bei Aushubarbeiten im Garten des Kreuzgangs im Zuge der Absenkung auf das ursprüngliche Bodenniveau Reste des alten Brunnenfundaments gefunden.
Literatur
Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol Politischer Bezirk Imst Stift Stams, Kreuzgang • Brunnen • Segenswunsch • Gotische Majuskel •
Lebersorg, Wolfgang •
Lugga, Thomas •
Meinhard II. •
Primisser, Cassian •
Stams
Abbildungen
Abb. 6: Brunnen (1288) Nachzeichnung
Bildzitat nach Lebersorg, Chronik/Haidacher Abb. 21
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Gott, der über den Gestirnen funkelt, möge diesen Brunnen segnen, im Jahre des Herrn 1288.
Leoninischer Hexameter.