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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Landeck

141 Landeck, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1497

Wappengrabplatte des Oswald von Schrofenstein, roter (Kramsacher?) Marmor, innen an der Langhaussüdwand unter der Empore, vermutlich am ursprünglichen Standort (s. Kommentar). Der hochrechteckige Stein zeigt, von einer zwischen zwei schmalen begrenzenden Leisten angeordneten, seicht vertieft erhaben ausgeführten Umschrift (I) und einer verstäbten Randleiste gerahmt, in tiefem Relief unter einem krabbenbesetzten und von einer Kreuzblume bekrönten Kielbogen ein von zwei wilden Männern als Schildhalter flankiertes Vollwappen, das auf den Rahmen übergreift und hier die Umschrift im zweiten und vierten Schriftband unterbricht. In den beiden Zwickeln des Kielbogenfeldes am oberen Rand des Mittelfeldes und in dessen beiden unteren Ecken, unterhalb der Schildhalter, ist je ein zur Mitte hin gerichteter, leicht gelehnter Schild mit erhaben auf einem gewundenen Spruchband ausgeführter Namensbeischrift über dem Oberrand als Ahnenwappen abgebildet (II, III, IV, V). Die Oberlinie des dritten Schriftbandes der Umschrift ist heute vom Bodenpflaster verdeckt.

H. 220 cm, B. 107 cm, Bu. 6,5–7 cm (I), ca. 4 cm (II–V). – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

I. Nacha) · Christi · g(e)pvrd · 1· 4 · 9 · 7 · Jar · am · / driten · tag · des · monatz · Janvary st//arbb) · de(r)c) · Edel · vnd · / Streng · riter · her · osw(a)ld · vo(n) · Schrove/stain · Der hie be//grabe(n)d) · ligt · Dem got · genedi(g)c) · Sin II. Schrove//stin III. wolken//staine) · IV. Em//ptz V. · travt//svnf) ·

Anmerkungen
a) Trennzeichen quadrangelförmig.
b) Unterbrechung durch das Wappenrelief.
c) kein Kürzungszeichen erkennbar.
d) kein Kürzungszeichen erkennbar; Unterbrechung durch das Wappenrelief.
e) Füllzeichen paragraphzeichenförmig.
f) Zier- und Füllzeichen quadrangelförmig.

Wappen: Schrofenstein1), Schrofenstein2), Wolkenstein3), Hohenems4), Trautson5).


Kommentar

Der Stein gehört als eines von mehreren Objekten zur umfangreichen Ausstattung der Grablege des Oswald von Schrofenstein (vgl. Kat.-Nrr. 140 und 142). Dass es sich hier um einen Tumba-Deckel gehandelt habe, wie Trapp und Dehio meinen, scheint nicht wahrscheinlich, da die Schriftbänder nicht abgeflacht sind und die Inschrift nicht zur Mitte der Platte orientiert ist, wie es wohl für ein Hochgrab kennzeichnend wäre6). Als einziges Grabmonument des Oswald von Schrofenstein dürfte diese Grabplatte ihren Standort nicht oder nur unwesentlich verändert haben, denn bereits Resch verzeichnete ihn im 18. Jahrhundert offenbar an der heutigen Stelle; vor der Grabplatte sei allerdings die weniger verzierte Gruftplatte im Boden eingelassen gewesen; darüber habe der Totenschild Oswalds gehangen7).

Auch diese Grabplatte wird – wie der Totenschild Oswalds von Schrofenstein (Kat.-Nr. 140) – dem Künstler Sebald Bocksdorfer zugeschrieben8). Unter den Kunstwerken Bocksdorfers im Oberland sind insbesondere das ihm zugeschriebene Grabdenkmal des Sigmund von Neydeck in Stams (Kat.-Nr. 27) und jenes der Margarethe von Weichs in der Imster Pfarrkirche hervorzuheben (vgl. Kat.-Nr. 29), die im Aufbau und zahlreichen Details deutliche Parallelen zum Stein in Landeck aufweisen.

Die Wappenschilde der Ahnenprobe deuten auf die Eheverbindungen der Schrofensteiner Familie hin: Das Wappen der Wolkensteiner steht für die Frau des Verstorbenen, Praxedis von Wolkenstein. Jenny erklärt die beiden anderen Wappen durch Oswalds Mutter, Barbara von Hohenems, und Oberst Sixt von Trautson, der mit Dorothea von Schrofenstein verheiratet gewesen ist9).

Kennzeichnend für die Werkstatt Bocksdorfers bzw. speziell den Werkstattzusammenhang zwischen der gegenständlichen Grabplatte mit dem Totenschild des Schrofensteiners sind einerseits die jeweils übereinstimmenden Ziffernformen der Jahreszahl (1 als Schaft mit Nodus, schlingenförmige, spitze, oben abgeflachte 4 und lambdaförmige 7), andererseits signifikante Versalienformen wie epsilonförmiges E (etwa in Emptz) und unziales D.

1) Ein oberhalber Steinbock, aus dessen Rumpf fünf Flammen schlagen; Spangenhelm mit dem wachsenden Steinbock als Helmzier; zwei wilde Männer als Schildhalter.
2) Wappenschild wie Anm. 1.
3) Si Tir 19 und Taf. 23 (Wappen 3 [Wolkenstein-Trostburg]) bzw. Bay 24b und Taf. 20 (I. Wappen; jedoch ohne Herzschild), vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 1085.
4) Si 1, 16, vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 164.
5) Geviert; 1 und 4: ein Hahn, 2 und 3: ein Hufeisen.
6) Trapp, Denkmale und Dehio Tirol 457. Trapp bezieht sich dabei auf eine Bemerkung von Resch, der von einem „erhobenen Grabmal“ der Schrofensteiner spricht; vgl. ebda.
7) Resch, Monumenta 94-95. Vgl. Kat.-Nrr. 140 und 142.
8) Etwa Egg, Kunst in Innsbruck 38 und Egg/Trapp, Totenschilde 40. Die somit heute bedeutsam eingeschätzte Steinplatte bezeichnet noch Jenny als „eine Steinmetzleistung geschmaklosester Art“; Jenny, Kirche 27. Allerdings hat man sich auch jüngst gegen eine Zuschreibung an Bocksdorfer geäußert; Miller, Bocksdorfer 86 und 111.
9) Jenny, Kirche 28. Vgl. Mayrhofen, Genealogien 7, 114.
Literatur

Mayrhofen, Genealogien 7, 114. – Resch, Monumenta 94f. – Jenny, Kirche 27f. – Hochenegg, Kirchen 204. – Halm, Studien 1, 245 und 261f. – Trapp, Denkmale 50. – Egg, Kunst in Innsbruck 38. – Egg/Trapp, Totenschilde 40. – Ammann, Oberland 221. – Dehio Tirol 457. – Schmitz-Esser, Herrschaftsrepräsentation 67 und 77.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 141,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/landeck/tirol-1-obj141.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 118: Wappengrabplatte des
Oswald von Schrofenstein (1497)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Gerhard Watzek)