Die Inschriften des Bundeslandes Tirol
Politischer Bezirk Imst
92 |
Stams, Hl. Blut-Kapelle (Stiftskirche) |
1633 |
Wappengrabplatte von Johannes d. Ä., Graf Fugger zu Kirchberg-Weissenhorn, weißer Marmor, in der Hl. Blut-Kapelle an der Nordwand. Hochrechteckige Platte mit umlaufender Rahmung aus kombinierter Perlschnur- bzw. Eierstableiste. In der oberen Hälfte zwei aneinander gelehnte Eheallianzwappen, mit je einer Krone besetzt; darüber, von den Ecken des Mittelfelds abhängend, eine üppige Fruchtgirlande, darunter ein Cherubskopf, flankiert links von einem Totenschädel, rechts von einer Sanduhr. In der unteren Hälfte querrechteckige 14-zeilige Schrifttafel mit Beschlag- bzw. Rollwerkrahmen. Inschrift schwarz nachgezogen.
H. 190 cm, B. 91 cm, Bu. 3 cm (vergrößerte Buchstaben am Wortanfang 4 cm; letzte Z. 2 cm). – Kapitalis.
Textedition
AN(NO)a) 1633 DEN 28 TAG APRIL(IS) HAT / DER HOCH WOLGEBORN
GRAF HERR / HANSa) FVGGERa) GRAF ZV KIRCH͜BERG / VND
WEISSENHOREN. H͜ERR ZV BABEN/HAVSEN. VND HAIM͜ERTINGEN.
ROM(ISCH) / KAY(SERLICHER)a) MAY(ESTÄT)b) RATH SEIN LEBENa)
GOTT / SELIKHLICH ZV TELFS BSCHLOSSEN / VND HIE H͜ER
BEGRABEN WORDEN. / DESSEN VND ALL ANDEREN
CRIST=/GLAVBIGENc) SELEN DER ALMECTIG / GOTT GN͜EDIG VND
BARMERZIG SEIN / VND EIN FRELICHE AVFERSTEVNG / VERLEIEN
WOLLEd). / O MORS QV͜AM AMARA EST AEMMORIAe) TVA
Anmerkungen
Wappen: Fugger1), Hohenzollern2).
Kommentar
Die Grabplatte wurde für Johannes Fugger d. Ä. errichtet. Abt Paul II. Gay berichtet in seinem Tagebuch, Johann Kaspar von Stadion und Johannes Ernst Fugger seien nach dem Tod des Tiroler Landesfürsten Leopold V. (1632) als kaiserliche Abgesandte nach Innsbruck gekommen, um dessen Nachlass zu verwalten. Johannes Fugger d. Ä., ein Verwandter des Johannes Ernst, habe sich zu dieser Zeit „securitatis causa“ ebenfalls nach Tirol begeben, wo er in Telfs am 28. April verstarb3). Paul Gay berichtet weiter, er selbst sei „den 9. dito [Mai 1633] [...] von Innsprugg haimb geraist“, und notiert den Tod des „herrn Hannßen Fuggers, der zu Telfs in exilio gestorben, vnd allhie in Sacello Eucharistiae [eingefügt: den 10. dito] solemniter begraben“ worden. Die neu angelegte Gruft in Stams sei gewölbt und mit einer Stiege versehen worden, „das noch mehrer personen künden dahin gelegt werden“4). In einem Brief an die Witwe des Johannes Fugger zählt der Abt die bei der Beerdigung entstandenen Unkosten auf, „nemblichen vnd souil für das erste die in der Capell des H. Bluets verwilligte, vnd von neuem gewoelbte Grufft vnd begraebnus, wie auch was den actum sepulturae vnd gehaltne ansehliche Gotsdienst“ beträfe5).
Johannes Fugger d. Ä. war der Sohn Jakob Fuggers (1542–1598) und der Anna Ilsung von Tratzberg (gest. 1601)6). Johannes stammte aus der Antonius-Hauptlinie der Fugger und wurde mit seiner zahlreichen Nachkommenschaft – insgesamt zwölf Kinder – Stammvater der Babenhausen-Booser Linie der Familie7). Der Verlauf des 30-jährigen Krieges dürfte es für Johannes Fugger ratsam erscheinen haben lassen, sich in das sichere, bis dahin von den Kriegswirren weitgehend verschonte Tirol abzusetzen8).
Das Wappen rechts ist jenes der Hohenzollern; es gehört der Frau Johannes Fuggers, Maria Eleonora Gräfin von Hohenzollern. Johannes hatte die Tochter Karls II. von Hohenzollern und der Gräfin Euphrosine von Oettingen-Wallerstein 1605 geheiratet. Eleonora trat nach dem Tod ihres Mannes 1638 in das Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Augsburg ein. Sie verstarb dort im Jahr 16689).
Folgt man Primisser, so war es Eleonora von Hohenzollern, die ihren Ehemann hier zu Grabe tragen ließ und für die Anfertigung und Aufstellung des Steines Sorge trug10). Noch unter Abt Augustin II. Kastner (1714–1738) soll das Grab Johann Fuggers mit Funeralinsignien reich geschmückt gewesen sein, wie wir aus einem Bericht des Abtes erfahren, den Primisser zitiert: „Es seind auch zur bestendigen Gedechtnus die Ritterliche insignia, als faehnl, degen und sporn neben der begrebnus aufgehengt worden“11).
Auch diese Grabplatte zeigt die für die Zeit typische Vanitas-Symbolik, hier in Form des Totenschädels und der Sanduhr (ein wesentlich eindringlicheres Beispiel stellt das Grabmonument des Abtes Melchior Jäger in der Stiftskirche selbst dar; Kat.-Nr. 80).
Die Inschrift ist stellenweise sehr gedrängt ausgeführt.
Literatur
Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol Politischer Bezirk Imst Stams, Hl. Blut-Kapelle (Stiftskirche) • Wappengrabplatte • Kapitalis • Inschriften des Totengedenkens •
Fugger, Jakob, Johannes d. Ä., Johannes Ernst •
Gay, Paul •
Hohenzollern, Karl II. •
Hohenzollern, Maria Elonora •
Ilsung, Anna •
Jäger, Melchior •
Kastner, Augustin •
Leopold V. •
Oettingen-Wallerstein, Euphrosine •
Primisser, Cassian •
Stadion, Johann Kaspar •
Augsburg, Dominikanerinnenkloster •
Babenhausen •
Heimertingen •
Innsbruck •
Kirchberg •
Telfs •
Weissenhorn
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O Tod, wie bitter ist es, an dich zu denken.
Sir 41,1.